Schema: Wiedereinsetzung (§§ 233ff. ZPO)

18. Dezember 2025

13 Kommentare

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Wie prüfst Du die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233ff. ZPO)?

  1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags

    1. Statthaftigkeit: Versäumung einer Notfrist (§ 233 ZPO)

      Notfristen sind nur diejenigen Fristen, die in der ZPO als solche bezeichnet sind (§ 224 Abs.1 S.2 ZPO).

    2. Ordnungsgemäßer Wiedereinsetzungsantrag

      1. Formgerechter Antrag (§ 236 Abs.1 ZPO)

      2. Angabe und Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrundes (§ 236 Abs.2 S.1 ZPO)

        In der Regel erfolgt die Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung; sie ist aber auch durch alle anderen förmlichen Beweismittel möglich, vgl. § 294 ZPO.

      3. Nachholung der versäumten Prozesshandlung (§ 236 Abs.2 S.2 ZPO)

    3. Einhaltung der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 ZPO)

      Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden (§ 234 Abs.1 S.1 ZPO). Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs.2 ZPO). Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden (§ 234 Abs.3 ZPO).

      1. (Kein) Verschulden

        Berücksichtigt wird dabei zunächst das eigene Verschulden. Nach § 85 Abs. 2 ZPO steht zudem das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Beachte: Ein Verschulden von Angestellten des Prozessbevollmächtigten wird der Partei aber nicht zugerechnet.

      2. Kausalität

        Das fehlende Verschulden muss letztlich auch kausal für das Fristversäumnis sein. Nur dann ist eine Wiedereinsetzung begründet.

  2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags

    1. Unverschuldetes Fristversäumnis (§ 233 ZPO)

      Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgt nur, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Notfrist einzuhalten. Nach § 233 S.2 ZPO wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

      1. (Kein) Verschulden

        Berücksichtigt wird dabei zunächst das eigene Verschulden. Nach § 85 Abs. 2 ZPO steht zudem das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Beachte: Ein Verschulden von Angestellten des Prozessbevollmächtigten wird der Partei aber nicht zugerechnet.

      2. Kausalität

        Das fehlende Verschulden muss letztlich auch kausal für das Fristversäumnis sein. Nur dann ist eine Wiedereinsetzung begründet.

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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ZHE

Zhene4ka

16.12.2022, 16:50:50

Hallo erst einmal :) Wie sieht es aus, wenn der Rechtsanwalt nachweislich seine Kanzlei schlampig führt und sein Bürogehilfe die Frist nicht wahrt. Wird dieses Verhalten de B dann zugerechnet?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.12.2022, 17:58:39

Hallo Zhene4ka, herzlich willkommen im Forum und vielen Dank für Deine gute Nachfrage. Hier musst Du ein wenig aufpassen. Auch in dem von Dir gebildeten Beispiel erfolgt keine Zurechnung der

Pflichtverletzung

des Bürogehilfen, wie wir es von §

278 BGB

kennen. Eine solche Zurechnungsnorm ist der ZPO fremd. Vielmehr knüpfst Du hier unmittelbar an § 85 ZPO an. Wenn die schlampige Kanzleiführung des Anwalts (zB fehlender Fristenkalender) dazu geführt hat, dass sein Bürogehilfe die Frist nicht wahrt, dann liegt darin das Ver

schuld

en, das letztlich der Partei zugerechnet wird. Terminologisch ein kleiner, aber wichtiger Unterschied :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Sarbara Balesch

Sarbara Balesch

27.1.2025, 19:36:57

Kann das vielleicht jmd erläutern?

JURA

Jura_Hacks

12.6.2025, 13:24:18

Es kämen andere Gründe in Betracht, die (auch) dazu führten, dass die Frist versäumt wurde, z.B der RA weist einen Organisationsmangel bei der Fristen- und Ausgangskontrolle vor. Dieser Grund wäre kausal für das Fristversäumnis. Das wird m.E. wohl selten vorliegen und wird in der Klausur offensichtlich sein.

M.E

m.e.l.a.n.i.e

1.8.2025, 17:54:03

Hallo, das Schema lautet aktuell: (...) II. 1. a) b) Entweder muss da noch ein 2. kommen oder man lässt das 1. weg. Liebe Grüße :)

BEN

ben

9.11.2025, 10:20:12

@foxxy muss man dann als gericht für eine erfolgreiche wiedereinsetzung einen eigenen Beschluss also eine eigenen Entscheidung schreiben oder kann man das mit in das Urteil quetschen

BEN

ben

9.11.2025, 10:21:05

@[Foxxy](180364) was sagst du dazu?

Foxxy

Foxxy

9.11.2025, 10:21:08

Kurz: Über die Wiedereinsetzung wird durch Beschluss entschieden (§ 237 ZPO). Du kannst den Beschluss im selben

Schriftstück

wie das Urteil erlassen, aber er braucht einen eigenen Tenor als „Beschluss“; bloß in die Urteilsgründe „quetschen“ reicht nicht. Praxis/Klausur: - erst Beschluss (stattgebend oder ablehnend), - bei Stattgabe: Nachholung der

Handlung

(§ 236 Abs. 2 S. 2 ZPO) und dann Sachurteil, - bei Ablehnung: ggf. Verwerfungsurteil (z. B. verspäteter Einspruch, § 341 ZPO). Prüfung kurz:

Statthaftigkeit

(Notfrist, § 233), fristgerechter und formgerechter Antrag (§§ 234, 236) mit

Glaubhaftmachung

und Nachholung (§ 236 Abs. 2), unver

schuld

etes Versäumnis (§ 233, § 85 Abs. 2) und Kausalität.

Foxxy

Foxxy

9.11.2025, 10:21:51

@[ben](132212) Über die Wiedereinsetzung wird grundsätzlich durch gesonderten Beschluss entschieden (§ 237 ZPO). Das gehört nicht „ins Urteil“, sondern wird vom Gericht der nachgeholten Prozess

handlung

vorab oder gesondert beschieden. Kurzschema zur Prüfung: - Zulässigkeit:

Statthaftigkeit

(Versäumung einer Notfrist; nur als solche bezeichnete Fristen, § 224 Abs. 1 S. 2 ZPO), formgerechter Antrag (§ 236 Abs. 1 ZPO), Angabe und

Glaubhaftmachung

des Grundes (§ 236 Abs. 2 S. 1 ZPO), Nachholung der

Handlung

(§ 236 Abs. 2 S. 2 ZPO), Frist (§ 234 ZPO: 2 Wochen ab Wegfall des Hindernisses; absolute Jahresfrist). -

Begründetheit

: unver

schuld

etes Versäumnis (

§ 233 ZPO

; Vermutung bei fehlender/fehlerhafter

Rechtsbehelfsbelehrung

), kein zurechenbares Ver

schuld

en der Partei/ihres Bevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO), Kausalität zwischen Hindernis und Fristversäumnis.

BEN

ben

9.11.2025, 10:23:50

@[Foxxy](180364) udn wie genau mache ich es dann in der Klausur. erst einen vollwertigen beschluss und dann das urteil. und kann ich im urteil dann nach oben auf den beschluss verweisen?

Foxxy

Foxxy

9.11.2025, 10:24:12

@[ben](132212) Ja: erst ein eigener Beschluss nach § 237 ZPO mit Tenor und kurzer Begründung, danach das Urteil. Im Urteil reicht ein knapper Hinweis („Wiedereinsetzung durch Beschluss vom …; auf die Gründe wird Bezug genommen“). Bei Stattgabe musst du die versäumte

Handlung

zugleich nachholen (§ 236 Abs. 2 S. 2 ZPO); bei Versagung folgt das Verwerfungsurteil. Kurzprüfung Wiedereinsetzung (§§ 233 ff. ZPO): -

Statthaftigkeit

: Versäumung einer Notfrist (§ 233; nur als solche bezeichnete Fristen, § 224 Abs. 1 S. 2). - Frist: 2 Wochen ab Wegfall des Hindernisses; absolute Jahresfrist (§ 234). - Antrag: formgerecht (§ 236 Abs. 1), Grund angegeben und glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 S. 1),

Handlung

nachgeholt (§ 236 Abs. 2 S. 2). -

Begründetheit

: unver

schuld

etes Versäumnis (§ 233; Vermutung bei fehlender/fehlerhafter Belehrung), kein zurechenbares Ver

schuld

en des Bevollmächtigten (§ 85 Abs. 2), Kausalität.

XRA

xram97

21.11.2025, 08:39:06

Gehört die

Glaubhaftmachung

nicht in die

Begründetheit

? Sie bezieht sich schließlich auf das fehlende Ver

schuld

en, das m.E. vorher geprüft werden müsste. In der jetzigen Übersicht ist unter II. nach 1. nicht 2. aufgeführt, was für einen fehlenden Teil in der

Begründetheit

des Wiedereinsetzungsantrags spricht

Foxxy

Foxxy

21.11.2025, 08:39:56

Prüfungsschema Wiedereinsetzung (§§ 233 ff. ZPO): Zulässigkeit: -

Statthaftigkeit

: Versäumung einer Notfrist (§ 233 i.V.m. § 224 Abs. 1 S. 2 ZPO) - Frist: § 234 ZPO (2 Wochen ab Wegfall des Hindernisses; absolute Jahresfrist) - Ordnungsgemäßer Antrag: § 236 ZPO (Form; Angabe und

Glaubhaftmachung

der Ent

schuld

igungsgründe, § 236 Abs. 2 S. 1; Nachholung der versäumten

Handlung

, § 236 Abs. 2 S. 2)

Begründetheit

: - Unver

schuld

etes Fristversäumnis (§ 233; Vermutung bei fehlender/fehlerhafter

Rechtsbehelfsbelehrung

) - Kein Ver

schuld

en der Partei oder des Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2); Fehler von Kanzleipersonal nur über

Organisationsverschulden

des RA - Kausalität zwischen Hindernis und Versäumnis Zur Diskussion: Die

Glaubhaftmachung

gehört prozessual zur Zulässigkeit, weil § 236 Abs. 2 S. 1 sie im Antrag verlangt. Materiell prüfst du in der

Begründetheit

, ob die vorgetragenen und glaubhaft gemachten

Tatsachen

tatsächlich ein unver

schuld

etes Versäumnis tragen.


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