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Sachmängelhaftung beim „Bastlerfahrzeug“ (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.08.2023 – 2 U 41/22)
Sachmängelhaftung beim „Bastlerfahrzeug“ (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.08.2023 – 2 U 41/22)
15. Juli 2025
11 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft bei Gebrauchtwarenhändler V einen gebrauchten SUV. Der Kaufvertrag enthält folgende Klausel:
„Das Fahrzeug wird als Bastelfahrzeug, gebraucht und in altersgemäßem Zustand verkauft. Die Käuferin hat das Fahrzeug besichtigt, Probe gefahren und den vorgefundenen Zustand akzeptiert.“
Kurz nach der Übergabe beginnt der Motor zu stottern. Da V trotz Benachrichtigung wochenlang nicht nacherfüllt, verlangt K ihr Geld zurück.
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Einordnung des Falls
Sachmängelhaftung beim „Bastlerfahrzeug“ (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.08.2023 – 2 U 41/22)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K könnte ein Anspruch auf Rückgabe des Kaufpreises aus § 437 Nr. 2, 323, 346 BGB zustehen.
Genau, so ist das!
2. Ein stotternder Motor entspricht nicht den objektiven Anforderungen an einen fahrbereiten SUV, sodass ein Mangel vorliegen könnte (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
3. K und V haben durch die Vereinbarung „Sie hat den vorgefundenen Zustand akzeptiert.“ aber wirksam sämtliche Gewährleistungsrechte ausgeschlossen.
Nein!
4. Auch beim Verbrauchsgüterkauf können Parteien aber subjektiv eine Beschaffenheit vereinbaren, die von den objektiven Anforderungen negativ abweicht (negative Beschaffenheitsvereinbarung).
Genau, so ist das!
5. Indem V und K im Kaufvertrag den Verkauf eines „Bastlerfahrzeuges“ vereinbarten, haben sie ausgeschlossen, dass der SUV funktionsfähig ist.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Beim Verbrauchsgüterkauf greift zugunsten von Verbrauchern bei Mängeln, die innerhalb von 12 Monaten nach Gefahrübergang auftreten, eine Beweiserleichterung (§ 477 Abs. 1 BGB).
Ja!
7. Durch § 477 Abs. 1 S. 1 BGB wird nur in zeitlicher Hinsicht vermutet, dass ein innerhalb von 12 Monaten nachgewiesener Mangel schon bei Gefahrübergang vorlag.
Nein, das ist nicht der Fall!
8. Beim Kauf von gebrauchten Sachen ist die Beweislastumkehr allerdings stets ausgeschlossen.
Nein, das trifft nicht zu!
9. Hat K den Rücktritt wirksam erklärt, indem sie ihr Geld zurückverlangte (§ 349 BGB).
Ja!
10. K kann somit Herausgabe des Kaufpreises verlangen (§§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Vanilla Latte
4.6.2024, 02:50:48
War es nicht so dass der Verkäufer bei Bastler
fahrzeugen dann alle Mängel einzeln auflisten muss oder reicht der Begriff Bastler
fahrzeugan sich?

jeci
8.8.2024, 17:28:25
Bei einem Verbrauchsgüterkauf kommt es auf eine
negative Beschaffenheitsvereinbarungnach § 476 I 2 Nr. 2 BGB an. Also denke ich schon, dass hier jeder Mangel explizit aufgelistet werden muss, der mit der Vereinbarung ausgeschlossen sein soll. Der Begriff Bastler
fahrzeugist sicherlich viel zu unkonkret. Die Situation mag anders sein, wenn es auf beiden Seiten Unternehmer handeln.
annsophie.mzkw
4.10.2024, 19:48:48
Woher soll man wissen, dass K Verbraucherin ist?
Leo Lee
6.10.2024, 06:44:03
Hallo as.mzwk, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ergibt sich nicht unmittelbar aus dem SV, ob K Verbraucherin ist oder nicht. Beachte allerdings, dass 13 BGB insofern eine Zweifelsregel beinhaltet, als in zweifelhaften Fällen zugunsten des Verbrauchers entschieden wird und der Käufer kein Verbraucher ist. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Micklitz § 13 Rn. 78 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Lukas_Schulle
19.10.2024, 19:26:46
Nach welcher Norm wird hier die
Fristsetzungbewertet und kommt es zu einer Entbehrlichkeit nach §
475dI Nr.1-5?
Findet Nemo Tenetur
13.5.2025, 21:13:56
Mir ist der Sachverhalt nicht ganz klar: ist K oder V unsachgemäß mit den Zündkerzen umgegangen? Denn wenn es K wäre, dann wäre doch die Vermutung des § 477 I 1 widerlegt?
Erik_1995
21.6.2025, 21:05:21
also ist die Bezeichnung "Bastler
fahrzeug" keine Vereinbarung irgendeiner (nicht vorhandenen)
Beschaffenheit? Das entspricht doch nicht dem Parteiwillen oder? Die Bezeichnung als "Bastler
fahrzeug" hat ja ihren Grund, sonst würde sie nicht im
Kaufvertragstehen. Also was genau unterstellt man denn dann dem Parteiwillen? Dass mit der Bezeichnung nicht ausgeschlossen werden soll, dass ein
Fahrzeugnoch fährt verstehe ich, aber im vorliegenden Fall fährt es ja auch noch. Ich finde schon, dass Motorgeräusche bei einem vereinbarten "Bastler
fahrzeug" erwartet werden können und daher die Abrede vorliegend eine
Beschaffenheitsvereinbarungdarstellt. Dass die Vereinbarung an der konkreten Bezeichnung der Merkmale scheitert mal außen vor. Aber das zeigt, dass diese, in meinen Augen holprige Argumentation, gar nicht nötig gewesen wäre. Die Merkmale wurden nicht einzeln bezeichnet sodass die Vereinbarung ohnehin unwirksam ist und der Verbraucher damit hinreichend geschützt. (§ 476 I 2 Nr. 1)