Zivilrecht

Examensrelevante Rechtsprechung ZR

Entscheidungen von 2023

Ist die Vornutzung eines Pferdes als Rennpferd ein Sachmangel?

Ist die Vornutzung eines Pferdes als Rennpferd ein Sachmangel?

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V ein Pferd. Sie vereinbaren, dass Vs Haftung für „bestimmte Besonderheiten“ des Pferdes ausgeschlossen sei. Hierzu zähle, dass das „Pferd nur freizeitmäßig geritten sei. Es habe keine Dressur bzw. Springausbildung“. Als K erfährt, dass das Pferd früher als Rennpferd eingesetzt worden war, fordert er sein Geld zurück.
Eine körperliche Beeinträchtigung des Pferdes infolge der Rennbeteiligung bzw. eine erhöhte Wahrscheinlichkeit hierfür besteht nicht.

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Einordnung des Falls

Ist die Vornutzung eines Pferdes als Rennpferd ein Sachmangel?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ks Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung setzt voraus, dass ihm ein Rücktrittsrecht zusteht (§§ 346 Abs.1 Alt. 2, 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5 BGB).

Genau, so ist das!

Der Rücktritt und der damit korrespondierende Rückgewähranspruch aus § 346 BGB setzen voraus, dass (1) dem Gläubiger ein Rücktrittsrecht zusteht, (2) eine Rücktrittserklärung vorliegt und (3) das Rücktrittsrecht nicht ausgeschlossen ist.Mangels vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht kommt hier nur das gesetzliche Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5 BGB in Betracht. K und B haben einen Kaufvertrag über das Pferd abgeschlossen. Fraglich ist allerdings, ob das Pferd auch mangelhaft war.
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2. Für die Mangelhaftigkeit kommt es allein auf die objektiven Anforderungen an das Pferd an (§ 434 Abs. 3 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 434 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven, den objektiven und den Montageanforderungen entspricht (§ 434 Abs. 1 BGB).Neben den objektiven Anforderungen muss die Kaufsache also insbesondere auch den subjektiven Anforderungen genügen.Das seit dem 1.1.2022 geltende Kaufrecht sieht zwar nach dem Wortlaut des § 434 Abs. 1 BGB einen Gleichrang von subjektivem und objektivem Mangelbegriff vor. Da die objektiven Anforderungen aber unter dem Vorbehalt anderweitiger Vereinbarungen stehen (§ 434 Abs. 3 BGB: „soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart"), solltest Du weiterhin zunächst die subjektiven Anforderungen prüfen!

3. Verstößt die frühere Nutzung des Pferdes als Rennpferd gegen die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB)?

Nein!

Eine Beschaffenheit wird vereinbart, wenn der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen.OLG: Die Formulierung, dass das Pferd lediglich „freizeitmäßig geritten“ sei, finde sich bei der Vertragsklausel, die die Haftung des Verkäufers einschränken soll. Die Käuferin solle aus den genannten Beschaffenheitsmerkmalen gerade keine Gewährleistungsansprüche herleiten können. Entsprechend könne hieraus nicht gefolgert werden, dass hierdurch eine Beschaffenheit vereinbart - und damit die Haftung des Verkäufers erweitert - werden sollte (RdNr. 28).Für die Prüfung einer bestimmten vertraglich vorausgesetzten Verwendung bedürfte es weiterer Sachverhaltsangaben.

4. Aufgrund der früheren Nutzung des Pferdes eignet es sich allerdings nicht für die gewöhnliche Verwendung.

Nein, das ist nicht der Fall!

OLG: Der Verkäufer eines Tieres habe nach der ständigen Rechtsprechung vorbehaltlich anderer Absprachen nur dafür einzustehen, dass es bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre (RdNr. 31).Gesundheitliche Beeinträchtigungen des Pferdes aufgrund der früheren Rennbeteiligung liegen weder vor, noch können zukünftige Verschleißerscheinungen hierauf kausal zurückgeführt werden.Die Beweisaufnahme hatte im zugrundeliegenden Fall ergeben, dass Verschleißerscheinungen primär auf Alter, Art, Qualität der Haltung zurückzuführen seien, nicht aber darauf, ob ein Pferd als Turnier- oder Freizeitpferd gehalten wurde.

5. Da das Pferd mangelfrei ist, steht K kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zu (§§ 346 Abs.1, 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5 BGB).

Ja, in der Tat!

Der Rücktritt und der damit korrespondierende Rückgewähranspruch aus § 346 BGB setzen voraus, dass (1) dem Gläubiger ein Rücktrittsrecht zusteht, (2) eine Rücktrittserklärung vorliegt und (3) das Rücktrittsrecht nicht ausgeschlossen ist.V hat mangelfrei geliefert, sodass es bereits an einem Rücktrittsrecht des K fehlt. Auch sonstige Ansprüche sind nicht ersichtlich. Hätte ein Sachmangel vorgelegen, wäre insbesondere noch zu prüfen gewesen, ob eine Fristsetzung (§ 323 Abs. 1 BGB) notwendig wäre oder ob eine Nacherfüllung (durch Nachlieferung) unmöglich und damit die Fristsetzung entbehrlich ist (§ 326 Abs. 5 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

REA🇺🇦

RealOmnimodo 🇺🇦

17.11.2023, 12:46:56

Wäre hier nicht auch noch das Abweichen von der üblichen Beschaffenheit gem. § 434 III 1 Nr. 2 BGB zu prüfen? Der Einsatz des Pferdes in Rennen könnte ein “sonstiges Merkmal der Sache” iSv § 434 III 2 BGB sein.

AN

An

1.12.2023, 14:57:51

Ich störe mich irgendwie an der Tatsache, dass das Pferd als nur freizeitmässig gebraucht verkauft wurde es aber aufgrund der Rennen ja doch Turniererfahrung hat. am ende würde man am mangelnden Schaden auch scheitern aber ein reines Freizeitpferd ist es so doch schlichtweg nicht.

NI

Nils

13.12.2023, 08:21:53

Lies nochmal genau den SV, hier steht dass die Haftung dafür gerade ausgeschlossen wurde.

Charliefux

Charliefux

21.3.2024, 09:41:35

wäre in diesem Fall an eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu denken, weil verschwiegen wurde, dass es ein Rennpferd ist und eben nicht nur wie behauptet freizeitmäßig beritten wurde?

TI

Timurso

21.3.2024, 10:30:12

Damit ein Verschweigen die arglistige Täuschung begründet, müsste eine Aufklärungspflicht bestehen. Die sehe ich hier nicht, insbesondere, da die Nutzung als Rennpferd ja keine Auswirkungen auf die jetzige Nutzbarkeit hat.

TI

Timurso

21.3.2024, 16:24:04

Man könnte die Täuschung natürlich auch aktiv durch die Erklärung, dass es nur freizeitmäßig geritten wurde, annehmen. Allerdings würde ich dann die gleiche Argumentation wie im Fall nutzen, dass das im Kontext geschah, um auszudrücken, dass es nicht über besondere Fähigkeiten verfügt und so im Endeffekt trotzdem die Anfechtung ablehnen, im Zweifel mangels Arglist.


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