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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Porschesammler P kauft bei Privatverkäufer V einen gebrauchten Porsche 911. Im Kaufvertrag ist der Porsche als „Baujahr 1990“ beschrieben. Zusätzlich vereinbaren P und V, dass die Gewährleistung für Sachmängel ausgeschlossen ist. Nach Übergabe stellt sich heraus, dass es sich um einen Porsche Baujahr 1992 handelt, den P schon hat. V wusste davon nichts.

Einordnung des Falls

Haftungsausschluss vs. Beschaffenheitsvereinbarung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der von P gekaufte Porsche hat einen Sachmangel, da er von der „vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Eine Beschaffenheit wird vereinbart, wenn der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann sich auch (konkludent) aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben. P und V haben ausdrücklich vereinbart, dass der Porsche die Eigenschaft „Baujahr 1990“ hat. Da er tatsächlich 1992 gebaut wurde, weicht er von der vereinbarten Beschaffenheit ab.

2. Die Gewährleistung für einen Kaufgegenstand kann vertraglich ausgeschlossen werden.

Ja!

Eine vertragliche Begrenzung oder ein vertraglicher Ausschluss der Gewährleistung ist aufgrund der Privatautonomie grundsätzlich möglich. Der Verkäufer kann sich jedoch hierauf „nicht berufen“, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat (§ 444 BGB). Für Arglist reicht bedingter Vorsatz aus. Es genügt daher, dass er den Mangel gekannt oder sein Vorliegen für möglich gehalten und trotzdem geschwiegen hat. Das Verschweigen wird jedoch nur bei einer besonderen Aufklärungspflicht des Verkäufers relevant. Eine solche besteht ohne Weiteres vor allem für wesentliche Mängel.

3. P hat hinsichtlich des falschen Baujahres keine Mängelrechte, weil der umfassende Haftungsausschluss eingreift.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein vertraglicher Haftungsausschluss erfasst grundsätzlich nicht die Haftung des Verkäufers für das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Dies ergibt sich aus ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB). Denn beide Vereinbarungen – bestimmte Beschaffenheit und umfassender Haftungsausschluss (auch) hinsichtlich der Beschaffenheit – widersprechen sich. Der Haftungsausschluss kann deshalb ergänzend nur dahingehend ausgelegt werden, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll, sondern nur für sonstige Mängel nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3, Abs. 3 BGB.Der Haftungsausschluss greift somit nicht hinsichtlich des Baujahres.

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WI

WillezurGerechtigkeit

11.2.2021, 10:53:59

Schöne Eselsbrücke dazu: der Verkäufer kann nicht mit der einen Hand geben (vetragl. Beschaffenheitsvereinbarung), was er mit der anderen Hand nimmt (Haftungsausschluss) :)

Marilena

Marilena

11.2.2021, 15:54:13

Hallo WillezurGerechtigkeit, danke Dir für die tolle Eselsbrücke! Finden wir auch echt gut! Liebe Grüße für das Jurafuchs-Team, Marilena

CR7

CR7

5.7.2023, 14:30:53

Klasse Eselsbrücke. @[Lukas Mengestu](136780) evtl. kann man das in die Aufgabe einfügen, oder?

Dogu

Dogu

13.6.2024, 13:04:16

Wieso kann hier nicht auf eine Garantie dem Wortlaut des § 444 Var. 2 BGB abgestellt werden? Dann bedürfte es einer ergänzenden Vertragsauslegung ja nicht.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

14.6.2024, 16:35:08

Hallo Dogu, danke für deine Frage! Eine Garantie wäre für den Käufer natürlich optimal. Allerdings werden an die Vereinbarung von Garantien hohe Anforderungen gestellt. Der Verkäufer hat eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht - je nach Garantieart sogar für Verschleißmängel oder dergleichen. Dies setzt auch einen Garantiewillen des Garantiegebers voraus. Dieser kann nicht einfach in eine Beschaffenheitsangabe hineininterpretiert werden. Garantien sind daher nur sehr zurückhaltend und bei entsprechend Anhaltspunkten anzunehmen. Zudem handelt es sich oft um sog. unselbstständige Garantien, die lediglich Gewährleistungsansprüche modifizieren indem z.B. der Zeitraum verlängert wird, in dem diese geltend gemacht werden können. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

LS2024

LS2024

2.7.2024, 12:11:55

Ich frage mich, wie sich das in AGB auswirken würde: Nach § 305c II BGB könnte die Klausel so auszulegen sein, dass der Haftungsausschluss auch die vereinbarte Beschaffenheit umfasst. Diese Klausel wäre dann insgesamt gem. § 307 I 1 BGB unwirksam, wegen des Grundsatzes venire contra factum proprium. Was meint Ihr?


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