+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist betrunken Auto gefahren und hat so einen Unfall verursacht (§§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2, 316 StGB). As Ehefrau F, die als Beifahrerin im Auto saß, will verhindern, dass A seine Fahrerlaubnis verliert. Sie gibt sich gegenüber Polizistin P als Fahrerin aus. P glaubt F.
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Einordnung des Falls
Verhältnis der Begünstigung zu § 145d StGB
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1. Hat F sich wegen Strafvereitelung strafbar gemacht, indem sie behauptete, sie habe das Auto gefahren und den Unfall verursacht (§ 258 Abs. 1 StGB)?
Nein!
Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 1 StGB sind:
(1)Strafbare Vortat eines anderen
(2)Ganz oder teilweise Vereitelung der Bestrafung oder Maßnahme
F müsste subjektiv vorsätzlich bezüglich der Vortat und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben. Zudem müsste die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein und kein persönlicher Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 und 6 StGB eingreifen.Eine Vortat des A liegt vor. Indem F gegenüber der Polizei behauptete, sie sei die Fahrerin gewesen, hat sie verhindert, dass A einer Maßnahme - dem Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB - unterworfen wurde. F handelte absichtlich, rechtswidrig und schuldhaft. Allerdings ist A als Ehemann ein Angehöriger der F im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1a StGB. F bleibt deswegen gem. § 258 Abs. 6 StGB straffrei.
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2. F könnte sich wegen Vortäuschens einer Straftat strafbar gemacht haben, indem sie gegenüber der Polizei behauptete, sie habe das Auto gefahren und den Unfall verursacht (§ 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB sind:
(1)Adressat: Behörde oder eine zur Entgegennahme von Anzeigen zuständige Stelle
(2)Tathandlung: Täuschung über den Beteiligten an einer rechtswidrigen Tat
F müsste wissentlich bezüglich der Unrichtigkeit der Behauptung und im Übrigen vorsätzlich gehandelt haben. Zudem müsste die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein.Beachte: Nach § 145d Abs. 1 StGB ist das Vortäuschen einer Straftat formell subsidiär zur Bestrafung nach §§ 258, 258a und 164 StGB. Bejahst Du die Strafbarkeit nach einer dieser Normen, tritt § 145d StGB hinter diese zurück. 3. Die ganz h.M. wendet die persönlichen Strafausschließungsgründe aus § 258 Abs. 5 und Abs. 6 StGB analog auf § 145d StGB an.
Nein, das trifft nicht zu!
Nach der ganz h.M. können die persönlichen Strafausschließungsgründe nicht analog auf § 145d StGB angewandt werden. Dagegen spreche die unterschiedliche Schutzrichtung der Normen. Zudem wolle der Gesetzgeber die Selbst- und Angehörigenbegünstigung nur in Ausnahmefällen straffrei stellen. Eine planwidrige Regelungslücke bestehe mithin nicht.F hat den Tatbestand des § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB in rechtswidriger und schuldhafter Weise erfüllt. § 258 Abs. 6 StGB kommt als persönlicher Strafausschließungsgrund nicht analog zur Anwendung. F hat sich demnach nach § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.