Strafrecht
BT 7: Nachtatdelikte u.a.
Strafvereitelung (§ 258 StGB)
Verhältnis der Begünstigung zu § 145d StGB
Verhältnis der Begünstigung zu § 145d StGB
19. April 2025
5 Kommentare
4,8 ★ (2.638 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist betrunken Auto gefahren und hat so einen Unfall verursacht (§§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2, 316 StGB). As Ehefrau F, die als Beifahrerin im Auto saß, will verhindern, dass A seine Fahrerlaubnis verliert. Sie gibt sich gegenüber Polizistin P als Fahrerin aus. P glaubt F.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verhältnis der Begünstigung zu § 145d StGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat F sich wegen Strafvereitelung strafbar gemacht, indem sie behauptete, sie habe das Auto gefahren und den Unfall verursacht (§ 258 Abs. 1 StGB)?
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. F könnte sich wegen Vortäuschens einer Straftat strafbar gemacht haben, indem sie gegenüber der Polizei behauptete, sie habe das Auto gefahren und den Unfall verursacht (§ 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB).
Genau, so ist das!
3. Die ganz h.M. wendet die persönlichen Strafausschließungsgründe aus § 258 Abs. 5 und Abs. 6 StGB analog auf § 145d StGB an.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
LaserLasse69
4.6.2024, 16:52:34
Welche Straftat täuscht F denn vor wenn sie gegenüber der Polizei aussagt, sie sei gefahren? Da sie selber nicht betrunken ist scheidet ein § 315c I Nr. 1a ja aus und für sonstige Verkehrsdelikte sehe ich keine Anhaltspunkte. Oder habe ich da etwas übersehen?
Dogu
29.7.2024, 18:21:24
So wie ich Abs. 2 Nr. 1 StGB verstehe geht es nicht darum, eine nicht vorhandene
rechtswidrige Tat vorzutäuschen, sondern über den Beteiligten einer tatsächlich vorhandenen
rechtswidrigen Tat zu täuschen. Und eine solche tatsächliche Tag gibt es hier.
LaserLasse69
31.7.2024, 14:13:41
Aber die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit ist doch hier konstitutiv für die Strafbarkeit. Wenn F also vortäuscht sie sei gefahren gibt sie ja nicht vor, sie habe den § 315c I Nr. 1a begangen, sondern behauptet, dass dieser gar nicht begangen worden sei. Geht man zudem beim
Normzweckdes § 145d davon aus, dass die Behörden vor unnötigen Ermittlungsarbeiten gewahrt werden sollen, ist dieses Schutzgut nicht wirklich betroffen. Denn wenn die Polizisten nach einer Atemalkoholkontrolle feststellen, dass F nicht alkoholisiert ist werden sie ja keine weiteren Ermittlungen etwaiger Strafbarkeit anstellen. Unterm Strich entlastet F also die Polizei.
Dogu
31.7.2024, 22:26:41
Achso. Ja das klingt überzeugend.
L.Goldstyn
5.8.2024, 20:35:30
Hallo LaserLasse, sehr gute Überlegungen, die – soweit ich das einschätzen kann – vollkommen richtig sind. Rengier behandelt genau das vorliegende Beispiel: F ist nach einem Gaststättenbesuch mit seinem Pkw im Zustand der Fahruntüchtigkeit in Schlangenlinien nach Hause gefahren und angezeigt worden. Um der Bestrafung gemäß § 316 zu entgehen und den Führerschein nicht zu verlieren, geben F und seine fahrtüchtige Ehefrau E gegenüber der bald eintreffenden Polizei übereinstimmend an, dass E gefahren sei. In diesem Fall lenken F und E den Verdacht von dem Täter F auf die E, in deren Person die Tat gerade keine Straftat darstellt. Sie wollen keine unnützen (weiteren) Ermittlungen, sondern die Einstellung der polizeilichen Tätigkeit bewirken. Daher erfüllen weder F noch E § 145d II Nr. 1 (BGHSt 19, 305; OLG Celle NStZ 1981, 440). In Betracht kommen bei E eine (versuchte)
Strafvereitelungund bei F eine Anstiftung oder Beihilfe dazu, wobei § 258 VI bzw. V zur Straffreiheit führt. (Rengier StrafR BT II, § 51. Vortäuschen einer Straftat (§ 145d) Rn. 13, beck-eBibliothek) Auch andere Literaturquellen stimmen dem zu. Meine Vermutung ist, dass Jurafuchs hier nur auf die Frage der Übertragbarkeit der § 258 Abs. 5, 6 StGB auf § 145d StGB eingehen wollte. Du hast aber völlig recht, dass das gewählte Beispiel dafür nicht wirklich geeignet ist.