Beweisprüfung in der Anwaltsklausur

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K und V haben einen Kaufvertrag über ein gebrauchtes, unfallfreies E-Auto geschlossen. Bei einer späteren Inspektion des Autos durch Mechaniker Z werden alte Unfallschäden festgestellt. V bestreitet diese und weigert sich nachzuliefern. Ihr Bekannter X könne bezeugen, dass der Wagen unfallfrei war.

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Einordnung des Falls

Beweisprüfung in der Anwaltsklausur

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB haben. Bevor Anwältin A für K eine Schadensersatzklage erhebt, muss sie sich Gedanken über die Beweislage machen.

Ja, in der Tat!

Die Prozessvertreter müssen sich stets Gedanken über die Beweislage machen. Dies gilt insbesondere, wenn der Gegner eine Anspruchsvoraussetzung bestreitet. Aber auch wenn der Sachverhalt bislang noch nicht vom Gegner bestritten wurde, muss aus anwaltlicher Vorsicht die Beweissituation für den Fall des Bestreitens geprüft werden. Das Vorliegen eines Mangels der Kaufsache (§§ 434 ff. BGB) bei Gefahrübergang ist Voraussetzung dafür, dass die Mängelgewährleistungsrechte (§§ 437 ff. BGB) Anwendung finden. Gerade weil V die Mangelhaftigkeit der Kaufsache (Unfallfreiheit) bereits im Vorfeld bestritten hat, muss A im Hinblick auf die Erfolgsaussichten einer potentiellen Klage die Beweissituation für diese Anspruchsvoraussetzung prüfen.Beim einstufigen Aufbau erfolgt die Beweisprognose direkt beim jeweiligen Tatbestandsmerkmal, beim zweistufigen Aufbau in einer gesonderten Beweisstation nach Schlüssigkeit und Erheblichkeit.
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2. Zuerst muss A prüfen, wer die Beweislast für das Vorliegen des Mangels trägt.

Ja!

Zunächst ist in der Klausur darzustellen, wer für die streitige Tatsache die Beweislast trägt. Es gilt der Grundsatz: Jede Partei trägt für die ihr günstigen Tatsachen die Beweislast. Der Anspruchsteller trägt danach die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen, der Gegner die Beweislast für die rechtshindernden und -vernichtenden Einwendungen und die rechtshemmenden Einreden. „Die Mangelhaftigkeit der Kaufsache ist eine anspruchsbegründende Voraussetzung. Somit ist der Mandant K für den Unfallschaden am Auto zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs beweispflichtig.“ Im Kommentar findest Du bei den verschiedenen Ansprüchen auch Ausführungen zur Beweislastverteilung.

3. Sodann muss A prüfen, welche Beweismittel dem K zur Verfügung stehen. Kann sie die Beweismittel des V dabei ignorieren?

Nein, das ist nicht der Fall!

Es sind alle Beweismittel darzustellen, die den Parteien im konkreten Fall zur Verfügung stehen. Neben den Beweismitteln, die dem Mandanten zur Verfügung stehen, sind auch die dem Gegner zur Verfügung stehenden Beweismittel zu prüfen. Schließlich muss sich die Anwältin auch immer Gedanken dazu machen, ob der Gegner möglicherweise den Gegenbeweis führen kann. „Den Unfallschaden könnte der Mandant K durch die Angaben des Z als Zeugen darlegen und beweisen. Z ist ein geeignetes Beweismittel, da er dem Gericht aus eigener Wahrnehmung über die von ihm bei der Inspektion festgestellten Mängel berichten kann. Dagegen könnte die Aussage des vom Gegner benannten Zeugen X stehen. Die Aussage des X ist aber nicht glaubhaft, weil … Zudem ist er auch nicht glaubwürdig, weil... Überdies kommt für den Mandanten auch das Beweismittel des Sachverständigenbeweises nach §§ 402 ff. ZPO in Betracht.“

4. Zuletzt muss A anhand der zur Verfügung stehenden Beweismittel kurz eine Beweisprognose anstellen.

Ja, in der Tat!

Nachdem alle zur Verfügung stehenden Beweismittel dargestellt wurden, ist eine kurze antizipierte Beweisprognose anzustellen. Die Beweisprognose kann für den Mandanten positiv, offen oder negativ ausfallen. Je nach Ergebnis der Beweisprognose sollte bei Beratung des potentiellen Klägers (Typ 1-Klausur) Klage erhoben werden oder dem Mandant von der Erhebung einer Klage abgeraten werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AN

annaloe

5.11.2024, 12:22:00

Müsste hier die Anspruchsgrundlage wegen anfänglicher Unmöglichkeit eines "unfallfreien PKW" nicht in § 311a Abs. 2 BGB statt in §§ 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB bestehen?


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