Klagefrist (§ 74 VwGO): Verwirkung des Rechtsbehelfs
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A wird eine Gaststättenerlaubnis erteilt (§ 2 GastG). Nachbar N wird davon nicht in Kenntnis gesetzt. Als A drei Monate später eröffnet, ist N zwar gestört, aber unternimmt nichts. Zwei Jahre später legt er Widerspruch ein. Es ergeht ein Widerspruchsbescheid, der den Widerspruch des N als unzulässig zurückweist, weil N zu lange gewartet habe. N will klagen.
Einordnung des Falls
Klagefrist (§ 74 VwGO): Verwirkung des Rechtsbehelfs
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. N begehrt die Aufhebung der Gaststättenerlaubnis. Die Anfechtungsklage ist statthaft.
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Ja!
2. N kann geltend machen, durch die Gaststättenerlaubnis in einem seiner subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Er ist klagebefugt.
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Genau, so ist das!
3. N müsste ordnungsgemäß Widerspruch gegen die Gaststättenerlaubnis des A eingelegt haben.
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Ja, in der Tat!
4. N hat die Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO) nicht gewahrt.
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Nein!
5. N kann zeitlich unbegrenzt Widerspruch einlegen. Die Begründung der Behörde ist rechtswidrig.
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Nein, das ist nicht der Fall!
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Hamburger Michel
22.10.2020, 20:03:16
Bei der Klagebefugnis könnte man ergänzend § 4 I 1 Nr. 3 GastG für einen Verweis auf Normen des materiellen Baurechts erwähnen.

Dennis Kostak
22.10.2020, 20:05:55
Kann man, muss man aber nicht. Ist innerhalb der Klagebefugnis mEn rein kosmetischer Natur, wie viele Normen aufgeführt werden, da eine (bzw. die Adressatenformel) ausreicht.

Hamburger Michel
23.10.2020, 10:37:51
In einer Anspruchssituation wäre dies anders zu beurteilen, da kein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch besteht und in der Klagebefugnis auf den Drittschutz der Normen eingegangen wird, die überhaupt erst in der Begründetheit zur Rechtsverletzung führen können und deren Verletzung in der Begründetheit ausschließlich geprüft werden darf. Der Kläger kann also nicht die Verletzung von Normen geltend machen, die ausschließlich im öffentlichen Interesse liegen. In Klausuren wird praktisch häufig nur auf eine Norm/ eine Normkette abgestellt; im öffentlichen Baurecht beispielsweise muss jedoch aufgrund der besonders bedeutsamen Drittschutz-Frage und des nicht bestehenden allgemeinen Gesetzesvollziehungsanspruchs besonders auf eine umfassende Prüfung geachtet werden.

Hamburger Michel
23.10.2020, 10:38:05
Hier in diesem Fall hätte ich auf § 4 I 1 Nr. 3 GastG verwiesen, da es erst die Verbindungsnorm ins materielle Baurecht darstellt, das ohne diese ansonsten nicht im Gaststättenrecht bei Konzessionen geprüft werden würde.

Dennis Kostak
23.10.2020, 10:44:45
Genau, „wäre“. Dann ist mein Punkt ja klar geworden. =)

Hamburger Michel
23.10.2020, 12:07:15
Ja, deinen Punkt habe ich verstanden. 🙂Nur in diesem Fall würde ich für eine korrekte Lösung empfehlen, die Verbindungsnorm des § 4 I 1 Nr. 3 GastG zu nennen, denn warum sollte man sonst innerhalb einer Gaststättenkonzession Normen des öffentlichen Baurechts prüfen? Darauf wird erst in den Versagungsgründen des § 4 I 1 GastG verwiesen.
Cajetan
27.7.2022, 17:54:29
Das Bild mal wieder große Klasse 😂