Öffentliches Recht
Polizei- und Ordnungsrecht
Polizeiliche Standardmaßnahmen
Verhältnis mehrerer Standardermächtigungen zueinander
Verhältnis mehrerer Standardermächtigungen zueinander
2. April 2025
15 Kommentare
4,8 ★ (11.138 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Bauarbeiter B fährt nach seinem Feierabendbier leicht betrunken, aber noch Herr seiner Sinne, auf einem E-Scooter. Polizist P verlangt, dass B sich ausweisen soll. B weigert sich. Daraufhin durchsucht P ihn, um Bs Personalausweis zur Feststellung seiner Identität zu finden.
Diesen Fall lösen 67,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verhältnis mehrerer Standardermächtigungen zueinander
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Polizeigesetze der Länder beinhalten verschiedene Standardermächtigungen, die zur Durchsuchung von Personen ermächtigen. Ist die jeweilige polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage anwendbar?
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Einige Polizeigesetz der Länder ermächtigen die Polizei zur Durchsuchung von Personen, wenn diese Sachen mitführen, die sichergestellt werden dürfen. Ist die entsprechende Norm des jeweils anwendbaren Polizeigesetzes die richtige Ermächtigungsgrundlage?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Polizeigesetze mancher Länder ermächtigen die Polizei zur Durchsuchung von Personen, die sich in einem Zustand befinden, der die freie Willensbestimmung ausschließt. Ist die entsprechende Norm des jeweiligen Polizeigesetzes die richtige Ermächtigungsgrundlage?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Einige Polizeigesetz der Länder ermächtigen die Polizei zur Durchsuchung von Personen zum Zwecke der Identitätsfeststellung. Ist die entsprechende Norm des anwendbaren Polizeigesetzes die richtige Ermächtigungsgrundlage?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jakob G.
1.8.2022, 12:40:02
Die letzte Aufgabe ist super. :)
Iris A
28.4.2023, 17:51:56
Ist das nur in BaWü so, dass eine
Sicherstellungzugunsten
des Betroffenen erfolgt, z.B. damit ihm die Sache nicht abhanden kommt? Oder habe ich das gerade falsch verstanden?

Nora Mommsen
19.6.2024, 11:44:04
Hallo Iris A, das sehen alle PolG der Länder vor, also die Möglichkeit einer
Sicherstellungzur Gefahrenabwehr. Das kann z.B. bedeuten, dass ein Auto mit offener Scheibe bei einem Starkregen von der Polizei sichergestellt wird, wenn der Halter nicht angetroffen werden kann. Denn es besteht eine Gefahr für die Sache. Die meisten PolG sehen verschiedene Alternativen vor, unter die der Sachverhalt dann sauber subsumiert werden muss. In NRW ist der Fall des Verlustes z.B. § 43 Nr. 2 PolG, der Fall des offenen Autofensters § 43 Nr. 1 PolG NRW. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Pilea
1.11.2023, 08:53:21
Hier/ in der materiellen
Rechtmäßigkeitmüssten doch zusätzlich noch inzident die Voraussetzungen der Identitätsfeststellung geprüft werden, oder nicht?

Wendelin Neubert
14.11.2023, 00:31:41
Danke für deine Frage @[Pilea ](189001): An dieser Stelle fragen wir uns, welche Ermächtigungsgrundlage die richtige ist. Dabei kann es – wie du richtig schreibst – erforderlich sein, inzident zu prüfen, on deren Voraussetzungen verliegen. Erst wenn du die einschlägige Ermächtigungsgrundlage – u.U. nach ausführlicher Abgrenzung zu anderen in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlagen – identifiziert hast, prüfst du sodann detailliert weiter, ob die auf dieser Grundlage ergriffene Maßnahme auch rechtmäßig war. Zuerst prüfst du dabei die
formelle Rechtmäßigkeitund danach die
materielle Rechtmäßigkeit. Im Rahmen der materiellen
Rechtmäßigkeitprüfst du dann en detail, ob die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage auch vorliegen. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
/qwas
11.1.2024, 10:27:18
Wenn man bei der Abgrenzung schon inzident die Voraussetzungen der EGL prüft, kann man einfach nach oben verweisen, oder?
calu_sch
21.3.2024, 21:49:55
wieso richtet sich hier die Maßnahme nicht nach § 163b StPO? Kontrollen dienen doch auch dazu, Trunkenheit im Verkehr aufzudecken. Liegt es hier nur an der Konzeption des Sachverhalts, weil nicht angedeutet ist, dass die Kontrolle auf einen Verdacht gestützt wird?

Sebastian Schmitt
23.10.2024, 16:49:00
Hallo @[calu_sch](139208), eine gute Frage, Du denkst schon genau in die richtige Richtung! In der Tat wird man hier häufig von Maßnahmen nach § 163b StPO abgrenzen müssen. In unserem Fall ist die Sachverhaltsdarstellung wie so oft bewusst knapp und offen gehalten. Es ist zwar theoretisch denkbar, dass P hier (auch) vor dem Hintergrund des § 316 I StGB vorgeht. Allerdings ist B nach unserem Sachverhalt nur leicht angetrunken (also jedenfalls unterhalb der Grenze zur absoluten Fahruntauglichkeit) und von alkoholbedingten oder überhaupt von Ausfallerscheinungen oder Fahrauffälligkeiten wissen wir nichts. Das spricht dafür, dass jedenfalls der Schwerpunkt der Maßnahme nicht auf der Strafverfolgung liegt, woran auch der durchaus denkbare § 24a I StVG nichts ändern dürfte. Letztlich hängt das aber natürlich von den Einzelheiten des Sachverhalts ab. In Prüfungsaufgaben würdet Ihr hier definitiv mehr Informationen bekommen, um vernünftig argumentieren und abwägen zu können. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Silas
18.6.2024, 17:30:23
Darf die Polizistin ihn durchsuchen? Meine mal gehört zu haben, dass Durchsuchungen (wenn keine Gefahr ausgeht) gleichgeschlechtlich durchgeführt werden müssen.
Silas
18.6.2024, 17:33:07

Nora Mommsen
19.6.2024, 11:39:27
Hallo Silas, absolut richtig. Sowohl im Strafprozessrecht gilt der Grundsatz der Gleichgeschlechtlichkeit sowie im Polizeirecht. Oftmals ist er sogar explizit normiert, z.B. § 23 Abs. 2 SächsPOLG, für das Art. 21 PAG (Pay), § 39 Abs. 3 PolG NRW. Wir haben die Aufgabe angepasst. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Tomˑ
15.10.2024, 14:39:05
Einschlägige Standardmaßnahme in NRW ist hier § 12 Abs. 2 S. 4 PolG NRW.