Abgrenzung Trickdiebstahl Sachbetrug
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A kauft im Supermarkt ein. Da er knapp bei Kasse ist, versteckt er ein teures Hochglanzmagazin in einer Milchpalette unter den Milchtüten. Der Kassierer bemerkt dies nicht, als er die Palette scannt und in die Auslage schiebt.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung Trickdiebstahl Sachbetrug
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat den Kassierer getäuscht.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Kassierer hatte hinsichtlich des Magazins ein Verfügungsbewusstsein.
Nein!
3. Hat As Täuschung beim Kassierer einen Irrtum hervorgerufen?
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Faby
16.4.2023, 18:15:10
Also nach dem BGH kein Verfügungsbewusstsein, damit keine Vermögensverfügung und damit kein Betrug? Dann versuchten Betrug prüfen?
Lukas_Mengestu
17.4.2023, 19:23:16
Hallo Faby, in dem hier behandelten Fall des "Trickdiebstahl" liegt keine Vermögensverfügung und damit keine Selbstschädigung des Opfers vor. Vielmehr führt die Täuschung des Opfers lediglich zu einer
Gewahrsamslockerung, die der Täter letztlich nutzt, um den Gewahrsam zu brechen. Deswegen bestraft die herrschende Meinung den Täter in diesen Fällen wegen Diebstahls (§
242 StGB). Hinsichtlich der Strafe ergeben sich hier keine Unterschiede, da das Strafmaß der beiden Tatbestände identisch ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Rozaa
1.7.2023, 13:01:06
Sollte man denn dann noch den versuchten Betrug prüfen?
Cosmonaut
11.2.2024, 18:39:27
@[Rozaa](170159) Hi, Nein, die Prüfung eines versuchten Betrugs gem. § 263 I, II, 22, 12 II würde den Zorn der Korrektoren entfalten, da einerseits falsche Schwerpunktsetzung und andererseits - und sehr viel gewichtiger - mangelndes Systemverständnis, gleich in zweierlei Hinsicht (nicht persönlich gemeint): Begründung: 1) Du kommst ja bereits in der soeben vollendeten Prüfung des vollendeten Delikts (§ 263 Abs. 1) zu dem Ergebnis, dass der objektive Tatbestand des Betruges mangels Vermögensverfügungsbewusstsein des Kassierers, damit mangels objektiver Vermögensverfügung und damit mangels Selbstschädigung des Opfers (!) hier einzig und allein und nur noch an Fremdschädigungsdelikte (ergo § 242) zu denken ist. 2) Der zweite Systemschnitzer, den Du dir mit der Versuchsprüfung erlauben würdest, ist, dass du Versuch vor Vollendung prüfst. Denke daran, dass wir hier ja einen eindeutigen Taterfolg haben (Wegnahme des Magazins)! Warum also Versuch prüfen (Vorprüfung würde ja gerade eine mangelnde Strafbarkeit aus der Vollendung voraussetzen!). LG und viel Erfolg!
JohnnyLbd
1.7.2024, 15:20:52
Die Erklärung ist so gut !!
sy
4.10.2024, 22:38:45
verfügungsbewusstsein und die bloße verfügung sind das gleiche ? sry falls die frage blöd ist
amelie88
31.5.2023, 21:34:27
aber es lag doch schon kein Irrtum vor oder?
Lukas_Mengestu
2.6.2023, 13:15:16
Hallo Amelie, der Irrtum liegt hier darin begründet, dass der Kassierer davon ausgegangen ist, alle Waren bereits abgescannt zu haben und A deshalb passieren ließ. Dieses Passierenlassen genügt nach Ansicht des BGH allerdings nicht, um darin auch eine Vermögensverfügung zu sehen, weshalb hier stattdessen ein vollendeter Diebstahl vorliegt. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
InDubioProsecco
3.6.2023, 09:59:32
Reicht es in der Klausur, wenn man den Begriff der Vermögensverfügung definiert und dann subsumiert, dass der Kassierer kein entsprechendes Bewusstsein hatte? Oder sollte man die M.M noch darstellen?
Nora Mommsen
3.6.2023, 18:52:03
Hallo InDubioProsecco, dies ist einer der Streite der in der Regel dargestellt werden sollte. Prüferinnen sehen es gerne, dass man die Abgrenzung sauber beherrscht. Allerdings sollte man sich auch nicht im kleinklein verlieren. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
JohnnyLbd
25.6.2024, 14:21:47
Frage bzgl. Irrtum bei § 263: es heißt ja „irren, kann nur derjenige der die Täuschung überhaupt wahrnimmt“, was zB keinen Irrtum auslöst in dem Tankstellen Beispiel, wo der Tankwart nicht mitbekommt, das der Kunde nicht vor hat zu zahlen. Beim Problem um die Abgrenzung Betrug, Diebstahl gibt es ja aber auch wie hier den Fall, in welchem der Kassierer nicht erkennt, das zB unter der Milch ein wertvolles Magazin liegt. Bei der
konkludenten Täuschung geht man ja nach der Verkehrsanschauung, was in den Kassiererfällen ja bedeutet, das der Kassierer denkt der Kunde habe alle Artikel offen gelegt. Warum ist es dann hier so das man nicht anspricht, dass der Kassierer die Täuschung darüber überhaupt nicht wahrnimmt ???
Lilyphant
26.7.2024, 12:40:11
Liebes Jurafuchs-Team, ich meine gelernt zu haben, dass das Erfordernis eines Verfügungsbewusstseins streitig und die dahingehende Entscheidung relevant für die Abgrenzung von Diebstahl und Betrug ist. In euren Aufgaben wird aber wenn nur festgestellt, DASS das Verfügungsbewusstsein erforderlich ist, aber nicht auf einen Streit eingegangen. Könnte dazu vielleicht noch eine Einheit kommen?
Foxxy
31.8.2024, 11:39:09
Hallo Lilyphant, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team