Abgrenzung Trickdiebstahl Sachbetrug

4. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A kauft im Supermarkt ein. Da er knapp bei Kasse ist, versteckt er ein teures Hochglanzmagazin in einer Milchpalette unter den Milchtüten. Der Kassierer bemerkt dies nicht, als er die Palette scannt und in die Auslage schiebt.

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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat den Kassierer getäuscht.

Ja, in der Tat!

Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel der Erregung eines Irrtums.A hat nicht ausdrücklich behauptet, dass in dem Milchpalette kein Hochglanzmagazin befindet. Die Vorlage des Einkaufs an der Kasse enthält allerdings nach der Verkehrsauffassung konkludent den Erklärungsgehalt, dass der vollständige Einkauf offengelegt werde.
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2. Der Kassierer hatte hinsichtlich des Magazins ein Verfügungsbewusstsein.

Nein!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Voraussetzung hierfür ist stets auch ein Verfügungsbewusststein, welches sich auf die verfügten Gegenstände bezieht.Problematisch ist dabei vorliegend, dass der Kassierer keine Kenntnis von dem versteckten Magazin hat. Einer Ansicht zufolge handelt ein Kassierer in diesen Fällen mit einem generellen Verfügungsbewusstsein in Bezug auf den gesamten Inhalt des Einkaufswagens. Hiergegen ist jedoch mit dem BGH einzuwenden, dass die Annahme eines solchen Verfügungswillens nichts anderes als eine Fiktion ist.

3. Hat As Täuschung beim Kassierer einen Irrtum hervorgerufen?

Ja, in der Tat!

Irrtum ist das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Realität. Der Kassierer ist davon ausgegangen, er habe alle Waren erfasst.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FABY

Faby

16.4.2023, 18:15:10

Also nach dem BGH kein

Verfügungsbewusstsein

, damit keine

Vermögensverfügung

und damit kein Betrug? Dann versuchten Betrug prüfen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.4.2023, 19:23:16

Hallo Faby, in dem hier behandelten Fall des "Trickdiebstahl" liegt keine

Vermögensverfügung

und damit keine Selbstschädigung des Opfers vor. Vielmehr führt die Täuschung des Opfers lediglich zu einer Gewahrsamslockerung, die der Täter letztlich nutzt, um den Gewahrsam zu brechen. Deswegen bestraft die herrschende Meinung den Täter in diesen Fällen wegen Diebstahls (§ 242 StGB). Hinsichtlich der Strafe ergeben sich hier keine Unterschiede, da das Strafmaß der beiden Tatbestände identisch ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

RO

Rozaa

1.7.2023, 13:01:06

Sollte man denn dann noch den versuchten Betrug prüfen?

Cosmonaut

Cosmonaut

11.2.2024, 18:39:27

@[Rozaa](170159) Hi, Nein, die Prüfung eines versuchten Betrugs gem. § 263 I, II, 22, 12 II würde den Zorn der Korrektoren entfalten, da einerseits falsche Schwerpunktsetzung und andererseits - und sehr viel gewichtiger - mangelndes Systemverständnis, gleich in zweierlei Hinsicht (nicht persönlich gemeint): Begründung: 1) Du kommst ja bereits in der soeben vollendeten Prüfung des vollendeten Delikts (§ 263 Abs. 1) zu dem Ergebnis, dass der objektive Tatbestand des Betruges mangels

Vermögensverfügung

sbewusstsein des Kassierers, damit mangels objektiver

Vermögensverfügung

und damit mangels Selbstschädigung des Opfers (!) hier einzig und allein und nur noch an Fremdschädigungsdelikte (ergo § 242) zu denken ist. 2) Der zweite Systemschnitzer, den Du dir mit der Versuchsprüfung erlauben würdest, ist, dass du Versuch vor Vollendung prüfst. Denke daran, dass wir hier ja einen eindeutigen

Taterfolg

haben (Wegnahme des Magazins)! Warum also Versuch prüfen (Vorprüfung würde ja gerade eine mangelnde Strafbarkeit aus der Vollendung voraussetzen!). LG und viel Erfolg!

JO

JohnnySpecter69

1.7.2024, 15:20:52

Die Erklärung ist so gut !!

SY

sy

4.10.2024, 22:38:45

verfügungsbewusstsein

und die bloße verfügung sind das gleiche ? sry falls die frage blöd ist

AME

amelie88

31.5.2023, 21:34:27

aber es lag doch schon kein Irrtum vor oder?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.6.2023, 13:15:16

Hallo Amelie, der Irrtum liegt hier darin begründet, dass der Kassierer davon ausgegangen ist, alle Waren bereits abgescannt zu haben und A deshalb passieren ließ. Dieses Passierenlassen genügt nach Ansicht des BGH allerdings nicht, um darin auch eine

Vermögensverfügung

zu sehen, weshalb hier stattdessen ein vollendeter Diebstahl vorliegt. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

INDUB

InDubioProsecco

3.6.2023, 09:59:32

Reicht es in der Klausur, wenn man den Begriff der

Vermögensverfügung

definiert und dann subsumiert, dass der Kassierer kein entsprechendes Bewusstsein hatte? Oder sollte man die M.M noch darstellen?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

3.6.2023, 18:52:03

Hallo InDubioProsecco, dies ist einer der Streite der in der Regel dargestellt werden sollte. Prüferinnen sehen es gerne, dass man die Abgrenzung sauber beherrscht. Allerdings sollte man sich auch nicht im kleinklein verlieren. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

JO

JohnnySpecter69

25.6.2024, 14:21:47

Frage bzgl. Irrtum bei § 263: es heißt ja „irren, kann nur derjenige der die Täuschung überhaupt wahrnimmt“, was zB keinen Irrtum auslöst in dem Tankstellen Beispiel, wo der Tankwart nicht mitbekommt, das der Kunde nicht vor hat zu zahlen. Beim Problem um die Abgrenzung Betrug, Diebstahl gibt es ja aber auch wie hier den Fall, in welchem der Kassierer nicht erkennt, das zB unter der Milch ein wertvolles Magazin liegt. Bei der konkludenten Täuschung geht man ja nach der Verkehrsanschauung, was in den Kassiererfällen ja bedeutet, das der Kassierer denkt der Kunde habe alle Artikel offen gelegt. Warum ist es dann hier so das man nicht anspricht, dass der Kassierer die Täuschung darüber überhaupt nicht wahrnimmt ???

LI

Lilyphant

26.7.2024, 12:40:11

Liebes Jurafuchs-Team, ich meine gelernt zu haben, dass das Erfordernis eines

Verfügungsbewusstsein

s streitig und die dahingehende Entscheidung relevant für die Abgrenzung von Diebstahl und Betrug ist. In euren Aufgaben wird aber wenn nur festgestellt, DASS das

Verfügungsbewusstsein

erforderlich ist, aber nicht auf einen Streit eingegangen. Könnte dazu vielleicht noch eine Einheit kommen?

Foxxy

Foxxy

31.8.2024, 11:39:09

Hallo Lilyphant, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team


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