Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
Entscheidungen von 2017
Klassiker im Strafrecht: Die Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug
Klassiker im Strafrecht: Die Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S trifft sich mit Dealer D und lässt sich eine Amphetamin-Tablette aushändigen, angeblich um die Qualität zu prüfen. Anstatt es zurückzugeben, steckt S das Amphetamin ohne zu bezahlen ein und haut ab.
Diesen Fall lösen 77,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Der BGH beschäftigt sich hier erneut mit einem Klassiker im Strafrecht: der Abgrenzung zwischen Trickdiebstahl und Betrug. Maßgeblich kommt es auch hier auf die Gewahrsamslockerung an. Eine Vermögensverfügung im Sinne eines Betrugs liege hingegen vor, wenn der Getäuschte auf Grund freier, nur durch Irrtum beeinflusster Entschließung Gewahrsam übertragen will. Ein Diebstahl liege hingegen vor, wenn die Täuschung lediglich dazu dienen soll, einen gegen den Willen des Berechtigten gerichteten eigenmächtigen Gewahrsamsbruch des Täters zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat S D durch die Behauptung, er wolle die Qualität des Amphetamins prüfen, zu einer Vermögensverfügung (§ 263 Abs. 1 StGB) veranlasst?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Was das Amphetamin für S eine fremde bewegliche Sache (§ 242 Abs. 1 StGB)?
Ja!
3. Hat S das Amphetamin weggenommen (§ 242 Abs. 1 StGB), indem er D zur Aushändigung zu "Prüfzwecken" veranlasst hat?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Hat S D das Amphetamin weggenommen (§ 242 Abs. 1 StGB), indem er das Amphetamin nicht zurückgab, sondern einsteckte?
Ja, in der Tat!
Fundstellen
Prüfungsschema
Wie prüfst Du die Strafbarkeit wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB)?
- Tatbestandsmäßigkeit
- Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz
- Absicht rechtswidriger Zueignung
- Objektiver Tatbestand
- Fremde bewegliche Sache
- Wegnahme
- Subjektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
Wie prüfst Du den objektiven Tatbestand des Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB)?
- Täuschung über Tatsachen
- Irrtum (kausal durch Täuschung)
- Vermögensverfügung (kausal durch Irrtum)
- Vermögensschaden oder Vermögensgefährdung (kausal durch Vermögensverfügung)
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jonas Sauer
9.2.2020, 12:50:51
Schön aufbereitet! Ich hätte mir bei der ersten Frage nur ein wenige mehr Erläuterungen zur Eigentumsfähigkeit von Drogen gewünscht.
gelöscht
29.3.2021, 14:58:11
Hallo Jonas, da Du Dir das gewünscht hast, haben wir den Hinweis überarbeitet. Wenn du noch Fragen oder einen Ergänzungsvorschlag hast, gehen wir gerne darauf ein! 🙂 Viele Grüße Adrian, für das Jurafuchs-Team 🦊
Der Gerechte
18.2.2020, 11:46:59
Ich hätte tatsächlich an eine Unterschlagung gedacht.. Wieder was gelernt! Ich nehme an, dass der Diebstahl vollendet ist, sobald das BtM in der Tasche verschwunden ist.
Rebekka
25.6.2020, 14:07:06
Ich hätte bei der letzten Frage angenommen, dass die Wegnahme erst durch das Wegrennen und noch nicht durch das Einstecken vorliegt.
Marcus
27.6.2020, 14:38:27
Beim Einstecken kleiner Gegenstände wie hier des Amphetamins wird Gewahrsam bereits dadurch begründet, dass sich der Gegenstand nun im Tabu-Bereich befindet und Dritte keinen Zugriff mehr haben.
Eigentum verpflichtet 🏔️
28.6.2020, 11:25:12
Genau, Stichwort: Körpergewahrsam
Florian Hierl
1.7.2020, 09:31:40
Zavviny
19.9.2020, 15:24:12
Michael
7.8.2024, 09:24:05
Bei Drogen bzw. Illegalen Gegenständen muss immer an die Fremdheit gedacht werden, da man Drogen nicht dinglich erwerben kann, (
Fehleridentitätmit Rechtsgeschäft). Es kann jedoch vom Hersteller (Drogen durch Vermischung, Verbindung, §§ 946 ff. oder auch durch
Universalsukzessionerworben) weggenommen werden, in solchen Fällen ist Rauschgift ein geeignetes
Tatobjekt. (Ich weiß die Frage ist alt, aber vielleicht hilft es ja jemandem)
Juliaaaaaaaaaaaa
10.9.2024, 17:10:36
rlaw
14.10.2024, 14:10:00
Gerade nicht, weil der Diebstahl anders als der Betrug kein Vermögensdelikt, sondern ein Eigentumsdelikt ist. Geschützt ist daher durch §§ 242 (ff.) auch das Eigentum an vollkommen wertlosen oder eben illegalen Sachen. Vertiefung: Sofern in einem Fall eine illegale Sache übereignet wurde (von Dealer 1 an Dealer 2) so problematisiert eine mM. iRd.
Vorsatzes, dass es aufgrund der Illegalität wegen §
134 BGBiVm. BTMG nie zu einer
Übereignungkam. Es könnte daher dann ein Tatbestandsirrtum vorliegen da noch der erste Dealer Eigentümer ist, nicht der zweite. Einen solchen Fall haben wir hier aber gerade nicht da es keine versuchte
Übereignungder Sache gab. Ferner wäre dies mit der (absoluten) hM. auch egal, weil der
Vorsatzsich nur auf die Fremdheit der Sache beziehen muss, es aber egal ist, wem sie tatsächlich gehört. Vgl auch: https://www.ferner-alsdorf.de/strafrecht-drogen-und-diebstahl-an-drogen/
Juliaaaaaaaaaaaa
14.10.2024, 15:49:01
Dankeschön rlaw !! :)