Abgrenzung Trickdiebstahl Sachbetrug
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A veranlasst K dazu, ihm Ks Handy für ein Telefonat zu überlassen. K übergibt es A in der von diesem hervorgerufenen Annahme, das Handy danach zurückzuerhalten. Nach dem Telefonat steckt A es – wie von Anfang an geplant – ein und geht weg. K bittet ihn mehrfach, es zurückzugeben. A, körperlich überlegen, reagiert nicht und macht K deutlich, er solle besser gehen. K gibt daher sein Herausgabeverlangen auf.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung Trickdiebstahl Sachbetrug
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat K über eine Tatsache getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. K unterlag deshalb einem Irrtum.
Ja!
3. K hat infolge dessen über sein Vermögen verfügt.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Sascha
9.7.2022, 12:11:32
Wäre an dieser Stelle nicht auf das Verfügungsbewusstsein einzugehen?
Lukas_Mengestu
12.7.2022, 12:32:23
Hallo Sascha, auf das Verfügungsbewusstsein ist primär in den Kassenfällen einzugehen, also in den Fällen, in denen der Täter zB Ware in die Verpackung einer anderen Ware versteckt bzw. diese im Einkaufswagen versteckt und der Kassierer gar nicht weiß, dass er hier über die entsprechenden Waren eine Verfügung trifft. Im vorliegenden Fall sind wir dagegen noch einen Schritt vorher. Es fehlt nicht nur subjektiv an einem Verfügungsbewusstsein, sondern auch schon an einer Verfügung an sich. Denn die bloße Gewahrsamslockerung reicht hierfür noch nicht aus (vgl. auch das Lehrbuchbeispiel des Juweliers, der zur "Probe" einen teuren Ring an den Täter aushändigt, der ihn - von Anfang an - ohne zu zahlen mitnehmen will). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
MaxRaspody
16.9.2022, 16:14:50
§ 252 hier ebenfalls erfüllt?
Nora Mommsen
16.9.2022, 19:12:35
Hallo MaxRaspody, für den § 2
52 StGBist Gewalt oder eine
Drohungmit gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben erforderlich. Allein die körperliche Überlegenheit, die eine Einschüchterungswirkung entfaltet erfüllt dieses Merkmal nicht. Daher ist im vorliegenden Sachverhalt der § 2
52 StGBnicht erfüllt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
HGWrepresent
4.6.2024, 18:54:50
Ihr meint, es sei auf den Gewahrsam abzustellen und dieser sei subjektiv nach dem Horizont des Opfers zu beurteilen. Gewahrsam wird aber sozial-normativ bemessen und nicht subjektiv. Ich würde es eher Verfügungswillen nennen, aber der hätte nichts mit Gewahrsam zu tun. Irgendwie passt das nicht so gut zusammen
HGWrepresent
4.6.2024, 19:02:07
Dazu passt auch das BGH Urteil: „Betrug liegt vor, wenn der Getäuschte auf Grund freier, nur durch Irrtum beeinflusster Überzeugung Gewahrsam übertragen will und überträgt.“ Es kommt also nicht darauf an, ob der „Gewahrsam bereits vollständig übertragen wurde oder nur eine Gewahrsamslockerung vorliegt“ so wie ihr schreibt. Es kommt darauf an, ob der Verfügende den Gewahrsam vollständig übertragen will. Wäre super, wenn das korrigiert wird
JohnnySpecter69
1.7.2024, 15:09:55
Würde man dann in der Vermögensverfügung eine kleine Inzidentprüfung des Gewahrsams nach § 242 I StGB vornehmen ? Und wenn man auf den Gewahrsam eingeht was ja inzident aus § 242 I StGB kommt, kann man dann direkt mit dem Punkt Gewahrsam beginnen oder muss man § 242 bis dahin durchprüfen ? Ein ganzes durchprüfen von § 242 I würde man ja dann als nächstes Delikt nach Ablehnen des 263 I prüfen oder ? Ich hatte mir gedacht eigentlich gedacht man müsse nur auf die Freiwilligkeit der Verfügung abstellen, die ja nur auf das eine Telefonat bezogen war deswegen bin ich bissel überfragt...
Michael
7.8.2024, 08:48:49
Eine Inzidentprüfung musst du nicht vornehmen. Es stimmt, dass Betrug ein Selbstschädigungsdelikt ist, weshalb es (auch) auf die Freiwilligkeit der Verfügung ankommt. Jedoch findet bei dem Vermögen aufgrund dieser Freiwilligkeit eine "gewollte" Vermögensverschiebung statt. Wenn der Geschädigte denkt, er gibt sein Handy nur für ein Telefonat, dann will er trotzdem Gewahrsam behalten und lockert diesen nur für den Zeitraum des Telefonats. Wenn der Täter das Handy jetzt einsteckt bricht er den Gewahrsam gegen den Willen des Opfers.
JohnnySpecter69
1.7.2024, 15:11:52
Könnte man hier nicht auch eine ausdrückliche Täuschung annehmen und nicht nur eine konkludente ? A hat ja gefragt ob K ihm das Telefon für "ein Telefonat" überlassen könne. Das schließt ja bereits begrifflich schon die Nutzung welche über das eine Telefonat geht aus.