Zivilrecht

Sachenrecht

Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Kein Verwendungsersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers bei nützlichen Verwendungen, § 996 BGB

Kein Verwendungsersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers bei nützlichen Verwendungen, § 996 BGB

22. November 2024

4,8(8.074 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V ein Fahrrad. Später erfährt er, dass das Fahrrad zuvor der E gestohlen wurde. Er behält es dennoch. Kurz darauf tauscht K für 50 € den abgenutzten Sattel gegen einen nagelneuen aus.

Diesen Fall lösen 82,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Kein Verwendungsersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers bei nützlichen Verwendungen, § 996 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es bestand eine Vindikationslage.

Ja!

Die Vindikationslage setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. K konnte das Fahrrad nicht gutgläubig von V erwerben, da es der E abhandengekommen war (§ 935 Abs. 1 BGB). E war somit nach wie vor Eigentümerin. K war im Besitz des Fahrrades. Ein Besitzrecht des K ist nicht ersichtlich.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Bei dem Austausch des Sattels handelt es sich um eine notwendige Verwendung (§ 994 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Notwendige Verwendungen sind solche, die objektiv erforderlich sind, um die Sache in ihrer Substanz oder ihrer Nutzbarkeit zu erhalten. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass mit dem alten Sattel die Substanz oder die Nutzbarkeit des Fahrrades beeinträchtigt war. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Sattel für die normale Funktionsfähigkeit des Fahrrades ausreichte. Ein Austausch war damit objektiv nicht erforderlich.

3. Bei dem Austausch des Sattels handelt es sich um eine nützliche Verwendung.

Ja, in der Tat!

Nützliche Verwendungen sind solche, die nicht notwendig, aber wertsteigernd sind. Der Austausch eines abgenutzten Fahrradteils gegen ein neues verbessert das Fahrrad und führt in der Regel zu einer objektiven Wertsteigerung. Bei einem möglichen Weiterverkauf wirkt sich dies positiv auf den Kaufpreis aus. Daher handelt es sich um eine nützliche Verwendung.

4. K hat daher gegen E einen Anspruch auf Verwendungsersatz nach § 996 BGB.

Nein!

Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 996 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer nützlichen Verwendung durch den Besitzer, (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers und (4) die Werterhöhung der Sache durch die Verwendung zum Zeitpunkt der Wiedererlangung. K erfuhr noch vor der Verwendungsvornahme, dass das Fahrrad im Eigentum der E steht. Er hatte daher positive Kenntnis von seinem fehlenden Besitzrecht und war somit nach § 990 Abs. 1 S. 2 BGB bösgläubig. Eine nützliche Verwendung ist bei Bösgläubigkeit mangels Schutzbedürftigkeit nicht zu ersetzen.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tomˑ

Tomˑ

7.5.2024, 10:12:16

Dies dürfte also ein weiterer Unterschied zum Verwendungsersatz nach § 994 darstellen, da in diesem Fall selbst dem bösgläubigen Besitzer aufgrund der partiellen Rechtsgrundverweisung in die Vorschriften der GoA ggf. ein Verwendungsersatz zusteht. § 996 schützt diesen gerade nicht, sodass er selbst das Risiko dafür trägt, ob die Verwendung objektiv (nach h.M.) nützlich ist.

FalkTG

FalkTG

17.11.2024, 12:52:12

Was mit § 994 II BGB?


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen