Kein Verwendungsersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers bei nützlichen Verwendungen, § 996 BGB


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K kauft von V ein Fahrrad. Später erfährt er, dass das Fahrrad zuvor der E gestohlen wurde. Er behält es dennoch. Kurz darauf tauscht K für 50 € den abgenutzten Sattel gegen einen nagelneuen aus.

Einordnung des Falls

Kein Verwendungsersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers bei nützlichen Verwendungen, § 996 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es bestand eine Vindikationslage.

Ja!

Die Vindikationslage setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. K konnte das Fahrrad nicht gutgläubig von V erwerben, da es der E abhandengekommen war (§ 935 Abs. 1 BGB). E war somit nach wie vor Eigentümerin. K war im Besitz des Fahrrades. Ein Besitzrecht des K ist nicht ersichtlich.

2. Bei dem Austausch des Sattels handelt es sich um eine notwendige Verwendung (§ 994 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Notwendige Verwendungen sind solche, die objektiv erforderlich sind, um die Sache in ihrer Substanz oder ihrer Nutzbarkeit zu erhalten. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass mit dem alten Sattel die Substanz oder die Nutzbarkeit des Fahrrades beeinträchtigt war. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Sattel für die normale Funktionsfähigkeit des Fahrrades ausreichte. Ein Austausch war damit objektiv nicht erforderlich.

3. Bei dem Austausch des Sattels handelt es sich um eine nützliche Verwendung.

Ja, in der Tat!

Nützliche Verwendungen sind solche, die nicht notwendig, aber wertsteigernd sind. Der Austausch eines abgenutzten Fahrradteils gegen ein neues verbessert das Fahrrad und führt in der Regel zu einer objektiven Wertsteigerung. Bei einem möglichen Weiterverkauf wirkt sich dies positiv auf den Kaufpreis aus. Daher handelt es sich um eine nützliche Verwendung.

4. K hat daher gegen E einen Anspruch auf Verwendungsersatz nach § 996 BGB.

Nein!

Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 996 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer nützlichen Verwendung durch den Besitzer, (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers und (4) die Werterhöhung der Sache durch die Verwendung zum Zeitpunkt der Wiedererlangung. K erfuhr noch vor der Verwendungsvornahme, dass das Fahrrad im Eigentum der E steht. Er hatte daher positive Kenntnis von seinem fehlenden Besitzrecht und war somit nach § 990 Abs. 1 S. 2 BGB bösgläubig. Eine nützliche Verwendung ist bei Bösgläubigkeit mangels Schutzbedürftigkeit nicht zu ersetzen.

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Tomˑ

Tomˑ

7.5.2024, 10:12:16

Dies dürfte also ein weiterer Unterschied zum Verwendungsersatz nach § 994 darstellen, da in diesem Fall selbst dem bösgläubigen Besitzer aufgrund der partiellen Rechtsgrundverweisung in die Vorschriften der GoA ggf. ein Verwendungsersatz zusteht. § 996 schützt diesen gerade nicht, sodass er selbst das Risiko dafür trägt, ob die Verwendung objektiv (nach h.M.) nützlich ist.


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