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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V inseriert im Internet seinen Mercedes zum Verkauf für €11.500 (entspricht tatsächlichem Wert). K bietet einen Tausch gegen seinen VW Golf (Wert €8.000). V ärgert sich über das unrealistische Angebot, lehnt ab und sagt (scherzhaft): „Für €15 kannste ihn haben!“

Einordnung des Falls

Kein Vertragsschluss bei Scherzerklärung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Erklärung des V ist als Scherzerklärung gemäß § 118 BGB nichtig.

Ja, in der Tat!

Nach § 118 BGB ist eine Willenserklärung nichtig, wenn der Erklärende davon ausgeht, dass der andere die fehlende Ernstlichkeit der Erklärung erkennen wird. V nahm an, dass K den Scherz als solchen erkennen würde.

2. § 118 BGB setzt voraus, dass der Erklärungsempfänger (hier: K) die fehlende Ernstlichkeit erkannt hat oder hätte erkennen können.

Nein!

§ 118 BGB führt auch dann zur Nichtigkeit der Willenserklärung, wenn die fehlende Ernstlichkeit objektiv nicht erkennbar ist. § 118 BGB wird deshalb teilweise als eine „gegen den Gedanken des Verkehrsschutzes verstoßende systemwidrige Ausnahmevorschrift“ bezeichnet (Ellenberger, in: Palandt, BGB, 77.A. 2018, § 118 RdNr. 2).

3. Wenn K das Angebot ernst nimmt und mithilfe seines Anwalts den (erfolglosen) Versuch unternimmt, Übergabe und Übereignung des PKW durchzusetzen, kann er von V Ersatz der Anwaltskosten verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ist eine Willenserklärung nach § 118 BGB nichtig, muss der Erklärende nach § 122 Abs. 1 BGB dem Erklärungsempfänger den Schaden ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut („negatives Interesse“). Das gilt nach § 122 Abs. 2 BGB nicht, wenn der Beschädigte den Grund der Nichtigkeit kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen musste). Das OLG Frankfurt hielt es für jedermann (und damit auch für K) für offensichtlich, dass V in Anbetracht des Werts von €11.500 nicht für €15 verkaufen wollte. Zudem hatte V den Tausch gegen einen VW im Wert von €8.000 bereits abgelehnt.

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MO

Mona32145

29.5.2021, 13:25:37

Angenommen §122 Abs. 2 wäre nicht einschlägig. Würde der Anspruch dann trotzdem ausgeschlossen sein, weil das positive Interesse nicht die Anwaltskosten umfasst?

Tigerwitsch

Tigerwitsch

29.5.2021, 14:43:34

Der Anspruch aus § 122 Abs. 1 BGB richtet sich nach dem sog. negativen Interesse (gedeckt durch das positive Interesse, § 122 Abs. 1 2.HS BGB). V hat den K vermögensrechtlich so zu stellen, wie dieser stünde, wenn er nicht darauf vertraut hätte, mit V einen gültigen Kaufvertrag geschlossen zu haben (Ersatz des Vertrauensschadens). In diesem Fall hätte K das Angebot des V angenommen und kein Geld für einen Rechtsanwalt ausgegeben. Insofern sind mE die RA-Kosten dem Grunde nach ersatzfähig. Ggf. könnte man mE - unabhängig vom § 122 Abs. 2 BGB - überlegen, ob ggf. der SE gemindert wäre, da die

Übereignung

von vorneherein aussichtslos gewesen wäre (darüber hätte der RA den K aufklären müssen). Ferner könnte man uU noch c.i.c. andenken - welche aber wohl am Verschulden des V scheitern würde, denke ich.

QUIG

QuiGonTim

13.2.2022, 22:58:52

Liebes Jurafuchs-Team, die Scherzerklärung gerade in Verbindung mit einer Anfechtung hat ja hier schon für einige, teils verwirrende Diskussionen gesorgt. Aus meiner Sicht liegt das Hauptproblem bei einer unterschiedlichen Bewertung eines potentiellen Erklärungsbewusstseins und des Kennenmüssens im Sinne des 122 Abs. 2 BGB. In beiden Fällen wird auf eine objektive Ernstlichkeit abgestellt. Wie kann es dabei zu verschiedenen Ergebnissen kommen? Sind möglicherweise unterschiedliche Maßstäbe anzuwenden? Für eine Antwort wäre ich (und wahrscheinlich auch viele andere) euch sehr dankbar. :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.2.2022, 10:48:03

Vielen Dank für Deinen Hinweis, QuiGonTim! Wir haben die Aufgabe hier noch einmal überarbeitet, denn in der Tat fehlt es hier bereits an dem objektiven Tatbestand einer Willenserklärung, da für den Empfänger objektiv erkennbar war, dass es sich um einen Scherz handelt und gerade kein Rechtsbindungswillen des Erklärenden vorgelegen hat. Die Maßstäbe sind insofern identisch. Auch wenn es bereits an dem objektiven Tatbestand einer Willenserklärung fehlt soll § 118 BGB indes anwendbar sein (vgl. Rehberg, in: BeckOGK, BGB, § 118 RdNr. 11). Streng genommen besteht hierfür zwar eigentlich kein Bedarf. Denn wenn es schon objektiv an einer Willenserklärung fehlt, dann gibt es keinen Anknüpfungspunkt für eine Leistungs-/Schadensersatzpflicht des Erklärenden. Dass in der Praxis trotzdem auf § 118 BGB und § 122 Abs. 2 BGB zurückgegriffen wird, verdeutlicht hier das Urteil des OLG Frankfurt. Seine eigentliche Relevanz entfaltet § 118 BGB dagegen in den Fällen, in denen objektiv NICHT erkennbar ist, dass es sich um eine bloße Scherzerklärung handelt. Kann der Erklärende den Nachweis führen, dass es sich nur um einen Scherz handeln sollte, so ist diese zwar nichtig. Er ist dem Empfänger aber dann nach § 122 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig. Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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