Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2021
Sachmangel eines Grundstücks und Schadensersatz für Wohnungswechsel wegen schikanösen Verhaltens des Nachbarn?
Sachmangel eines Grundstücks und Schadensersatz für Wohnungswechsel wegen schikanösen Verhaltens des Nachbarn?
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V veräußert ihr Nachbargrundstück an E. Nach Einzug droht der mit V wohnende S dem E wiederholt mit seinem Tode. Dass gegen S vor fünf Jahren wegen Stalkings eines Nachbarn eine einstweilige Verfügung erwirkt wurde, hatte V verschwiegen. E verkauft das Grundstück und verlangt Schadensersatz.
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Einordnung des Falls
Sachmangel eines Grundstücks und Schadensersatz für Wohnungswechsel wegen schikanösen Verhaltens des Nachbarn?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das schikanöse Verhalten des S stellt einen Sachmangel des veräußerten Grundstücks dar (§§ 434f. BGB), sodass E von V Schadensersatz verlangen kann (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. V hat durch das Verschweigen von S' strafrechtlicher Vergangenheit eine Aufklärungspflicht verletzt, sodass E von V Schadensersatz verlangen kann (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB).
Nein!
3. E könnte gegen S ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen, wenn S' schikanöses Verhalten ein Schutzgesetz verletzt hat (§ 823 Abs. 2 BGB).
Genau, so ist das!
4. § 238 Abs. 1 StGB stellt ein Schutzgesetz dar (§ 823 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
5. S hat das Schutzgesetz des § 238 Abs. 1 StGB verletzt.
Ja!
6. Der haftungsbegründende Tatbestand des §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 238 Abs. 1 StGB ist erfüllt.
Genau, so ist das!
7. Kann E von S die Umzugskosten sowie die beim Erwerb eines neuen Eigenheims anfallenden Nebenkosten (Notarkosten und Grunderwerbsteuer) ersetzt verlangen (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 238 Abs. 1 StGB)?
Ja, in der Tat!
8. Kann E von S den Mindererlös ersetzt verlangen, der dadurch entsteht, dass E den Neuerwerber des Grundstücks über den schikanösen Nachbarn S aufklärt (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 238 Abs. 1 StGB)?
Nein!
9. Ist § 241 StGB ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB)?
Genau, so ist das!
10. S hat das Schutzgesetz des § 241 Abs. 2 StGB verletzt.
Ja, in der Tat!
11. Kann E die Umzugskosten sowie die beim Erwerb eines neuen Eigenheims anfallenden Nebenkosten (Notarkosten und Grunderwerbsteuer) ersetzt verlangen (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 241 StGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Der Paragraf
21.4.2022, 11:39:55
Ist es einer der Zwecke des Adhäsionsverfahrens (§§ 403 ff. StPO), der fehlenden Bindung nach § 17 GVG zu begegnen?
Lukas_Mengestu
21.4.2022, 14:36:59
Hallo Der Paragraf, im Vordergrund stehen dabei in erster Linie prozessökonomische Erwägungen (vgl. Grau, in: MüKo-StPO, 2019, § 403 RdNr. 1). Wenn die Ansprüche des Verletzten bereits im Strafverfahren geltend gemacht werden können, bedarf es nicht des Führens eines gesonderten Zivilprozesses. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Bienenschwarmverfolger
2.5.2022, 09:56:35
Ich würde noch versuchen, S wegen des Mindererlöses irgendwie über
§ 826 BGBranzukriegen. Die die „Wiederaufnahme“ des Stalkings durch S wird sich ja
tatsächlich der Verkehrswert des Grundstücks verringert haben. Aber ist vermutlich sehr schwierig, S insoweit Schädigungs
vorsatznachzuweisen.
Lukas_Mengestu
3.5.2022, 14:45:11
Hi Bienenschwarmverfolger, die Hürden für diesen Anspruch liegen in der
Tatrecht hoch, weswegen dies im Ergebnis wohl wenig Aussicht auf Erfolg verspricht. Im vorliegenden Fall hat der BGH diesen Anspruch noch nicht einmal angeprüft. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Roman
10.8.2023, 13:05:37
Super aufbereiteter Fall! Ich wollte nur Fragen ob die Definition der
Drohungso vollständig ist wie wiedergegeben oder es ergänzt werden müsste um ,… auf das der Drohende Einfluss zu haben vorgibt .. Vielen Dank !
Steinfan
21.2.2024, 14:59:17
Liebes Jurafuchs-Team, § 238 StGB als Schutzgesetz müsste hier an die neue Fassung angepasst werden. Es entfällt unter anderem „beharrlich“ und „schwerwiegend“. An deren Stelle treten „wiederholt“ und „nicht
unerheblich“. LG