Schönheitsreparaturklauseln in AGB, starre Fristen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V vermietet eine renovierte Wohnung an M für monatlich €500. In dem Formularmietvertrag steht in § 3 der AGB, dass der Mieter Malerarbeiten an Wänden und Decken in Küche und Bad alle drei Jahre vorzunehmen hat. § 4 der AGB sieht vor, dass Wohn- und Schlafzimmer in der Regel alle fünf Jahre gestrichen werden sollen, wenn dies aufgrund der Abnutzung erforderlich ist.
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Einordnung des Falls
Schönheitsreparaturklauseln in AGB, starre Fristen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V kann von M alle drei Jahre Malerarbeiten an Wänden und Decken verlangen.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. V kann von M das Streichen von Wohn- und Schlafzimmer verlangen, wenn dies aufgrund der Abnutzung erforderlich ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. M kann von V die Vornahme von Schönheitsreparaturen verlangen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Nebenbesitzer einer Fräsmaschine
22.6.2021, 22:02:15
Hallo, bei der zweiten Antwort wurde "Mieter" und "Vermieter" wohl aus Versehen vertauscht.
Lukas_Mengestu
23.6.2021, 17:28:35
Hallo Nebenbesitzer, der "Tausch" der Parteien in der letzten Frage ist bewusst erfolgt, um zu verdeutlichen, welche praktischen Konsequenzen eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel hat. Denn hierdurch tritt der gesetzliche Regelfall wieder in Kraft, wonach eben der Vermieter zur Instandhaltung verpflichtet ist und der Mieter einen entsprechenden Anspruch hat. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
frausummer
19.1.2023, 14:02:28
Eine Sache habe ich mich dazu immer gefragt: anstatt die Klauseln gesondert in AGB zu packen, könnte man diese doch auch einfach normal in den Vertragstext einpflegen. Wäre damit nicht das Problem der AGB Prüfung für die Vermieterin umgangen und sie könnte, auch angesichts des bescheidenen Wohnungsmarkts für Mietende, so einfach Schönheitsreparaturen in dem Turnus wie sie diese gerne ausgeführt hätte, verlangen?
Nora Mommsen
25.1.2023, 15:25:17
Hallo frausummer, eine AGB Prüfung enthält immer den vorgelagerten Schritt das Vorliegen von AGB zu prüfen. Dabei ist nicht die konkrete Form des Vertrags oder der Einbinung entscheidend, sondern ob es sich um einen Vertragsbestandteil handelt, der für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurde - über den keine echten (!) Verhandlungen stattgefunden haben. Dabei könnte die Vermietern auch jedes Mal aus dem Gedächtnis die Klauseln rezitieren und im Beisein des Mieters niederschreiben. Dies ändert nichts an der AGB Qualität, wenn diese die sonstigen Kriterien erfüllen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
frausummer
25.1.2023, 15:30:01
Danke für die Antwort. Gestattet mir eine Nachfrage: in der Praxis läuft es doch damit darauf hinaus, dass der gesamte Vertrag meist einer AGB Prüfung unterliegen wird, da Vermietende wohl kaum für jeden einzelnen Mietenden einen individuellen Vertrag aufsetzen werden. (Was sollte man da auch ständig unterschiedliches reinschreiben?) Letztlich ist dann aber die Mietende dafür verantwortlich dem Vermieter nachzuweisen, dass es sich hierbei um AGB handelt und diese unwirksam sind, richtig?
Timurso
24.7.2024, 19:09:15
@[frausummer](134011) Bezüglich des Vorliegens von AGB ist der Verbraucher in der Beweislast, ja. Er hat allerdings die Erleichterungen des § 310 III Nr. 1 und 2 BGB. Er muss also de facto nur nachweisen, dass die Regelungen vorformuliert waren. Die Unwirksamkeit der Klausel ist dagegen eine Rechtsfrage, die keines Nachweises im eigentlichen Sinne bedarf. Sie wird im Zweifel vom Gericht von sich aus beurteilt.
RealOmnimodo 🇺🇦
22.8.2023, 08:43:04
Habe ich das richtig verstanden, dass § 4 AGB an sich wirksam wäre, aber im Zusammenspiel mit § 3 AGB unwirksam ist? Wo ist das zu erörtern? Im Rahmen der unangemessenen Benachteiligung iSv § 307 I, II? Und reicht die Begründung mit der einheitlichen Rechtspflicht aus?
Leo Lee
23.8.2023, 10:50:01
Hallo RealOmnimodo, genauso ist es! Prüfen würdest du es dann unter Inhaltskontrolle --> (und dort nach §§ 309, 308 BGB) beim § 307 BGB. Zu der Frage mit der Begründung: Meiner Erfahrung nach reicht es in Klausuren aus (wenn das Thema mal rankommen sollte), wenn du das so wie im Erklärungstext darstellst. Weitergehende Kenntnisse im Mietrecht i.V.m. AGB-Recht wird in Klausuren i.d.R. nicht erwartet (außer in bestimmten Schwerpunktbereichen natürlich) :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Sophiechen.2002
4.9.2023, 08:50:10
In der Frage, ob V von M die Streichung des Schlafzimmers aufgrund von Abnutzung verlangen kann wird noch kein Bezug auf die 5-Jahres-Klausel genommen, sodass es wie eine viel genereller gestellte Frage klingt.
Steinfan
22.4.2024, 12:46:40
In der Literatur hat sich für diese Konstellation der Begriff der „Infizierung“ bzw. „Gesamtinfektion“ oder „Infektionseffekt“ etabliert. Da ich finde, dass dieser Begriff einprägsam ist und das Problem gut veranschaulicht (eignet sich auch gut als Zwischenüberschrift im Gutachten), könnte man den Begriff in der Lösung einbringen. Der Begriff ist z.B. auch im ÖR bekannt; Stichwort „Infizierung“ des VA durch rechtswidrige Nebenbestimmung. LG
Nora Mommsen
22.4.2024, 17:44:49
Danke dir Steinfan! Das haben wir ergänzt. Der Begriff ist ja eine durchaus prägnante Merkhilfe. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Laly
24.7.2024, 15:44:38
Gibt es nicht, um genau so etwas zu verhindern, die salvatorische Klausel?
Timurso
24.7.2024, 19:00:10
Nein, salvatorische Klauseln sind lediglich deklaratorisch, da sie nur anordnen, was § 306 I BGB ohnehin besagt. Die Gesamtinfektion kann damit nicht umgangen werden. Der Verwender der AGB soll ja gerade nicht durch besonders findige Formulierung der AGB weniger Risiken haben, hier also durch Aufspaltung in mehrere Klauseln. Dieses Ziel wäre nicht erreichbar, wenn er selbst durch eine weitere Klausel die Gesamtinfektion abbedingen könnte.
Laly
24.7.2024, 19:23:09
Danke :)
recht.nachvollziehbar
28.8.2024, 15:44:50
Liebe Jurafuchs-Team, müsste bei der letzten Frage, ob die Schönheitsreparaturen durch den Mieter durchzuführen sind, die Antwort nicht „nein“ lauten? Schließlich wurde zuvor festgestellt, dass die vom Vermieter verwendete AGB in diesem Fall unwirksam ist. Mir wurde jedoch angezeigt, dass meine Antwort „nein“ falsch sei. Auch eure Erklärung scheint mir zu bestätigen, dass meine Antwort korrekt war. Vielen Dank im Voraus und liebe Grüße!
Natze
29.8.2024, 19:41:51
Das ist eine Fangfrage. Die Aussage war, ob der Mieter M von Vermieter V die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen kann. Bin auch drauf reingefallen 🤓