Herausgabeanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs.1 BGB
25. April 2025
19 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B ist berechtigter Besitzer eines fremden Autos. D stiehlt es. 14 Monate später verlangt B das Auto von D heraus.
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Einordnung des Falls
Herausgabeanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs.1 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. D hat B den Besitz am Auto mit verbotener Eigenmacht entzogen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Jede Art von Besitz ist als "sonstiges Recht" (§ 823 Abs. 1 BGB) deliktisch geschützt.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Der berechtigte Besitz des B ist als "sonstiges Recht" (§ 823 Abs. 1 BGB) deliktisch geschützt.
Ja!
4. § 823 Abs. 1 BGB erfasst als taugliche Verletzungshandlung nur aktives Tun.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. D hat in den berechtigten Besitz als "sonstiges Recht" (§ 823 Abs. 1 BGB) des B eingegriffen, indem er das Auto gestohlen hat, und damit eine unerlaubte Handlung begangen.
Ja, in der Tat!
6. Aus § 823 Abs. 1 BGB kann B nur Ersatz für den Verlust des Autos verlangen, nicht jedoch Herausgabe des Autos.
Nein!
7. Zwischen § 861 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 1 BGB besteht freie Anspruchskonkurrenz.
Genau, so ist das!
8. B hat einen Anspruch gegen D auf Herausgabe des Autos aus §§ 823 Abs. 2, 249 Abs. 1 i.V.m. § 858 BGB bzw. § 242 Abs. 1 StGB.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dominic
28.7.2023, 22:25:42
Die eine Antwort hat impliziert, dass nur der berechtigte B
esitzer den Schutz aus
§ 861 BGBgeltend machen kann. Aber stimmt das so? Genießt nicht auch der unberechtigte B
esitzer (solange sein B
esitz nicht fehlerhaft ist) den Schutz des
§ 861 BGB?

Lukas_Mengestu
31.7.2023, 18:13:16
Hallo Dominic, lieben Dank für den Hinweis! Das war in der Tat etwas missverständlich. Bei den §§ 854 ff. BGB knüpft man in der Tat allein an das tatsächliche Herrschaftsverhältnis an, sodass auch der unrechtmäßige B
esitz geschützt ist. Selbstjustiz soll grundsätzlich vermieden werden (Ausnahmen: §§ 859 ff. BGB). Das haben wir präzisiert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

paulmachtexamen
24.3.2024, 22:58:17
Liebe Jurafüchse, kann man im Examen mit der hM gehen und behaupten, dass nur der berechtigte B
esitz von 823 I geschützt wird? Oder muss man argumentieren, warum man der Ansicht von Medicus nicht folgt?
P K
26.3.2024, 12:42:38
Der Korrektor kennt die Auffassung vom Medicus im Zweifel nicht. Es reicht absolut aus, wenn du allgemein thematisierst, ob und unter welchen Voraussetzungen der B
esitz ein sonstiges Recht ist und ein kurzes Argument dafür bringst.
Leo Lee
29.3.2024, 03:16:08
Hallo paulmachtexamen, wie P K bereits zu Recht anmerkt, ist es in der Klausur nicht nötig, bestimmte Autoren einer Meinung zu erwähnen (bspw. „Medicus sagt…“); dies wird sogar meinem Eindruck nach NICHT erwünscht (denn im Gutachten müssen wir so tun, als hätten wir diese Meinungen selbst erfunden – insofern etwas Selbstbetrug ;)). Mithin reicht es aus, dass du hier zwar die Gegenansicht erwähnst, jedoch unter Verweis auf ein Gegenargument diese Ansicht ablehnst und mit der h.M. (nicht „h.M.“ erwähnen) gehst :). Wichtig ist: Nicht „h.M.“/“h.L.“/“BGH“ o.Ä. erwähnen! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

paulmachtexamen
29.3.2024, 11:55:42
Oh super, vielen Dank euch beiden! So oft wie man die Ansicht „hM“/„BGH“ liest - und das auch oft sogar in den Lehrbüchern der Professoren - bekommt man den Eindruck, man müsse das dann auch so im Examen aufzeigen. Aber jetzt weiß ich Bescheid! 😎
Wolli
7.5.2024, 18:15:46
Problematisch erscheint mir, dass ihr hier auf §§242, 249 als verletzte
Schutzgesetze abstellt. Diese Normen sind zweifelsohne
Schutzgesetze, die der Dieb auch verletzt. Der Anspruchsteller muss aber auch vom persönlichen Schutzbereich der Normen erfasst werden. Hier prüft ihr Eigentumsdelikte an. Eigentumsdelikte schützen den Eigentümer. Ob auch der berechtigte B
esitzer vom Schutzbereich erfasst ist würde ich in der Klausur zumindest intensivst diskutieren, wenn nicht sogar ablehnen.

Paulah
12.5.2024, 08:28:22
In der Aufgabe wird vorher diskutiert, warum der berechtigte B
esitz den
Eigentumsrechten gleichgestellt wird: "Sonstige Rechte" (§ 823 Abs. 1 BGB) können nur solche Rechte sein, die mit dem
Eigentumsrechtvergleichbar sind. Daher muss es dem Inhaber eine ausschließliche, von jedermann zu beachtende Position einräumen (Ausschluss- und Nutzungsbefugnis). Damit soll eine Ausuferung der deliktischen Haftung vermieden werden. Diese Kriterien sind nach hM beim berechtigten B
esitz erfüllt. Der B
esitzer hat aus seinem B
esitzrecht und dem
Besitzschutznach §§ 861f. BGB. eigentumsähnliche Nutzungs- und Abwehrbefugnisse gegenüber Dritten." In einem anderen Thread zu dieser Aufgabe gibt es auch etwas dazu, ob man die h. M. und die Mindermeinung von Medicus in der Klausur diskutieren sollte oder nicht.

Falsus Prokuristor
27.5.2024, 23:32:31
@[Wolli](208773) Zweifelsohne bezweckt
§ 242StGB, den Individualschutz des Eigentümers. In der Klausur würde ich das neben der Einordnung als Eigentumsdelikt zusätzlich auch am Tatbestandsmerkmal der Fremdheit festmachen, welche sich aus der zivil
rechtlichen Eigentumslage ergibt. Das Argument finde ich noch überzeugender als die bloße Behauptung, der Diebstahl sei ein Eigentumsdelikte, auch wenn das natürlich stimmt. Hinsichtlich des hier vorliegenden Falles, dass der B
esitzer einen Anspruch aus §
823 IIgeltend macht, würde ich den Schutz daraus ableiten, dass das Opfer des Diebstahls der Gewahrsamsinhaber ist. Sofern also zivil
rechtliche Sachherrschaft und die Gewahrsam im Sinne des Strafrechts übereinstimmen (das dürfte eigentlich immer der Fall sein?), würde ich den Anspruchsteller als vom Schutzbereich erfasst ansehen. 
JJO
22.7.2024, 13:40:04
Es ist umstritten, ob §
858 BGBein
Schutzgesetzi.S.v.
§ 823 II BGBist. Diejenigen, die in § 823 I BGB nur den berechtigten B
esitz als geschützt ansehen, verneinen konsequenterweise die
Schutzgesetzeigenschaft des §
858 BGB, da sonst bei § 823 I BGB gefundene Ergebnis im Rahmen des
§ 823 II BGBumgangen wird. Es wäre toll, wenn der Streit hier zumindest erwähnt werden würde.
Lyrebird
14.4.2025, 08:34:21
823 I regelt selbst den Verschuldensmaß „wer fahrlässig oder
vorsätzlich“ -> beim Verschulden MUSS also 823 I zitiert werden. Wirklich gänzlich falsch ist ein Zitat von 276 Abs. 1 BGB (dafür kann man sogar als Systemfehler durch eine Klausur fallen) - hierfür wäre nämlich ein bereits vorhandenes Schuldverhältnis erforderlich! Das gibt es beim Deliktsrecht noch nicht, denn erst durch die Prüfung des 823 I wird das gesetzliche Schuldverhältnis des Delikts begründet. Hier handelte der Beteiligte
vorsätzlich, 823 I ist erfüllt. Allenfalls darf man die Legaldefinition der Fahrlässigkeit aus 276 Abs. 2 im Rahmen des 823 zitieren (dann bleibt der Maßstab trotzdem der des 823 I
Vorsatzoder Fahrlässigkeit). hier die Passage: „Die Rechtsgutsverletzung liegt im Entzug des berechtigten B
esitzes, welche D durch
aktives Tunbeging. Das aktive Tun war auch kausal für die Rechtsgutsverletzung. Die
Rechtswidrigkeit gilt als indiziert. Auch das Verschulden liegt vor, da D
vorsätzlichhandelte (§ 276 Abs. 1 BGB).“

ajboby90
21.4.2025, 17:18:14
Hallo, mich verwirrt grade, dass 1007 i hier nicht genannt wird. Der würde durchgehen, richtig?