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Gartenbauer G findet bei Arbeiten auf einem Friedhof eine vergrabene Box voller Münzen (Prägejahr 2020). Weitere Boxen findet er in Bodenaushub, den Gs Arbeitgeber bereits auf sein Betriebsgelände verbracht hat. G übergibt alle Gegenstände der Fundbehörde. Der Eigentümer meldet sich nicht.

Einordnung des Falls

Der Goldschatz von Dinklage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 14 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G kann von der Fundbehörde Herausgabe der Goldmünzen verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 985 BGB vorliegen.

Genau, so ist das!

Der Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) setzt voraus, dass der Anspruchsteller Eigentümer der Sache ist und dass der Anspruchsgegner Besitzer der Sache ist und kein Recht zum Besitz hat. G hat einen Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) gegen die Fundbehörde, wenn (1) er Eigentümer der Münzen ist, (2) die Fundbehörde Besitzerin ist und ihr (3) kein Recht zum Besitz an den Münzen zusteht.

2. Ein Finder erwirbt das Eigentum an einer Sache, wenn sich innerhalb von 6 Monaten nach der Anzeige des Fundes kein Berechtigter meldet oder dem Finder bekannt wird.

Ja, in der Tat!

Das ergibt sich aus § 973 Abs. 1 BGB, der den Eigentumserwerb des Finders regelt. Voraussetzung für den Eigentumserwerb des Finders ist weiter, dass ein Fund im Sinne des § 965 BGB vorliegt. Gegenstand des Fundrechts sind verlorene Sachen. Das sind nur Sachen, die nicht (mehr) im Besitz eines Dritten stehen. Der Besitz endet, wenn der bisherige Besitzer die Gewalt über die Sache aufgibt oder sonst verliert (§ 856 Abs. 1 BGB). Ein nur vorübergehender Verlust der Sachgewalt genügt nicht (§ 856 Abs. 2 BGB).

3. G ist Finder der Goldmünzen auf dem Friedhof gemäß § 965 Abs. 1 BGB.

Nein!

OLG: Dass die Boxen vergraben waren, spreche dafür, dass der Vorbesitzer sie bewusst versteckt habe. Das junge Prägedatum deute darauf hin, dass dies erst kürzlich geschehen sei. Es sei davon auszugehen, dass dem Vorbesitzer der Belegenheitsort zum Zeitpunkt des Auffindens noch bekannt war, sodass er seinen Besitz bis zur Bergung durch G behalten habe (RdNr. 17ff.).

4. G ist Finder der Goldmünzen, die in Bodenaushub vom Friedhof schon auf das Betriebsgelände seines Arbeitgebers verbracht worden waren und die er dort auffand.

Nein, das ist nicht der Fall!

OLG: Zwar sei der Besitz des ursprünglichen Besitzers in dem Moment erloschen, in dem das Gartenbauunternehmen die Münzen (unbemerkt) in Bodenaushub vom Friedhof auf sein Betriebsgelände verbracht habe. Allerdings sei das Betriebsgelände nach der Verkehrsanschauung ein genereller Herrschaftsbereich, über den das Unternehmen einen generellen Besitzerwerbswillen ausübe. Das Unternehmen habe deshalb eigenen Besitz an den Münzen begründet, sodass auch die Münzen auf dem Betriebsgelände zum Zeitpunkt des Auffindens durch G nicht besitzlos gewesen seien (RdNr. 21).

5. G ist aber gemäß § 958 Abs. 1 BGB Eigentümer geworden, indem er die herrenlosen Münzen in Eigenbesitz genommen hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 958 Abs. 1 BGB erwirbt derjenige, der eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, das Eigentum an der Sache. Herrenlos sind Sachen, an denen Eigentum noch nie bestanden hat oder deren Eigentum aufgegeben oder sonst erloschen ist. OLG: Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der bisherige Eigentümer das Eigentum an den Münzen habe aufgeben wollen. Im Gegenteil weise der beträchtliche Wert der Münzen ebenso wie die Umstände des Auffindens darauf hin, dass der bisherige Eigentümer sein Eigentum behalten und Dritten gerade nicht preisgeben wollte (RdNr. 23).

6. G hat zumindest hälftiges Eigentum an den Münzen erworben, da es sich um einen Schatzfund gemäß § 984 BGB handelt.

Nein!

§ 984 BGB ermöglicht den Eigentumserwerb an Sachen, die so lange verborgen gelegen haben, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist. Wer diese Sachen infolge der Entdeckung in Besitz nimmt, wird hälftiger Eigentümer. Die andere Hälfte des Eigentums erwirbt derjenige, in dessen Sache (i.d.R. ein Grundstück) der Schatz verborgen war. OLG: Zwar sei der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln. Angesichts des jungen Prägedatums stehe aber fest, dass dies gerade nicht auf eine lange Zeitdauer des „Verborgenseins“, sondern auf letztlich unbekannte Umstände zurückzuführen sei (RdNr. 24).

7. Die besonderen Umstände des Auffindens gebieten eine analoge Anwendung des Eigentumserwerbs des Finders nach § 973 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

OLG: Hiergegen spreche der numerus clausus der Sachenrechte. Darüber hinaus liege aber auch keine für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke vor. Bei verlorenen Sachen sei nach dem Ablauf von sechs Monaten nicht mehr damit zu rechnen, dass sich der Berechtigte noch melde. Die daraus folgende tatsächliche Herrenlosigkeit einer Sache solle das Fundrecht überwinden. Dieser Gedanke sei auf versteckte Sachen nicht übertragbar, da hier der Berechtigte den Belegenheitsort der Sache kenne. Deshalb nehme die Wahrscheinlichkeit, dass Berechtigter und Besitz zusammengeführt werden können, mit fortschreitendem Zeitablauf gerade nicht ab (RdNr. 25).

8. Auch die analoge Anwendung der Vorschriften über den Schatzfund (§ 984 BGB) ist abzulehnen.

Ja, in der Tat!

OLG: Auch insoweit bestehe keine planwidrige Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe bewusst kein „allgemeines Okkupationsrecht“ für Schätze vorgesehen. Der sofortige Eigentumserwerb beim Schatzfund knüpfe daran an, dass die Sache so lange verborgen gelegen habe, dass die Rückführung an den Eigentümer von vornherein ausgeschlossen erscheine. Bei erst kürzlich versteckten Sachen sei aber im Gegenteil damit zu rechnen, dass der Eigentümer noch ausfindig gemacht werden könne (RdNr. 26).

9. Der zwischen G und der Fundbehörde konkludent vereinbarte Zweck, die Münzen dem Eigentümer herauszugeben, ist gescheitert. G kann deshalb Herausgabe verlangen (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB).

Nein!

Die Zweckverfehlungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) setzt voraus, dass sich Leistender und Leistungsempfänger tatsächlich über einen bestimmten Zweck der Leistung geeinigt haben. OLG: G habe die Übergabe der Münzen nicht davon abhängig gemacht, dass diese dem Berechtigten ausgehändigt würden. Auch die Fundbehörde habe einen solchen Zweck bei ihrer Entgegennahme nicht konkludent erklärt. Die Zweckverfehlungskondiktion sei daher nicht anwendbar (RdNr. 29). Es erscheint überdies schon zweifelhaft, ob G den Besitz an den Münzen überhaupt an die Behörde im bereicherungsrechtlichen Sinn geleistet hat.

10. G kann zwar keine Herausgabe der Münzen verlangen. Gemäß § 971 Abs. 1 BGB steht ihm aber ein Finderlohn zu.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Entstehung des Anspruchs auf Finderlohn gemäß § 971 Abs. 1 BGB erfordert, dass ein Fund im Sinne der §§ 965ff. BGB vorliegt. Außerdem muss der Empfangsberechtigte die Sache zurückerhalten haben. G ist, wie bereits festgestellt, nicht Finder der Münzen im Sinne des Fundrechts. Außerdem hat sich der Empfangsberechtigte nicht gemeldet. Ein Anspruch auf Finderlohn scheidet deshalb aus. Das OLG hat auch die analoge Anwendung des § 971 Abs. 1 BGB mit denselben Argumenten verneint, mit denen es auch die analoge Anwendung des Eigentumserwerbs nach § 973 Abs. 1 BGB abgelehnt hat (RdNr. 33).

11. Die Fundbehörde darf die Münzen verwerten, wenn sie den Fund öffentlich bekanntmacht, dem Berechtigten eine Frist zur Anmeldung seiner Rechte setzt und diese Frist fruchtlos verstreicht.

Ja, in der Tat!

Das folgt aus §§ 983, 979 Abs. 1, 980 Abs. 1 BGB: Der Behörde ist der Empfangsberechtigte unbekannt, sodass es sich um eine unanbringliche Sache handelt (§ 983 BGB). Gemäß § 983 BGB finden die §§ 979-982 BGB in diesem Fall entsprechende Anwendung. Deshalb darf die Behörde dem Berechtigten eine Frist zur Anmeldung seiner Rechte setzen und die Münzen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist versteigern lassen (§§ 979 Abs. 1, 980 Abs. 1 BGB).

12. Lässt die Fundbehörde die Münzen gemäß §§ 983, 979, 980 BGB versteigern, kann G gemäß § 978 Abs. 3 BGB einen Teil des Erlöses als Finderlohn verlangen.

Nein!

Der Anspruch auf Finderlohn gemäß § 978 Abs. 3 BGB setzt voraus, dass eine Sache versteigert wurde, die gemäß § 978 Abs. 1 BGB der Finder zuvor in den Geschäftsräumen oder den Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsanstalt gefunden und an die zuständige Behörde abgeliefert hat. § 978 Abs. 3 BGB ist hier nicht anwendbar, da G die Münzen nicht in den Geschäftsräumen oder Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde oder Verkehrsanstalt gefunden hat (§ 978 Abs. 1 BGB). § 983 BGB, der hier anwendbar ist, verweist auf die §§ 979-982 BGB, nicht jedoch auf § 978 Abs. 3 BGB.

13. Allerdings kann G analog § 978 Abs. 3 BGB nach der Versteigerung der Münzen durch die Fundbehörde einen Teil des Erlöses als Finderlohn verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

OLG: Ausweislich der Gesetzesbegründung diene § 978 Abs. 3 BGB nur dazu, den Findern von Sachen in Behördengeschäftsräumen einen zusätzlichen Anreiz zu geben, diese abzuliefern. Der Gesetzgeber habe aber gerade keinen allgemeinen Anspruch auf Finderlohn schaffen wollen, soweit unanbringliche Sachen gemäß § 983 BGB versteigert würden (RdNr. 36).

14. G hat keine Ansprüche. Versteigert die Behörde die Münzen, darf ihr Rechtsträger den Erlös vollständig behalten, wenn sich der Berechtigte nach drei Jahren nicht gemeldet hat.

Ja, in der Tat!

Das ist die bittere Realität für G. Versteigert die Behörde die Münzen und sind seit dem Ablauf der Frist zur Anmeldung von Ansprüchen durch den Berechtigten drei Jahre verstrichen, fällt der gesamte Versteigerungserlös ihrem Rechtsträger (hier wohl der Gemeinde) zu (§§ 983, 981 Abs. 1 BGB). Damit war auch das OLG offenbar unzufrieden und hat es sich nicht nehmen lassen, am Ende des Beschlusses den Gesetzgeber für seine Gesetzgebung (RdNr. 47) und die Fundbehörde für ihren Geiz (RdNr. 48) zu tadeln.

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