Formzwang des § 311b Abs. 1 BGB bzgl. Nebenabreden


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V verkauft an K in notarieller Urkunde ein Grundstück. Mündlich vereinbaren V und K, ohne dies zu beurkunden, eine Grundstücksfläche von 1.000 m² (Nebenabrede). V überträgt K das Eigentum am Grundstück (Auflassung und Eintragung, §§ 873, 925 BGB).

Einordnung des Falls

Formzwang des § 311b Abs. 1 BGB bzgl. Nebenabreden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Nebenabrede über die Größe des Grundstücks ist formnichtig (§ 311b Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Sinn und Zweck des gesetzlichen Formzwangs ist neben einem Schutz vor Übereilung beider Parteien auch die Beweissicherung. Beweissicherung durch notariellen Formzwang wird nur gewährleistet, wenn der gesamte Vertrag - einschließlich aller Nebenabreden - beurkundet ist. Sofern eine Nebenabrede, wie hier die Größe des Grundstücks, nicht beurkundet ist, ist diese nach §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB nichtig.

2. Der Kaufvertrag ist insgesamt formnichtig, weil die Vereinbarung über die Grundstücksfläche nicht beurkundet ist (§§ 139, 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB).

Nein!

Grundstückskaufverträge müssen einschließlich aller Nebenabreden notariell beurkundet werden (§ 311b Abs. 1 S. 1 BGB). Wenn eine Abrede nicht beurkundet wurde, so ist der Vertrag im Zweifel gesamtnichtig (§ 139 BGB). Die Parteien wollen in der Regel jedoch keinen Vertrag schließen, der wegen Nichtbeurkundung von Nebenabreden nichtig ist. Zumal sie sich nicht darauf verlassen können, dass die an sich mögliche Heilung des Formmangels eintritt (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB). Auf eine Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Nebenabreden kommt es daher nicht an.

3. Die formnichtige Nebenabrede wurde durch Auflassung und Eintragung des K im Grundbuch geheilt (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Die Heilung eines formnichtige Grundstückkaufvertrages (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB) erfolgt dadurch, dass die Parteien die Auflassung erklären und die Eintragung des neuen Eigentümers ins Grundbuch erfolgt (§§ 873, 925 BGB). Die Heilung bezieht sich auf den gesamten Vertrag und damit auch auf die Nebenabreden. Auflassung und Eintragung des K ins Grundbuch sind erfolgt. Somit ist die Vereinbarung über die Größe des Grundstücks geheilt und damit wirksam.

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MAR

Marlie

6.2.2023, 16:22:17

Habe ich es richtig verstanden, dass bei allen Formvorschriften die Nebenabreden mit vom

Formzwang

erfasst sind? Außerdem frage ich mich noch, ob eine formbedürftige Nebenabrede, bei welcher die nicht gewahrte Form geheilt worden ist, einen Sachmangel begründen könnte? Also z.B., wenn das Grundstück in dem Fall statt der vereinbarten 1000m2 nur 600m2 hat?

RAP

Raphaeljura

26.6.2023, 11:41:33

Wenn man dadurch den Notarzwang aushebeln kann, dann birgt das ja grundsätzlich die Möglichkeit diese Gebühren zu sparen. Dann könnte das ja jeder so anwenden?

Dogu

Dogu

2.11.2023, 09:23:58

Meine Gedanken als sachenrechtlicher Laie dazu: Dann hast Du aber bis zur Eigentumsübertragung keinen Anspruch. Für den Käufer sehr unschön, da der Verkäufer in einer solchen Konstellation Vorkasse verlangen dürfte und eine Vormerkung ist ohne verbindlichen Anspruch ja nicht zulässig. D.h. Du bist das Geld los, und trägst die Unsicherheit, dass das Grundstück am Ende noch an jemand anderen übertragen wird oder die Vorauszahlung perdu ist. Also ich würde mich als Käufer darauf nicht einlassen.

TO

TomBombadil

26.12.2023, 15:45:26

Wenn ich recht erinnere, gibt es Fragen nach der Formnichtigkeit, die ablehnend zu beantworten sind, weil die Formnichtigkeit geheilt wurde, in anderen Aufgaben (auch hier) ist zunächst festzustellen, dass die (Neben-)Abrede formnichtig ist, nur um anschließend auf eine mögliche Heilung einzugehen. Ich würde mir hier mehr Einheitlichkeit wünschen. Konkrete Aufgaben kann ich leider nicht benennen. Ich hoffe, mein Gedächtnis täuscht mich hier nicht.


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