Vorverfahren Widerspruch (§§ 68ff. VwGO): Frist zur Erhebung des Widerspruchs - Standardfall
Diesen Fall lösen 85,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S bietet ihr Sonnenstudio vorschriftswidrig auch Minderjährigen an. Da S wiederholt aufgefallen ist, untersagt die Behörde B am 01.03. den Betrieb (§ 35 Abs. 1 S. 1 GewO). S will sich wehren und erhebt am 02.04. bei B Widerspruch. Als dieser erfolglos bleibt, reicht sie Klage ein.
Einordnung des Falls
Vorverfahren Widerspruch (§§ 68ff. VwGO): Frist zur Erhebung des Widerspruchs - Standardfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Zulässigkeit der Anfechtungsklage setzt voraus, dass S die Untersagungsverfügung in einem Vorverfahren noch einmal überprüfen lässt.
Ja, in der Tat!
2. Der Beginn und das Ende der Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO) berechnen sich unter Heranziehung der §§ 187ff. BGB.
Ja!
3. S begehrt die Aufhebung der Untersagungsverfügung. Die Anfechtungsklage ist statthaft.
Genau, so ist das!
4. Die Widerspruchsfrist begann am 01.03.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Die Frist endete am 02.04. Der Widerspruch der S war fristgemäß (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO). Ihre Klage ist zulässig.
Nein!
6. S ist als Adressat der Untersagungsverfügung klagebefugt.
Genau, so ist das!
Jurafuchs kostenlos testen
Christophh Pacyna
11.2.2020, 20:17:44
Gem. 41 Abs. 2 S. 1 Vwvfg gilt doch der im Inland durch die Post übermittelte Va erst am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, warum kann sich der S hierauf nicht berufen, wegen früherer tatsächlicher Kenntnisnahme?
🦊LEXDEROGANS
22.2.2020, 00:00:55
Cp222820, ist mit der Frage gemeint, ob bei postalischer Übermittlung die Frist noch nicht am 02.03. begonnen hätte? Es sind nämlich im SV keine Angaben für eine Übermittlung per Post enthalten...
![Hamburger Michel](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar_94893.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Hamburger Michel
7.9.2020, 20:04:16
Auch hier müsste es an einer Stelle Widerspruch erheben statt einlegen heißen, § 69 VwGO.
![Eigentum verpflichtet 🏔️](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar_99723.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Eigentum verpflichtet 🏔️
15.10.2020, 22:05:48
Haben wir entsprechend angepasst!
Carolin Hartmann
14.4.2022, 12:22:00
Ich merke mir das immer so, dass man erst einen Tag geschenkt bekommt (deswegen Fristbeginn nicht bereits am 1.3), dieser Tag wird einem am Ende des Monats aber wieder abgezogen. Deswegen nicht 2.4, sondern 1.4 ☺️
Elisa
12.2.2023, 23:45:33
Aber warum kommt denn hier die Dreitagefiktion nicht zum Einsatz?
se.si.sc
13.2.2023, 10:35:28
Du spielst vermutlich auf die 3-Tages-Fiktion des § 41 II 1 (B)VwVfG bzw. die entsprechende Regelung bei Einschreiben in § 4 II 2 VwZG an. Diese Vorschriften regeln den Bekanntgabezeitpunkt bei Versand auf dem Postweg. Laut dem Sachverhalt "untersagt" die Behörde der S am 1.3. den Betrieb. Das würde ich so auslegen, dass genau dieser Tag der Tag der Bekanntgabe sein soll - für die 3-Tages-Fiktion bliebe daher kein Raum. Im Übrigen gelten die oben genannten Regelungen ohnehin nur dann, wenn die Untersagungsverfügung auf dem Postweg versandt worden wäre. Das wird zwar in der Praxis (so gut wie) immer der Fall sein (vgl. aber § 37 II 1 (B)VwVfG), lässt sich der kurzen Sachverhaltsschilderung allerdings nicht entnehmen.
GARFuchs
21.7.2023, 05:45:33
Die Frage zum Fristbeginn ist m.E. verwirrend, denn genau betrachtet beginnt die Frist ja mit dem Ereignis der Bekanntgabe am 1.3. Dieser Tag wird dann nur eben nicht mitgerechnet. Exakter ist es daher vom Fristbeginn 1.3. zu sprechen und am 2.3. vom Fristberechnungsbeginn. Andernfalls dürfte S streng genommen am 1.3. noch kein Widerspruch einlegen, weil dieser ja innerhalb der Frist eingelegt werden muss.
Dogu
18.11.2023, 14:30:44
Die Überschrift von § 187 BGB ("Fristbeginn") ist eindeutig. 2.3. ist daher der Fristbeginn. Außerdem stimmt der letzte Satz nicht: Wichtig ist die Widerspruchserhebung vor Fristablauf. Der Fristbeginn ist diesbezüglich irrelevant. Ansonsten würde man ja dem Widerspruchsführer vorwerfen, er hätte sich zu früh zur Wehr gesetzt. Das wäre widersinnig. Wenn überhaupt, steckt ein Meinungsstreit nur darin, ob vor Bekanntgabe eines VA Widerspruch erhoben werden kann. Auch dies dürfte zu bejahen sein, da für eine Einschränkung kein Anlass besteht.