Eigentumsvorbehalt – Grundfall

3. Juli 2025

25 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K möchte eine wertvolle Kommode erwerben. Mit V einigt er sich auf eine Ratenzahlung und V übergibt die Kommode an K. Vor Erhalt des vollen Kaufpreises, möchte V sein Eigentum aber nicht auf K übertragen. Sie vereinbaren daher, dass K erst mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises Eigentümer werden soll.

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Einordnung des Falls

Eigentumsvorbehalt – Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat durch Übergabe der Kommode Eigentum hieran erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. Hier fehlt es zum Zeitpunkt der Übergabe schon an einer Einigung, dass das Eigentum unbedingt an K übergehen soll.
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2. Die dingliche Einigung erfolgt hier auflösend bedingt.

Nein!

Die dingliche Einigung steht hier unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB): Die dingliche Einigung steht unter der Bedingung, dass der Käufer den Kaufpreis vollständig bezahlt. Erst mit Eintritt der Bedingung (vollständige Kaufpreiszahlung) wird die dingliche Einigung dann unbedingt.

3. Nach vollständiger Kaufpreiszahlung erwirbt K automatisch Eigentum an der Kommode.

Genau, so ist das!

Mit Eintritt der für den Eigentumsübergang vereinbarten Bedingung (vollständige Kaufpreiszahlung) erlischt der Eigentumsvorbehalt mit der Folge, dass der Käufer Volleigentum erwirbt. Es ist also keine neuerliche Einigung von Vorbehaltskäufer und Vorbehaltsverkäufer notwendig.

4. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts dient den Interessen von Vorbehaltsverkäufer und Vorbehaltskäufer gleichermaßen.

Ja, in der Tat!

Tritt der Verkäufer abweichend vom Grundgedanken der Zug-um-Zug-Leistung (§§ 320, 433 BGB) mit der Eigentumsübertragung in Vorleistung, so läuft er Gefahr, den Kaufpreis nicht zu erhalten, gleichwohl aber das Eigentum bereits verloren zu haben. Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts hilft hierbei: Der Veräußerer verliert sein Eigentum erst, wenn der Vorbehaltskäufer den Kaufpreis vollständig bezahlt. Der Vorbehaltserwerber kann demgegenüber bereits Besitz an der Kaufsache erlangen und kann den Eigentumserwerb jederzeit durch Kaufpreiszahlung herbeiführen. Der Vorbehaltsverkäufer kann diesen nicht mehr einseitig verhindern.

5. Auch bei der Übereignung von Grundstücken ist die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts möglich.

Nein!

Nach § 925 Abs. 2 BGB ist die dingliche Einigung (Auflassung) bedingungsfeindlich. Die dingliche Einigung kann daher nicht unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung erklärt werden. Als Sicherungsmittel steht im Immobiliarsachenrecht stattdessen die Vormerkung (§ 883 ff. BGB) zur Verfügung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

frausummer

frausummer

14.3.2021, 13:30:38

Bei der vorletzten Frage leuchtet mir nicht ganz ein, was der Vorteil für den Vorbehaltskäufer sein soll. Als Käufer ist mein Interesse darauf gerichtet, Eigentum und Besitz an etwas zu erwerben. Der Vorbehaltskauf hat mE nur für den Verkäufer einen Vorteil

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.3.2021, 17:04:10

Danke für die Rückfrage, Frausummer!. Der entscheidende Vorteil des Vorbehaltskäufers ist, dass er bereits den Besitz an der Sache eingeräumt bekommt und diese nutzen kann, obwohl er noch nicht vollständig bezahlt hat. Ohne Eigentumsvorbehalt müsste er idR zunächst den vollständigen Kaufpreis entrichten, bevor der Verkäufer den Besitz übergibt und die Sache übereignet. Insofern werden durchaus beide Interessen gewahrt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Josef K

Josef K

12.5.2025, 14:35:35

Das

Anwartschaftsrecht

wäre ein weiterer Vorteil für den Käufer.

Zln

Zln

10.2.2023, 18:24:12

Hello! Ich wollte nur anmerken, dass bei Frage 3 oder 4 "Vorbehaltskäufer und Vorbehaltskäufer steht", das müsste dann einmal in Vorbehaltserwerber geändert werden. Nur ein kurzer Hinweis, denn in der Antwort ist es richtig :)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

11.2.2023, 12:29:18

Hallo Zln, danke für den Hinweis. Tatsächlich steht da Vorbehaltskäufer und Vorbehaltsverkäufer, ist also richtig. Und eine ungeplante aber gute Übung immer genau zu lesen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

CR7

CR7

11.5.2023, 18:22:38

ICh hatte mich auch zunächst verlesen :D

CR7

CR7

11.5.2023, 18:21:47

In der ersten Aufgabe muss es heißen: Die Übergabe an K erfolgt nur bedingt (nicht unbedingt).

Nora Mommsen

Nora Mommsen

12.5.2023, 12:21:42

Hallo (af), danke für deine Anmerkung. Tatsächlich erfolgt die Übergabe unter der bedingten Einigung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Dies ist in der Antwort auch so dargestellt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Josef K

Josef K

12.5.2025, 14:44:38

Eine Ergänzung: Im Falle eines Rücktritts ist der Eigentumsvorbehaltsverkäufer nicht auf einen

schuld

rechtlichen Anspruch aus § 346 I BGB, der im Falle der Insolvenz in die Insolvenzmasse fällt, oder im Falle der eine Vollstreckung in den Gegenstand kein

Interventionsrecht

iRd

Drittwiderspruchsklage

(§ 771 I ZPO) bietet. Vielmehr behält der Vorbehaltsverkäufer mit dem Eigentum an dem Gegenstand auch ein entsprechendes insolvenzfestes

Aussonderungsrecht

(§ 47 Inso) und einen vollstreckungsfesten Herausgabeanspruch §

985 BGB

.


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