+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Neues Kaufrecht 2022

K bestellt bei V 10t Gummibärchen. V hat Probleme mit seinen Zulieferern. Er liefert deshalb zunächst 5t Gummibärchen und verspricht den Rest schnellstmöglich zu besorgen.

Einordnung des Falls

Sachmangel: offene Teilleistung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die richtige Menge der verkauften Sache zählt zu ihrer Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 2 Var. 2 BGB).

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Ja, in der Tat!

Nach § 434 Abs. 2 S. 2 BGB zählt die richtige Menge zu der Beschaffenheit der Sache. Eine Abweichung kommt dabei nur (1) bei einer teilbaren Leistung in Betracht. Zudem darf die Leistung nur aus (2) gleichartigen Teile bestehen. (3) Der Verkäufer muss zu wenig liefern und (4) mit der Lieferung seine Erfüllungsverpflichtung als komplett erfüllt ansehen (verdeckte Minderlieferung). Gleiches gilt für die Menge nach der üblichen und erwartbaren Beschaffenheit (§ 434 Abs. 3 S. 2 Var. 1 BGB)Die Mankolieferung wird nicht mehr wie in § 434 Abs. 3 a.F. einem Mangel bloß gleichgestellt. Vielmehr wird sie in § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB und § 434 Abs. 3 Satz 2 BGB als Mangel eingeordnet. An der rechtlichen Verantwortung des Verkäufers ändert sich durch die veränderte Terminologie nichts.

2. Hat V durch die Lieferung zu erkennen gegeben, dass er seine Leistung als erfüllt ansieht?

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Nein!

Der Verkäufer muss mit der Lieferung seine Erfüllungsverpflichtung als komplett erfüllt ansehen (verdeckte Minderlieferung). Dabei ist der objektive Empfängerhorizont des Käufers zu beachten. Wenn für den Käufer offensichtlich eine Teillieferung (offene Minderlieferung) vorliegt, handelt es sich nicht um einen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 2 S. 2 Var. 2 BGB, sondern um eine Teilleistung nach § 266 BGB.V hat klargestellt, dass es sich hierbei zunächst um eine Teillieferung handeln sollte. Auch wenn K die Leistung annimmt, unterliegt der verbleibende Erfüllungsanspruch nicht dem Kaufmängelgewährleistungsrecht.Hintergrund der Differenzierung ist, dass bei Vorliegen eines Mangels der Käufer auf die kürzeren kaufrechtlichen Verjährungsfristen verwiesen wird. Dies erscheint unbillig, wenn der Käufer zugunsten des Verkäufers eine Teilleistung annimmt, obwohl er hierzu rechtlich nicht verpflichtet ist. Deswegen soll ihm bzgl. des fehlenden Teils die längere Regelverjährung von 3 Jahren zugute kommen, die für § 433 Abs. 1 BGB gilt.

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