Anfechtbarkeit eines gewährten Darlehens bei Täuschung durch Dritte


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D möchte ein Darlehen bei der B-Bank aufnehmen, braucht aber einen Bürgen. Er überredet seinen Freund F, für ihn zu bürgen. Dabei täuscht D den F über sein Einkommen. F schließt daraufhin einen Bürgschaftsvertrag mit B. Als F die Täuschung erkennt, möchte er die Bürgschaft anfechten.

Einordnung des Falls

Anfechtbarkeit eines gewährten Darlehens bei Täuschung durch Dritte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D hat F durch eine Täuschung zur Abgabe der Bürgschaftserklärung "bestimmt" (§ 123 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

D hat den F zur Abgabe der Willenserklärung "bestimmt", wenn über eine Tatsache getäuscht hat und die Täuschung zumindest mitursächlich für die Abgabe war. Tatsachen sind alle Umstände der Gegenwart oder Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind. Das Einkommen einer Person ist ein solcher Umstand. Da der Bürge grundsätzlich mit seinem gesamten Vermögen haftet und die Bürgenhaftung von der Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners abhängt, ist davon auszugehen, dass die vorgespiegelte Einkommenssituation zumindest mitursächlich für die Bürgschaftserklärung des F geworden ist. D hat F durch die Täuschung zur Abgabe der Bürgschaftserklärung "bestimmt".

2. Die Täuschung des F durch D ist B nur zuzurechnen, wenn B sie kannte oder kennen musste. D ist im Verhältnis zu B "Dritter" (§ 123 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

„Dritter“ im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist eine Person, die nicht „im Lager“ des Vertragspartners steht (Lagertheorie). Im Lager des Vertragspartners stehen z.B. Stellvertreter, Verhandlungsgehilfen ohne Abschlussvollmacht und auch Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn später genehmigt wird. Die Rechtsprechung legt den Begriff des „Dritten sehr eng aus. Im Zweifel ist der Täuschende als im Lager des Anfechtungsgegners stehend zu bewerten. D handelt in eigenem Interesse und nicht im Auftrag oder in Vertretung der B. D ist im Verhältnis zu B "Dritter" (§ 123 Abs. 2 BGB).

3. F kann die Bürgschaftserklärung gegenüber B wegen eines Irrtums über das Einkommen des D anfechten (§ 119 Abs. 1 BGB).

Nein!

Die Anfechtung ist nur möglich, wenn ein Anfechtungsgrund besteht. F irrte über das Einkommen des D und damit über dessen Liquiditätsverhältnisse. Dieser Irrtum betrifft allerdings nicht die Willenserklärung, sondern allein die Willensbildung im Vorfeld der Willenserklärung. Ein solcher Irrtum ist unbeachtlicher Motivirrtum.Beachte, dass für den Bürgen die Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners deshalb ein unbeachtlicher Motivirrtum ist, weil die Zahlungsfähigkeit bzw. Nicht-Zahlungsfähigkeit gerade das bürgentypische Risiko darstellt.

4. B kannte die Täuschung des D oder musste sie kennen. B muss sich die Täuschung des D zurechnen lassen (§ 123 Abs. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Kennenmüssen ist gegeben, wenn der Umstand infolge von Fahrlässigkeit nicht gekannt wird (§ 122 Abs. 2 BGB). D handelte bei der Täuschung aus eigenem Interesse, um das Darlehen zu erhalten. Dass B besondere Anhaltspunkte für diese Täuschung hatte, ist nicht ersichtlich. B kannte die Täuschung nicht und musste sie auch nicht kennen.

5. F kann die Bürgschaftserklärung gegenüber B wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) anfechten.

Nein!

B hat den F nicht getäuscht. Und die Täuschung des F durch D ist der B nicht zuzurechnen. D ist "Dritter" (§ 123 Abs. 2 BGB). Die Täuschung des F wäre B nur zuzurechnen, wenn B sie gekannt hätte, oder sie hätte kennen müssen. Beides ist nicht der Fall.

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