Strafrecht

BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.

Mord, § 211 StGB

Vergiften des Essens im Kessel einer Gemeinschaftsküche

Vergiften des Essens im Kessel einer Gemeinschaftsküche

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T bewohnt mit 19 anderen eine Gemeinschaftsunterkunft. Er kocht einen 20-Liter-Topf Suppe, rührt ein tödliches Gift unter und legt eine Notiz ("Bedient Euch!") dazu. Dann verlässt er das Haus. Dass Mitbewohner und Besucher sterben können, ist T recht. O isst von der Suppe und stirbt.

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Einordnung des Falls

Vergiften des Essens im Kessel einer Gemeinschaftsküche

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat O "mit gemeingefährlichen Mitteln" getötet (§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 3 StGB).

Ja!

Das objektive Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel erfüllt der Täter, der ein Medium einsetzt, das in der konkreten Tatsituation abstrakt geeignet ist, eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben zu gefährden, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Die Gefährlichkeit des Tatmittels bestimmt sich nicht abstrakt nach dessen typischer Wirkung, sondern nach dessen Eignung zur Gefährdung Dritter in der konkreten Tatsituation. Nicht notwendig ist, dass die Gefährdung konkret eingetreten ist ("abstrakt geeignet"). T setzt das Gift in der konkreten Tatsituation so ein, dass eine Gefährdung einer Mehrzahl von Menschen nicht auszuschließen ist. Er hat die Ausdehnung der Gefahr somit nicht in seiner Hand.
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2. T ist nur strafbar wegen Mordes mit gemeingefährlichen Mitteln (§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 3 StGB), wenn sein Vorsatz sich auf die Gemeingefährlichkeit des Mittels erstreckt.

Genau, so ist das!

Der Vorsatz muss sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen (Umkehrschluss aus § 16 StGB). Das Mordmerkmal "mit gemeingefährlichen Mitteln" ist ein tatbezogenes, objektives Mordmerkmal. Der Täter hat Vorsatz bezüglich der Gemeingefährlichkeit des Mittels, wenn er die Wirkung des Tötungsmittels kennt und dessen mangelnde Beherrschbarkeit zumindest in Kauf nimmt. T fügt das tödliche Gift vorsätzlich der Suppe hinzu und nimmt zumindest billigend in Kauf, dass auch andere Mitbewohner (oder auch Besuch der Mitbewohner) gefährdet und letztlich getötet werden können.Zugleich hat er das Mordmerkmal der Heimtücke (§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB) erfüllt.
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