Zivilrecht

Sachenrecht

Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Normalfall Schadensersatz und Nutzungsherausgabe im EBV

Normalfall Schadensersatz und Nutzungsherausgabe im EBV

4. Juli 2025

4 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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D stiehlt Es Fahrrad. D nutzt das Rad vorübergehend und beschädigt das Vorderrad.

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Einordnung des Falls

Normalfall Schadensersatz und Nutzungsherausgabe im EBV

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E hat gegen D einen Herausgabeanspruch (§ 985 BGB).

Genau, so ist das!

Der Anspruch aus § 985 BGB setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. E war Eigentümer des Fahrrads und dieses durch den Diebstahl des D auch nicht verloren. D ist unmittelbarer Besitzer. Ein Besitzrecht (§ 986 BGB) liegt nicht vor.
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2. E könnte von D Schadens- und Nutzungsersatz nach den §§ 987 ff. BGB auch verlangen, wenn er keinen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB hätte.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Ansprüche aus §§ 987 ff. BGB setzen immer eine Vindikationslage (= Eigentümer-Besitzer-Verhältnis) voraus. Diese besteht, wenn der Eigentümer zum anspruchsbegründenden Zeitpunkt einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB (=Vindikationsanspruch) hat.

3. Es kommen verschiedene Anspruchsgrundlagen für den Schadensersatz in Betracht.

Ja!

(1) Sofern E bereits eine Klage gegen D erhoben hat, könnte ein Anspruch aus § 989 BGB bestehen. (2) War D bösgläubig, kommt ein Schadensersatzanspruch aus §§ 989, 990 Abs. 1 BGB in Betracht. (3) Entstehen E wegen der verzögerten Herausgabe durch D weitere Schäden, kommt eine Verzugshaftung aus §§ 990 Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 ff. BGB in Betracht. (4) Über die Verweisung in § 992 BGB sind zudem auch deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB) denkbar.

4. Es kommen verschiedene Anspruchsgrundlagen für den Nutzungsersatz in Betracht.

Genau, so ist das!

(1) Sofern E bereits eine Klage gegen D erhoben hat oder D bösgläubig ist, hat er gezogene Nutzungen herauszugeben (§ 987 Abs. 1 BGB) oder Wertersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen zu leisten (§ 987 Abs. 2 BGB). (2) Auch beim Nutzungsersatz ist die deliktische Haftung (§§ 823 ff. BGB) über die Verweisung in § 992 BGB möglich. (3) War D unverklagt und gutgläubig (was vorliegend freilich nicht der Fall ist), könnte er dennoch für sog. Übermaßfrüchte nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts haften (§§ 993 Abs. 1 Hs. 1, 812 ff. BGB).

5. Gibt D das Fahrrad an einen Dritten weiter, kann E gegenüber diesem keinen Schadens- oder Nutzungsersatz fordern.

Nein, das trifft nicht zu!

(1) Vermietet D das Fahrrad beispielsweise an einen gutgläubigen Dritten weiter, kann sich dessen Haftung auf Schadensersatz unter Umständen aus §§ 989, 991 Abs. 2 BGB ergeben. (2) Gewährt D einem Dritten die Nutzung des Fahrrades unentgeltlich, ist der Dritte dem E nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts zum Nutzungsersatz verpflichtet (§§ 988, 812 ff. BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

LI

Lisa

1.12.2024, 18:07:23

Handelt es sich bei § 993 I Hs. 1 BGB und bei §

988 BGB

jeweils um eine Rechtsgrundverweisung, weil in den Erklärungen §§ 812 ff. zitiert wurden?

LUC1502

luc1502

19.12.2024, 15:39:34

Hi, beide Male handelt es sich um eine RechtsFOLGENverweisung. LG

Martin

Martin

23.1.2025, 12:48:23

Hallo zusammen, Der Vollständigkeit halber frage ich mal: Müsste die

Nutzungsherausgabe

über die

Eingriffskondiktion

und GoA (687 Abs. 2) nicht auch möglich sein? LG

IBGB

In Gefahr BGBn

31.5.2025, 17:53:42

Das kommt ganz darauf an, in welchem Konkurrenzverhältnis das EBV zu anderen AGL stehen. Die §§ 987 ff. verdrängen die Regelungen der GoA, BereicherungsR und DeliktsR, wenn und soweit sie mit diesen sowohl in

Anspruchskonkurrenz

als auch in Wertungswiderspruch stehen. Die echte ber. GoA stellt ein RzB dar, deswegen können gezogene

Nutzungen

nur danach erstattet werden. Bei der unber. GoA gewährt nach h.M. nur § 812 einen Anspruch auf

Nutzungsherausgabe

oder Nutzungsvergütung. Das EBV verdrängt das BereicherungsR grds. (siehe § 993 I Hs. 2), es entfaltet Sperrwirkung. Hier ist aber die Lehre vom

rechtsgrundlos

en Besitzer relevant und umstritten. Hier wird zur Vermeidung von Wertungswiderspruchen §

988 analog

angewendet werden, was die Sperrwirkung durchbricht und das BereicherungsR anwendbar macht. Das DeliktsR gewährt grds. keinen

Nutzungsersatz

:)


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