Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Zivilprozessrecht
Substantiierung des Sachvortrags bei Behauptung lediglich vermuteter Tatsachen
Substantiierung des Sachvortrags bei Behauptung lediglich vermuteter Tatsachen
2. April 2025
6 Kommentare
4,8 ★ (20.510 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Kläger K arbeitet nahe der Metallverarbeitungsfabrik der Beklagten B. Der kerngesunde K und vier Kollegen erkranken an Berylliose und verlangen Schmerzensgeld. B bestreitet die Vermutung des K, die B emittiere Beryllium. Unstreitig war vor Kurzem Bs Luftfilteranlage defekt.
Diesen Fall lösen 72,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Substantiierung des Sachvortrags bei Behauptung lediglich vermuteter Tatsachen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ob K gegen B einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat (§§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB), lässt sich ohne eine Beweisaufnahme nicht beurteilen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Eine Beweisaufnahme findet nur statt, wenn K seinen Anspruch auf Schmerzensgeld schlüssig vorgetragen hat (§§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB, § 138 Abs. 1 ZPO).
Ja, in der Tat!
3. Ks Vortrag ist hinreichend substantiiert, obwohl er lediglich vermutet, B emittiere Beryllium. K hat seinen Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB also insgesamt schlüssig vorgetragen.
Ja!
4. B trifft eine sekundäre Darlegungslast.
Genau, so ist das!
5. Wenn B im Prozess ihrer sekundären Darlegungslast genügt, wird der Vortrag des K unsubstantiiert. K muss dann seinen Vortrag ergänzen, um eine Klageabweisung zu verhindern.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Ist die Vermutung des K, die B emittiere Beryllium, dem Beweis zugänglich?
Ja!
7. K tritt für seine Vermutung, die B verwende Beryllium, Beweis an durch urkundliche Auswertung von Materialbeschaffungslisten im Besitz der B. Ist dieser Beweisantrag zulässig (§§ 421, 422, 424 ZPO)?
Nein, das ist nicht der Fall!
8. K beantragt, die Vorlage der Materialbeschaffungslisten der B von Amts wegen anzuordnen (§ 142 Abs. 1 S. 1 ZPO). Muss das Gericht über diesen Antrag entscheiden?
Ja, in der Tat!
9. K tritt für seine Vermutung, die B emittiere Beryllium, Beweis an durch Parteivernehmung der Geschäftsführerin der B (§ 445 ZPO). Muss das Gericht diesem Beweisantrag stattgeben?
Ja!
10. Das Gericht weist die Anträge des K zurück (§§ 142, 445 ZPO) und die Klage als unschlüssig ab. Ist K in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG)?
Genau, so ist das!
Fundstellen
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Friedrich-Schiller-Universität Jena
27.7.2023, 07:21:31
Sehr coole Idee mit den JuraFuchs Fällen! Macht weiter so! Allerdings habe ich zum Prüfungsschema des § 823 I BGB noch etwas hinzuzufügen. Zwischen
Rechtswidrigkeitund
Schadenwird noch der Punkt des Verschuldens gemäß § 276 BGB geprüft.

Lukas_Mengestu
31.7.2023, 19:30:35
Vielen Dank für den guten Hinweis! Das ist hier bei der Übertragung leider abhanden gekommen. Wir haben das ergänzt. Beim Verweis auf § 276 BGB musst Du nur ein wenig aufpassen. Dass die Haftung Verschulden (=
Vorsatzund Fahrlässigkeit) voraussetzt, ergibt sich unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB. In § 276 Abs. 1 BGB wird dagegen definiert, was unter Vertretenmüssen zu verstehen ist. Das Vertretenmüssen bildet gegenüber dem Verschulden den Oberbegriff. Während Verschulden lediglich
Vorsatzund Fahrlässigkeit umfasst, so ist vom Begriff des Vertretenmüssens auch eine schärfere (=verschuldensunabhängige Haftung, vgl. zB § 287 BGB) bzw. leichtere Haftung (zB begrenzt auf
Vorsatzund grobe Fahrlässigkeit, vgl. § 599 BGB) umfasst. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ehemalige:r Nutzer:in
13.2.2024, 09:03:34
Der beste Fall! Das ganze Prozessrecht innerhalb von 10 Minuten

sy
30.3.2024, 22:28:22
liebes Team, könntet ihr bitte zu dem Thema neben dem Zöllner, den wir im Examen nicht haben, auch due Fundstellen im Putzo nennen? gerade, wenn es darum geht, wann eine
sekundäre Beweislast anzunehmen ist etc ? das wäre sehr hilfreich
Weitere für Dich ausgwählte Fälle
Anforderungen an die Substantiierung bei Verletzungen durch Verkehrsunfall
B verursacht schuldhaft einen Verkehrsunfall mit K. K ist an der Wirbelsäule vorgeschädigt. Im Prozess behauptet er, die aktuelle Verletzung seiner Wirbelsäule sei auf den Unfall zurückzuführen, ohne die Verletzung medizinisch näher zu erläutern.
Fall lesen
Erklärung des Kfz-Haftpflichtversicherers hinsichtlich des Unfallhergangs mit Nichtwissen
K klagt nach einem Autounfall mit E gegen Haftpflichtversicherung V. Versicherungsnehmer N hatte seinen PKW vor dem Unfall an E verkauft, der unter falschem Namen auftrat. K kann nur den Namen des Unfallgegners nennen, den dieser vor Ort angab. V kann E unter keinem dieser Namen erreichen und bestreitet den Unfall mit Nichtwissen.
Fall lesen
Illustration zum Fall