Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Rücktritt beendeter Versuch - Grundlagen 2

Rücktritt beendeter Versuch - Grundlagen 2

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T geht in ein Kaufhaus und steckt sich dort eine teure CD in die Jackeninnentasche. Auf dem Weg nach draußen, schämt sie sich und bringt die CD wieder zurück.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Rücktritt beendeter Versuch - Grundlagen 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ts Versuch des Diebstahls (§§ 242 Abs. 1, 22, 23 Abs.1 StGB) ist fehlgeschlagen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. T dachte, dass ihre Tat zur Vollendung führen würde.
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2. Es liegt ein beendeter Versuch vor.

Ja, in der Tat!

Ein Versuch gilt dann als beendet, wenn der Täter glaubt, dass er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dabei reicht es aus, dass der Täter es für möglich hält, dass er alles Erforderliche getan hat, aber auch, wenn er sich keine Gedanken macht, aber die Möglichkeit sieht. T hat mit dem Einstecken der CD in die Jackentasche alles Erforderliche getan, um den Taterfolg zu verwirklichen. Hier musst Du darauf achten, nicht unsauber zu arbeiten. Denn die Anforderungen an den Rücktritt hängen davon ab, ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch vorliegt.

3. T hat den Eintritt des Taterfolges verhindert (§ 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB).

Nein!

Bei beendeten Versuchen ist es erforderlich, dass der Täter den Eintritt des Erfolges verhindert. Dafür muss der Täter objektiv für die Erfolgsverhinderung kausal geworden sein. In subjektiver Hinsicht muss der Täter den von ihm in Gang gesetzten Kausalverlauf bewusst und gewollt unterbrechen. T konnte den Taterfolg nicht mehr verhindern, da der Taterfolg - die Wegnahme - bereits durch das Stecken in die Jackentasche eingetreten ist. Daher ist die Tat auch bereits vollendet. Aufgrund solcher Fehler musst Du sehr darauf achten, bereits vorher die Vollendungsstrafbarkeit sauber zu prüfen. Im Gutachten solltest Du nach der bejahten Vollendung keinen Versuch mehr prüfen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Mogli

Mogli

1.7.2021, 12:54:54

Würde das bedeuten, dass ein Dieb der die Tat beendet hat, auch dann wegen vollendetem Diebstahl bestraft wird, auch wenn er direkt im Anschluss an die Tat quasi zurücktritt und die gestohlene Sache wieder dem eigentlichen Eigentümer zurückgibt ?

Vincent

Vincent

1.7.2021, 16:09:22

Habe ich mich auch gefragt. Ich hätte den vollendeten Diebstahl auch erst bejaht, wenn der T die Beute (CD) tatsächlich gesichert hätte. Erst dann wäre die Tat ja beendet gewesen.. Wenn es allerdings tatsächlich so sein sollte, dass hier ein vollendeter Diebstahl vorliegt, so kann ich mir vorstellen, dass diese Umstände im Verfahren zu berücksichtigten sind.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.7.2021, 19:04:59

Hallo ihr beiden, nach der materiellen Lage wäre dies tatsächlich so, denn bereits durch die Vollendung des Diebstahls hat sich der Täter strafbar gemacht. Die tätige Reue, also das Abstandnehmen von einer bereits vollendeten Tat, die es bei anderen Delikten gibt (vgl. zB § 306e StGB), findet sich beim Diebstahl nicht. Die Vollendung tritt sogar schon innerhalb des Kaufhauses ein, denn der Täter hat hier bereits durch das Einstecken in die Jackeninnentasche eine

Gewahrsamsenklave

begründet und damit gleichzeitig den Gewahrsam des Kaufhausinhabers gebrochen. Um Beweisschwierigkeiten bzgl. des

Vorsatz

es zu vermeiden, wartet man in der Praxis dennoch in der Regel ab, bis der Täter den Kassenbereich passiert hat. Die Rückgabe wirkt sich aber natürlich trotzdem zugunsten des Täters aus: 1) ggfs. wird das Verhalten überhaupt nicht angezeigt. Sofern die Staatsanwaltschaft keine Kenntnis von einem Vorgang hat, ermittelt sie nicht (Achtung: die Strafanzeige darf nicht mit dem Strafantrag verwechselt werden. Die Anzeige ist einfach nur eine Information für die

Behörde

über einen ggfs. strafbaren Sachverhalt. Eines Strafantrages bedarf es bei dem Diebstahl, außer in den Fällen des

§ 248a StGB

nicht). 2) Dann besteht die Möglichkeit für die Staatsanwaltschaft das Verfahen nach §§ 153 ff. StPO einzustellen. 3) Schließlich würde der umstand, dass der Täter geständig war, freiwillig den Schaden wiedergutgemacht hat und das Opfer somit keinen nachhaltigen Schaden erlitten hat, auch im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Gunsten berücksichtigt, sofern es tatsächlich zur Anklage kommen würde. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

16.8.2022, 19:58:43

"Es liegt ein beendeter Versuch vor" mit Ja zu beantworten, halte ich hier nicht für sinnvoll, da der Lernende zu diesem Zeitpunkt schon weiß, dass die Tat vollendet wurde. Ihr schreibt ja selbst, dass man bei dieser Konstellation einen Versuch nicht prüfen soll.


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