„Katzenkönig-Fall“
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
H bringt den leichtgläubigen T dazu, an die Existenz des „Katzenkönigs“ zu glauben. Dieser würde Millionen von Menschen vernichten, wenn ihm nicht ein Menschenopfer dargeboten werde. Daher verübt T – wie von H geplant – ein Messerattentat auf die O und tötet sie.
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Einordnung des Falls
Der Katzenkönig-Fall ist eigentlich unvorstellbar - und doch entschied der BGH bereits im Jahr 1988 über ihn. Bis heute ist er ein absoluter Klassiker. Eine Frau redet einem leichtgläubigen Polizisten ein, er müsse dem sogenannten „Katzenkönig“ ein Menschenopfer bringen, sonst würden Millionen von Menschen sterben. Der leichtgläubige Polizist glaubt ihr das – und versucht daraufhin, eine Blumenhändlerin zu erstechen, jedoch ohne Erfolg. Im „Katzenkönig-Fall“ trifft der BGH ein Leiturteil zur Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) zur Anstiftung (§ 26 StGB) in Fällen, in denen der Vordermann – hier unser Polizist – einem vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 S. 2 StGB) unterliegt. Der Fall behandelt häufige Probleme aus dem Strafrecht AT rund um Täterschaft und Teilnahme sowie Irrtümer. Im Mittelpunkt steht die Rechtsfigur des „Täters hinter dem Täter“.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 12 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Handelte T in Notwehr (§ 32 StGB)? War sein Handeln war gerechtfertigt?
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Handelte T in Notstand (§ 34 StGB)? War sein Handeln gerechtfertigt?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Unterlag T, aufgrund seiner Fehlvorstellungen, einem Erlaubnistatbestandsirrtum?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Hat T den objektiven und subjektiven Tatbestand des Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) erfüllt?
Ja!
5. Unterlag T einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB)? Ist er entschuldigt?
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Führt die Fehlvorstellung des T zu einer Strafmilderung nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 49 Abs. 1 StGB?
Nein, das trifft nicht zu!
7. Handelte T rechtswidrig und schuldhaft? Ist ist strafbar wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB)?
Ja!
8. Ist T entschuldigt wegen entschuldigenden Notstands (§ 35 Abs. 1 StGB)?
Nein, das ist nicht der Fall!
9. Kann sich T auf einen übergesetzlichen entschuldigenden Notstand berufen? Ist er ist entschuldigt?
Nein, das trifft nicht zu!
10. Könnte sich H als mittelbare Täterin strafbar gemacht haben, wenn sie die Tat „durch“ den T begangen hätte (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB)? Setzt das voraus, dass H Tatherrschaft hatte?
Ja!
11. Handelte T volldeliktisch? Scheidet eine Strafbarkeit der H als mittelbare Täterin (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) scheidet nach der Rechtsprechung aus?
Nein, das ist nicht der Fall!
12. Hat der mittelbare Täter Tatherrschaft, wenn er einen Defekt des Tatmittlers ausnutzt?
Ja, in der Tat!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Fuchs567
11.4.2020, 13:24:38
Ich habe leider nicht verstanden, warum es für H keine Strafmilderung nach § 35 II 2 gibt. Da steht doch "... so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern." Ich verstehe den § 35 II deswegen so, dass der Irrtum entweder unvermeidbar ist, dann wäre H straflos oder, was hier der Fall ist vermeidbar, sodass es zumindest eine Starfmilderung geben muss.
🦊LEXDEROGANS
11.4.2020, 18:53:29
@Fuchs567, stimme Ihnen zu: Müssig schreibt im MK StGB, 3. Aufl., 2017, § 35 Rn. 76 „Im Fall der Unvermeidbarkeit schließt der Irrtum die strafrechtliche Verantwortung aus, ansonsten führt er zur obligatorischen Strafrahmenmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB
Jana-Kristin
21.6.2020, 13:32:40
Das sehe ich auch so! War der Irrtum vermeidbar, ist die Strafe obligatorisch nach 49 I StGB zu mildern (Engländer in Matt/Renzikowski, zu 35, Rn. 17), es sei denn, der Täter irrt über die rechtlichen Voraussetzungen des 35 I, indem er diese überdehnt (was hier nicht vorliegt).
Eigentum verpflichtet 🏔️
13.7.2020, 18:47:28
Vielen dank euch, für den absolut korrekten Einwand. In Wirklichkeit hat sich T gar keine Gefahr für sich oder seine Angehörigen vorgestellt, also auch keine Situation, die ihn nach § 35 I StGB entschuldigen würde. Deswegen und nicht wegen der Vermeidbarkeit des Irrtums entfällt die obligatorische Strafminderung nach § 35 II StGB. Wir haben die Antwort entsprechend abgeändert.
Real Thomas Fischer Fake 🐳
7.10.2020, 10:40:37
Ob hier tatsächlich keine Gefahr für Angehörige angenommen werden kann, wenn von dem Tod von "Millionen von Menschen" ausgegangen wird mag dahin gestellt sein. Weshalb ist hier aber nicht auf die §§ 20, 21 eingegangen worden? Der Sachverhalt bietet keinen konkreten Anlass dafür, es liegt aber trotzdem nahe. Vielleicht sollte man einfach noch in den Sachverhalt einfügen, dass keine seelische Störung vorlag.
killinit
9.7.2021, 21:54:52
Tatsächlich hat der BGH meines Erachtens die Strafe nach 21 gemildert
Nocebo
10.6.2024, 18:49:54
Angenommen, dass § 35 Abs. 1 StGB nicht vorliegt, weil keine Gefahr für einen Angehörigen besteht, auch nicht nach der Fehlvorstellung des Täters. Er irrt jedoch jedenfalls darüber, dass ein entschuldigender
übergesetzlicher Notstandvorliegen würde (er will ja Millionen Leben durch die Tötung retten). § 35 Abs. 2 StGB ist auf sonstige Entschuldigungsgründe analog anzuwenden. Damit würde er hier dennoch Anwendung finden.
hagenhubl
17.9.2024, 11:11:46
War der
Katzenkönig Fallnicht ein bisschen anders? Erstens gab es zwei mittelbare Täter nämlich ein Ehepaar und zweitens hat das Opfer überlebt.
Nordisch
17.12.2023, 22:33:40
Das Bild ist der Kracher 😂
Lukas_Mengestu
18.12.2023, 09:31:55
Vielen Dank, Nordisch! Das freut uns zu hören :-)