Drohung – Gegenwärtigkeit der Gefahr

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hat es auf Os wertvolle Uhrensammlung abgesehen. Er bricht bei O ein. Da er nicht will, dass O ihn daran hindert, mit Uhren bepackt die Wohnung zu verlassen, zieht er seine Pistole und sagt ihr, dass er morgen zurückkommen und sie erschießen werde, wenn sie ihn nicht gehen lasse. Verängstigt zieht sich O zurück.

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Einordnung des Falls

Drohung – Gegenwärtigkeit der Gefahr

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn T mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, verwirklicht er den Straftatbestand des Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB).

Ja!

Raub verknüpft als eigenständiges mehraktiges Delikt den Diebstahl (§ 242 StGB) mit gegenüber § 240 StGB qualifizierten Nötigungselementen. Hinsichtlich der Wegnahme gelten die gleichen Grundsätze wie zu § 242 StGB. Nach h.M. muss der Einsatz des Nötigungsmittels nach der Vorstellung des Täters gerade die Wegnahme bezwecken (subj. Finalzusammenhang). In objektiver Hinsicht ist ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang erforderlich. Der subjektive Tatbestand setzt neben dem Vorsatz die Absicht rechtswidriger Selbst- oder Drittzueignung voraus (auch hier sind die Grundsätze zu § 242 StGB auf § 249 StGB übertragbar).
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2. Zur Wegnahme der Uhren hat T der O „mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben gedroht“ (§ 249 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Drohung ist das Inaussichtstellen eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn sie unmittelbar bevorsteht oder jederzeit in eine Schädigung umschlagen kann und ohne sofortige Abwehrmaßnahmen nicht mehr abgewendet werden kann (wie bei § 34 StGB). Ob die Gefahr gegenwärtig ist, wenn das Übel für den nächsten Tag angedroht wird, ist fraglich. Der BGH tendiert zu einem weiten Verständnis: Erforderlich sei nicht, dass das schädigende Ereignis mit Sicherheit unmittelbar bevorstehe. Es genüge eine Gefahr, die als Dauergefahr über einen längeren Zeitraum in dem Sinne gegenwärtig sei, dass sie jederzeit - zu einem ungewissen Zeitpunkt, alsbald oder auch später - in einen Schaden umschlagen könne. Dies ist vorliegend anzunehmen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AM

Amtsanwaltsanwärter

20.2.2021, 19:10:51

Der Sachverhalt ist etwas dünn. Die Wegnahme könnte bei Uhren auch schon vollzogen sein und die

Drohung

zur Beutesicherung erfolgt sein.

Vulpes

Vulpes

22.2.2021, 10:46:33

Ich weiß was du meinst, aber wenn kein Hinweis auf ein Enklave gegeben ist würde ich davon ausgehen, dass die Wegnahme innerhalb des Herrschaftsbereichs der O nicht vollendet wurde. Ansonsten ist das Sachverhaltsquetsche 🙂

juramen

juramen

21.12.2022, 17:38:26

Aber O hätte doch dann jederzeit die Polizei um Hilfe bitten können und diese den Eintritt des Übels verhindern, wo ist hierbei dann die Gegenwärtigkeit?

Klima-Kleber

Klima-Kleber

30.12.2022, 11:59:06

Der Gedanke kam mir auch…

PETE

Peter

27.2.2024, 14:13:06

So, wie ich das verlinkte BGH Urteil verstehe, wendet der BGH den Begriff der Gegenwärtigkeit hier quasi "raubspezifisch" an und weicht von der iE strenger auszulegenden "Gegenwärtigkeit" iRd § 34 StGB insofern ab. Sinn und Zweck dieses Verständnisses der Gegenwärtigkeit ist hier effektive Schutz des Nötigungsopfers. "Zum wirksamen Schutz von Erpressungsopfern darf der Begriff der Gegenwärtigkeit angedrohter Gefahren anders als bei der anderen Zwecken dienenden Regelung des rechtfertigenden Notstands in § 34 StGB, von der die in der Rechtsprechung benutzten Begriffsumschreibungen hergeleitet sind ... , nicht zu eng verstanden werden "


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