Drohung – Gegenwärtigkeit der Gefahr

16. April 2025

6 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hat es auf Os wertvolle Uhrensammlung abgesehen. Er bricht bei O ein. Da er nicht will, dass O ihn daran hindert, mit Uhren bepackt die Wohnung zu verlassen, zieht er seine Pistole und sagt ihr, dass er morgen zurückkommen und sie erschießen werde, wenn sie ihn nicht gehen lasse. Verängstigt zieht sich O zurück.

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Einordnung des Falls

Drohung – Gegenwärtigkeit der Gefahr

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn T mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, verwirklicht er den Straftatbestand des Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB).

Ja!

Raub verknüpft als eigenständiges mehraktiges Delikt den Diebstahl (§ 242 StGB) mit gegenüber § 240 StGB qualifizierten Nötigungselementen. Hinsichtlich der Wegnahme gelten die gleichen Grundsätze wie zu § 242 StGB. Nach h.M. muss der Einsatz des Nötigungsmittels nach der Vorstellung des Täters gerade die Wegnahme bezwecken (subj. Finalzusammenhang). In objektiver Hinsicht ist ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang erforderlich. Der subjektive Tatbestand setzt neben dem Vorsatz die Absicht rechtswidriger Selbst- oder Drittzueignung voraus (auch hier sind die Grundsätze zu § 242 StGB auf § 249 StGB übertragbar).
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2. Zur Wegnahme der Uhren hat T der O „mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben gedroht“ (§ 249 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Drohung ist das Inaussichtstellen eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn sie unmittelbar bevorsteht oder jederzeit in eine Schädigung umschlagen kann und ohne sofortige Abwehrmaßnahmen nicht mehr abgewendet werden kann (wie bei § 34 StGB). Ob die Gefahr gegenwärtig ist, wenn das Übel für den nächsten Tag angedroht wird, ist fraglich. Der BGH tendiert zu einem weiten Verständnis: Erforderlich sei nicht, dass das schädigende Ereignis mit Sicherheit unmittelbar bevorstehe. Es genüge eine Gefahr, die als Dauergefahr über einen längeren Zeitraum in dem Sinne gegenwärtig sei, dass sie jederzeit - zu einem ungewissen Zeitpunkt, alsbald oder auch später - in einen Schaden umschlagen könne. Dies ist vorliegend anzunehmen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AM

Amtsanwaltsanwärter

20.2.2021, 19:10:51

Der Sachverhalt ist etwas dünn. Die

Wegnahme

könnte bei Uhren auch schon vollzogen sein und die

Drohung

zur Beut

esi

cherung erfolgt sein.

Vulpes

Vulpes

22.2.2021, 10:46:33

Ich weiß was du meinst, aber wenn kein Hinweis auf ein Enklave gegeben ist würde ich davon ausgehen, dass die

Wegnahme

innerhalb des Herrschaftsbereichs der O nicht vollendet wurde. Ansonsten ist das Sachverhaltsquetsche 🙂

APhM

APhM

12.3.2025, 13:44:48

Mit Uhren bepackt, bedeutet doch, dass er sie entweder in Hosen-/Jackentasche oder einer anderen Tasche bei sich oder eben die Uhren am Handgelenk trägt. Beides müssten, ohne jetzt die Definition aufzumachen,

Gewahrsamsenklave

n sein, sodass die

Drohung

nicht mehr mit Bick auf die bereits erfolgte

Wegnahme

(§ 249StGb), sondern zur Beut

esi

cherung (§

252 StGB

) erfolgt. Finde dies ist eine legitime am Wortlaut orientierte und nur logische Deutung des SV und keine SV-Quetsche. Habe hier schon Gälle falsch beantwortet, weil ich eben den SV nicht praktisch und logisch gedeutet habe. Eskommt also immer darauf an. Hier w7rde ich mich mit den genannten Argumenten, solange der Text so ist, immer wieder wie oben entscheiden.

juramen

juramen

21.12.2022, 17:38:26

Aber O hätte doch dann jederzeit die Polizei um Hilfe bitten können und diese den Eintritt des Übels verhindern, wo ist hierbei dann die Gegenwärtigkeit?

Klima-Kleber

Klima-Kleber

30.12.2022, 11:59:06

Der Gedanke kam mir auch…

PETE

Peter

27.2.2024, 14:13:06

So, wie ich das verlinkte BGH Urteil verstehe, wendet der BGH den Begriff der Gegenwärtigkeit hier quasi "raubspezifisch" an und weicht von der iE strenger auszulegenden "Gegenwärtigkeit" iRd §

34 StGB

insofern ab. Sinn und Zweck dieses Verständnisses der Gegenwärtigkeit ist hier effektive Schutz des

Nötigung

sopfers. "Zum wirksamen Schutz von

Erpressung

sopfern darf der Begriff der Gegenwärtigkeit angedrohter Gefahren anders als bei der anderen Zwecken dienenden Regelung des rechtfertigenden Notstands in §

34 StGB

, von der die in der Rechtsprechung benutzten Begriffsumschreibungen hergeleitet sind ... , nicht zu eng verstanden werden "


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