Definition: Geschäftsähnliche Handlung (vor § 104 BGB)

15. Februar 2025

9 Kommentare

4,8(16.036 mal geöffnet in Jurafuchs)


Definiere den Begriff „geschäftsähnliche Handlung“:

Geschäftsähnliche Handlungen sind auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten, ohne dass ein entsprechender Rechtsfolgewille erklärt werden muss.

Im Unterschied zum Realakt, bei dem die Rechtsfolgen auch kraft Gesetzes eintreten, liegt bei der geschäftsähnlichen Handlung zumindest eine Erklärung und keine bloße tatsächliche Willensbetätigung vor. Typischerweise handelt es sich dabei um Erklärungen, die auf Ansprüche oder Rechtsverhältnisse Bezug nehmen, insbesondere Aufforderungen (z.B. nach § 177 Abs. 2 BGB und nach § 439 Abs. 1 BGB) und Mitteilungen (z.B. nach §§ 149 S. 2, 170 und 171 Abs. 1 BGB).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IS

IsiRider

18.10.2022, 10:47:18

Ich dachte, ein typisches Beispiel wäre die Mahnung.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.10.2022, 11:06:48

Hallo Isirider, in der Tat ist auch die Mahnung eine

geschäftsähnliche Handlung

, da durch sie die Voraussetzungen für den

Schuld

nerverzug (§ 286 BGB) geschaffen werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LAW

Law_yal_life

18.9.2023, 12:02:20

Also im Vergleich zum

Realakt

kommt jetzt hier zusätzlich zu Vornahme der Handlung eine auf diese Vornahme gerichtete Erklärung dazu? Das ist aber KEINE WE? Sondern sowas wie Aufforderungen oder Mitteilungen? Die beziehen sich aber auf das Rechtsverhältnis. Worunter fällt dann die Mahnung? Aufforderungen sind sowas wie § 177 II oder § 439 I ? Mittelungen dann sowas wie § 171 I, § 170 oder 149 S. 2?

BL

Blotgrim

6.3.2024, 09:55:18

Die Mahnung ist eine

geschäftsähnliche Handlung

, denn egal ob ich es will oder nicht ich setze den Empfänger mit der Mahnung in Verzug, da das Gesetz es anordnet. Die Abgrenzung zum

Realakt

liegt darin, dass ich bei dem

Realakt

lediglich eine Handlung ausführe bspw. wenn ich jemanden mein Handy übergebe. Bei der geschäftsähnlichen Handlung erkläre ich zusätzlich noch etwas bspw. im Falle der Mahnung dass ich mein Geld haben möchte. Die Rechtsfolge und das ist der Unterschied zur Willenserklärung tritt aber ohne meinen Willen ein.

PAUHE

Paul Hendewerk

21.12.2024, 12:35:05

Mir leuchtet nicht ein, inwiefern das Kriterium der Erklärung (in Abgrenzung zur bloß tatsächlichen Handlung) für die Abgrenzung zwischen geschäftsähnlicher Handlung und

Realakt

fruchtbar gemacht werden kann. Auch eine bloß tatsächliche Handlung kann doch bei

normativ

er Auslegung einen Erklärungsgehalt haben. Im Übrigen ist für mich nicht ersichtlich, inwiefern es von Vorteil ist, zwischen WE und geschäftsähnlichen Handlungen zu unterscheiden, wenn auf

geschäftsähnliche Handlungen

die §§ 104 ff. BGB ohnehin analoge Anwendung finden. Kann mir vielleicht jemand helfen? Liebe Grüße

Paulah

Paulah

21.12.2024, 12:57:24

Du hast die Unterscheidung eigentlich schon selbst dargelegt:

Realakte

zielen nicht auf einen R e c h t s erfolg ab, sondern nur auf einen t a t s ä c h l i c h e n Erfolg;

geschäftsähnliche Handlungen

lösen aber eine Rechtsfolge aus. Wenn die Erklärung also einen auf einen Rechtserfolg gerichteten Erklärungsgehalt hat, ist es kein

Realakt

mehr. Zu dem Unterschied von Willenserklärung und geschäftsähnlicher Handlung habe ich hier schon etwas geschrieben: https://applink.jurafuchs.de/GQWDYxBwvPb "Der Unterschied zwischen Willenserklärung und geschäftsähnlicher Handlung besteht darin, dass bei einer geschäftähnlichen Handlung die gesetzlich vorgeschriebene Folge unabhängig vom Willen des Erklärenden eintritt. Wenn man eine Mahnung i. S. d. § 286 Abs. 1 BGB losschickt, kommt der

Schuld

ner in Verzug. Man nicht sagen "Ich mahne jetzt zwar, aber ich möchte nicht, dass der

Schuld

ner in Verzug gerät."

Ruhe im Sturm

Ruhe im Sturm

30.1.2025, 21:02:57

Ich würde die Antwort von @[Paulah](135148) folgendermaßen ergänzen. Der

Realakt

hat dennoch ein Rechtsfolge kraft Gesetzes zur Folge auch wenn er nicht auf eine Rechtsfolge abzielt (tatsächliches Handeln). Ich glaube was @[Paul Hendewerk](274540) verwechselt ist, dass eine Willenserklärung aus inneren Erklärungs

tatbestand

(Handlungswille, Erklärungsbewusstsein,

Geschäftswille

) und äußeren Erklärungs

tatbestand

(Handlungswille,

Rechtsbindungswille

,

Geschäftswille

) besteht. Bei der Ermittlung des äußeren Erklärungs

tatbestand

s kann die Willenserklärung nach dem objektiven

Empfängerhorizont

ausgelegt werden, 157 BGB. Also danach wie ein

objektiver Dritter

in der Person des Erklärungsempfängers das Verhalten des Erklärenden verstehen durfte. Dies nennt sich

normativ

e Auslegung. Also hier besteht der

normativ

e Charakter. Das Beispiel mit der Mahnung (

geschäftsähnliche Handlung

) ist gut. Der

Schuld

ner kommt durch die Mahnung in Verzug. Diese muss der Gläubiger erklären. Hierbei will der Gläubiger, dass der

Schuld

ner leistet (tatsächlicher Erfolg). Die Rechtsfolgen des Verzugs treten aber kraft Gesetzes ein durch die Mahnung. Ein entgegenstehender Wille des Gläubigers wie von @[Paulah](135148) in ihrem Beispiel beschrieben, ist hierbei unbeachtlich.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen