Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub, u.a.
Dreiecksbetrug – Zurechenbarkeit einer Vermögensverfügung
Dreiecksbetrug – Zurechenbarkeit einer Vermögensverfügung
15. Mai 2025
5 Kommentare
4,8 ★ (35.818 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Häuslebauer H vereinbart mit dem Dritten D, auf Ds Grundstück Hs Terrassendielen zwischenzulagern. Kurz darauf lässt sich Bauarbeiterin B unter Beteuerung ihrer Eigentümerschaft von Ds Mitarbeiter M die Dielen herausgeben und verbraucht sie für eigene Zwecke. H wollte damit seine Terrasse erneuern.
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Einordnung des Falls
Dreiecksbetrug – Zurechenbarkeit einer Vermögensverfügung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem B gegenüber M behauptete, sie sei Eigentümerin der Dielen, hat sie M getäuscht und einen Irrtum erregt (§ 263 Abs. 1 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. M müsste durch die „Freigabe der Terrassendielen“ irrtumsbedingt über die Dielen verfügt haben.
Genau, so ist das!
3. Wenn durch die Verfügung das Vermögen des Verfügenden – hier M – selbst nicht gemindert wird, scheidet eine Strafbarkeit des Täters wegen vollendetem Betrug stets aus.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Wurde Ds Vermögen durch den Verlust des unmittelbaren Besitzes an den Dielen wirtschaftlich vermindert?
Nein!
5. Hat H durch den Verlust des mittelbaren Besitzes an den Dielen eine wirtschaftliche Vermögensminderung erlitten?
Genau, so ist das!
6. Ist Ms Verfügung an den Terrassendielen H zurechenbar?
Ja, in der Tat!
7. B hat sich eines Betrugs gegenüber M und zulasten des H nach § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
Ja!
8. Daneben hat sich B durch die Mitnahme der Dielen eines Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
Nein, das ist nicht der Fall!
9. B wird aber noch wegen Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB verurteilt.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
JonasRehder
23.1.2024, 15:20:32
Moin, ich weiß, dass es bisher in der Rspr. in Fällen der Abgrenzung von
Dreiecksbetrugund Trickdiebstahl keinen Verweis auf die etwaig einschlägige Konstellation der mittelbaren Täterschaft gibt. Ist dies jedoch nicht gerade hier naheliegender als die Annahme eines normalen Trickdiebstahls? Wenn ja, könntet ihr das aufnehmen?
Erik_1995
9.5.2025, 14:37:50
@[JonasRehder](141758) Ich habe es endlich durchdrungen. Einmal verstanden sind solche Fälle ein Geschenk im Examen: Alsooo: Die erste Frage ist immer, ob das Einverständnis des Getäuschten beachtlich ist. Die Abgrenzung findet bei § 263 in der
Vermögensverfügungstatt. Ist es beachtlich? (der Getäuschte stand im Lager des Geschädigten) dann scheidet immer Diebstahl aus, weil bei
§ 242ein
tatbestandsausschließendes Einverständnisvorliegt welches zu Lasten des Geschädigten wirkt. Stellen wir fest, dass der Verfügende nicht im Lager des Geschädigten stand, ist sein tatbestandsausschließendes Eiverständnis unbeachtlich. Es wäre ja auch unbeachtlich, wenn ich einem 3. gestatte in dein Haus einzubrechen. Ich bin dazu nicht befugt sofern ich nicht in deinem Lager stehe. Genau deswegen brauchen wir die Lagertheorie um zu klären, ob mein Einverständnis (ob durch
Täuschungverursacht oder nicht) beachtlich ist. Festzuhalten ist also: Die Lagertheorie entscheidet darüber, ob das natürliche Einverständnis des Getäuschten dem Geschädigten zugerechnet wird. Falls nicht liegt zwingend
Diebstahl in mittelbarer Täterschaftoder Trickdiebstahl vor. Zur Abgrenzung dessen: Es kommt darauf an, wer den Gewahrsam des Geschädigten gebrochen hat. War es der Getäuschte selbst, hat er den objektiven Tatbestand des
§ 242erfüllt. Da es ihm an der
Bereicherungsabsichtfehlt, ist er lediglich ein
absichtslos doloses Werkzeug. Stimmt der Getäuschte hingegen nur zu, dass ein
Dritterden Gewahrsam bricht, handelt es sich um klassischen Trickdiebstahl im Dreieck. Den Tatbestand des
§ 242hat dann alleine der Täuschende erfüllt. Ein "normaler" Diebstahl. Im hiesigen Fall( sofern man ein Näheverhältnis ablehnt): D hat nur zu C gesagt "ja okay, dann nimm es dir". Der objektive Tatbestand des
§ 242hat alleine C erfüllt. D hat gar nichts gemacht außer unbefugterweise mit dem Gewahrsamsbruch durch C einverstanden zu sein. Deswegen scheitert eine Strafbarkeit des C auch nicht an einem tatbestandsausschließenden Einverständnis! Denn was D sagt ist völlig egal, er durfte "nichts melden". Abschließend: Es macht keinen Unterschied, ob C dem D gesagt hat, dass er zum Abtransport berechtigt war oder ob C sich nachts heimlich auf das Grundstück schleicht und die Platten abtransportiert. Es ist
rechtlich exakt das gleiche. Denn sofern man sagt, D stand nicht im Lager des Opfers wird jede
Täuschungan ihm bei
§ 242unbeachtlich ( Außer beim Prüfen der mittelbaren Täterschaft bei der Tatherrschaft). In beiden Fällen hat alleine C den Tatbestand des
§ 242erfüllt. Das eine hat nur den fancy Namen "Trickdiebstahl". Dogmatisch ist ein Trickdiebstahl nichts anderes als ein normaler Diebstahl. Ich hoffe das hilft anderen auch diesen "Klick-Moment" zu erleben wie ich es gestern durfte :D