Strafzumessung - Minder schwerer Fall

5. Juli 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird wegen Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. A war geständiger Ersttäter, das Opfer nur leicht verletzt und der entwendete Gegenstand nur zehn Euro wert. Das Tatgericht legte den normalen Strafrahmen von „nicht unter einem Jahr“ ohne weitere Begründung zugrunde.

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Einordnung des Falls

Strafzumessung - Minder schwerer Fall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Legen die Urteilsfeststellungen die Annahme eines minder schweren Falles nahe, enthält das Urteil einen Darstellungsfehler, wenn das Tatgericht dies im Urteil nicht anspricht.

Ja!

Ob ein minder schweren Fall und damit eine Strafrahmenverschiebung anzunehmen ist, obliegt im Wesentlichen der Beurteilung durch den Tatrichter. Dessen Einschätzung ist in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar. Das Tatgericht muss das Vorliegen eines minder schweren Falles aber jedenfalls dann ausdrücklich erörtern, wenn sich dieser nach den Feststellungen aufdrängt oder zumindest nicht fern liegt. Anderenfalls liegt ein Darstellungsfehler vor, auf den die Revision gestützt werden kann (§ 337 Abs. 1 StPO).
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2. Legen die Urteilsfeststellungen hier einen minder schwerer Fall des Raubes nahe (§ 249 Abs. 2 StGB)?

Genau, so ist das!

Ein minder schwerer Fall liegt vor, wenn die mildernden Faktoren beträchtlich überwiegen. Dies ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände, die für die Wertung von Tat und Täter in Betracht kommen zu bewerten, gleichgültig ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder folgen. In Frage kommen etwa das Tatgeschehen selbst, das Vor- und Nachtatverhalten und die Folgen von Tat, Strafe und Verfahren in ihrer Wirkung auf den Täter. Beim Raub ist es zu berücksichtigen, wenn das Maß der Gewalt sehr gering ist. Der Umstand, dass A als Ersttäter handelte, im Prozess geständig war, die Gewalt nur sehr geringe Folgen für das Opfer hatte und die Beute sehr geringwertig war, legt die Annahme eines minder schweren Falles in der Gesamtbetrachtung nahe.

3. Das Urteil wird durch das Revisionsgericht wegen des Darstellungsfehlers insgesamt aufgehoben und zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Das Urteil ist nur aufzuheben „soweit" die Revision begründet ist (§ 353 Abs. 1 StPO). Eine Teilaufhebung ist nur zulässig, wenn der für die Aufhebung vorgesehene Urteilsteil selbstständig geprüft und rechtlich beurteilt werden kann, ohne dass auf die übrigen Teile der Entscheidung eingegangen zu werden braucht. Regelmäßig wird dies bei einer isolierten Aufhebung des Strafausspruchs wie hier der Fall sein. Das Revisionsgericht hebt das Urteil des Tatgerichts dann nur „im Strafausspruch" auf und verweist es an einen anderen Spruchkörpers des Ausgangsgerichts zurück (§ 354 Abs. 2 StPO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RO

royson

16.4.2025, 14:22:42

Ist die Aufgabe ein Beispiel für die

Darstellungsrüge

(oder warum ist von Darstellungsfehler die Rede)?

SPA

sparfüchsin

25.5.2025, 13:59:33

Auch hier die Frage, welchen Antrag ich stelle, wenn es um die Begutachtung der Aussichten einer Revision geht.

LEXA

lexa

7.6.2025, 12:23:01

mE hier dann auch die Aufhebung der Feststellungen, da nicht nur materielles Recht fehlerhaft angewendet wurde

ODI

Odin

23.6.2025, 10:56:52

@lexa welche Feststellungen würdest du denn aufheben bzw als fehlerhaft festgestellt ansehen? Ich würde behaupten, dass nur die materielle Anwendung (bzw die Gründe gegen die Anwendunh) von § 249 II StGB fehlerhaft nicht erörtert wurde. Das würde allerdings nur die rechtliche Wertung im Rechtsfolgenausspruch betreffen, sodass nur dieser anzugreifen wäre. Lasse mich aber gerne korrigieren 😅


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