Zivilrecht

Sachenrecht

Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Unberechtigte Untervermietung - nach Beendigung des Mietvertrages (Nicht-mehr-berechtigte Besitzer)

Unberechtigte Untervermietung - nach Beendigung des Mietvertrages (Nicht-mehr-berechtigte Besitzer)

16. Juli 2025

16 Kommentare

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Was versteht man unter dem „nicht-mehr-berechtigten“ Besitzer?

Fälle des nicht mehr berechtigten Besitzes sind dadurch gekennzeichnet, dass der Besitzer zunächst zum Besitz berechtigt war, dieses Besitzrecht aber dann geendet hat (zB Ablauf des Mietvertrages).

Nach der h.M. (Theorie der Anspruchskonkurrenz) sind die Regelungen des EBV nach Ablauf des Besitzrechts anwendbar.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

M mietet von V eine Einzimmerwohnung. Nach Beendigung des Mietverhältnisses verweigert M jedoch die Herausgabe der Wohnung und vermietet sie stattdessen an U für €200 unter.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Unberechtigte Untervermietung - nach Beendigung des Mietvertrages (Nicht-mehr-berechtigte Besitzer)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M hatte während des laufenden Mietvertrages ein Recht zum Besitz, weshalb keine Vindikationslage bestand.

Ja, in der Tat!

Der Mietvertrag begründete ein relatives Recht zum Besitz zugunsten des M nach § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Dieses Mietverhältnis war auch wirksam. Somit bestand während des laufenden Mietvertrages die, für den Anspruch aus § 985 BGB notwendige, Vindikationslage nicht.
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2. Nach Beendigung des Mietverhältnisses bestand eine Vindikationslage, sodass V von M unstreitig Nutzungsersatz aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB. verlangen kann

Nein!

Hat der Besitzer zunächst ein Besitzrecht, das erst später wegfällt, spricht man vom sogenannten nicht-mehr-berechtigten Besitzer. Dabei ist umstritten, ob die Vorschriften der §§ 985ff. BGB anwendbar sind. Nach einem Teil der Literatur (Lehre vom Vorrang des Vertragsverhältnisses) verdrängen die Rückabwicklungsvorschriften des Schuldverhältnisses die Regelungen des EBV, sodass ein Anspruch aus § 985 BGB ausgeschlossen wäre. Nach der h.M. (Theorie von der Anspruchskonkurrenz) hingegen sind die §§ 985ff. BGB neben den schuldrechtlichen Ansprüchen anwendbar, sofern das Schuldverhältnis nicht ausnahmsweise eine abschließende Regelung zur Rückabwicklung beinhaltet.

3. Nach der h.M. hätte V gegen M einen Nutzungsersatzanspruch aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB.

Genau, so ist das!

Nach der herrschenden Theorie von der Anspruchskonkurrenz sind die §§ 985ff. BGB neben den schuldrechtlichen Ansprüchen anwendbar. Der Anspruch aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB setzt (1) eine Vindikationslage, (2) Ziehung von Nutzungen durch den Besitzer und (3) Bösgläubigkeit des Besitzers voraus. EBV-Ansprüche sind nach der h.M. trotz des zuvor bestehenden Mietvertrages anwendbar. Eine Vindikationslage besteht, da der Mietvertrag gekündigt wurde. Die Untervermietung stellt auch eine Nutzungsziehung dar. M wusste, dass er die Wohnung herausgeben musste und war demnach bösgläubig bezüglich der Besitzberechtigung.

4. Kann V die €200 von M nach §§ 987 Abs. 1, 990 BGB herausverlangen, wenn man der Lehre vom Vorrang des Vertragsverhältnisses folgt?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach dieser Ansicht treten die Ansprüche aus dem EBV hinter die schuldrechtlichen Rückabwicklungsvorschriften zurück.Da zwischen V und M eine schuldrechtliche Verbindung in Form des Mietvertrages bestanden hatte, scheiden nach der Lehre vom Vorrang des Vertragsverhältnisses Nutzungsersatzansprüche aus dem EBV auch nach Ablauf des Mietvertrages aus.Dies gilt selbst dann, wenn wie hier keine (sekundären) Ansprüche aus dem Schuldverhältnis bestehen. Anders als bei der Untervermietung während des laufenden Vertragsverhältnisses bestünde hier aber zumindest ein Anspruch des V auf Herausgabe des Erlangten aus angemaßter Eigengeschäftsführung (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB). Hier ist M nämlich nicht mehr zum Besitz berechtigt, sodass die Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit ein fremdes Geschäft für M darstellt.
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