Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Unberechtigte Untervermietung - nach Beendigung des Mietvertrages (Nicht-mehr-berechtigte Besitzer)
Unberechtigte Untervermietung - nach Beendigung des Mietvertrages (Nicht-mehr-berechtigte Besitzer)
17. Juli 2025
16 Kommentare
4,8 ★ (33.527 mal geöffnet in Jurafuchs)
Was versteht man unter dem „nicht-mehr-berechtigten“ Besitzer?
Fälle des nicht mehr berechtigten Besitzes sind dadurch gekennzeichnet, dass der Besitzer zunächst zum Besitz berechtigt war, dieses Besitzrecht aber dann geendet hat (zB Ablauf des Mietvertrages).
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M mietet von V eine Einzimmerwohnung. Nach Beendigung des Mietverhältnisses verweigert M jedoch die Herausgabe der Wohnung und vermietet sie stattdessen an U für €200 unter.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Unberechtigte Untervermietung - nach Beendigung des Mietvertrages (Nicht-mehr-berechtigte Besitzer)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M hatte während des laufenden Mietvertrages ein Recht zum Besitz, weshalb keine Vindikationslage bestand.
Ja, in der Tat!
2. Nach Beendigung des Mietverhältnisses bestand eine Vindikationslage, sodass V von M unstreitig Nutzungsersatz aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB. verlangen kann
Nein!
3. Nach der h.M. hätte V gegen M einen Nutzungsersatzanspruch aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB.
Genau, so ist das!
4. Kann V die €200 von M nach §§ 987 Abs. 1, 990 BGB herausverlangen, wenn man der Lehre vom Vorrang des Vertragsverhältnisses folgt?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
juramk
17.4.2023, 13:07:40
Was wäre denn ein Beispiel für abschliessende Vorschriften zur Rückanwicklung, die nach der hM dann doch EBV Ansprüche ausschliessen?

Nora Mommsen
17.4.2023, 13:54:09
Hallo juramk, danke für deine Frage. Die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche inklusive des
Rücktrittsregimes stellen abschließende Vorschriften dar. :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
JonasRehder
25.7.2023, 13:45:49
Müsste daneben nicht ebenfalls ein Anspruch aus § 546a I BGB bestehen? Die Voraussetzungen lägen dafür doch vor, oder?
Leo Lee
3.8.2023, 13:00:26
Hallo JonasRehder, tatsächlich liegen die Voraussetzungen des § 546a I BGB auch vor, weshalb dieser Anspruch besteht. Beachte zudem - wie im Erklärungstext angedeutet - dass auch hier eine Konkurrenz zw. § 546a I BGB und der EBV-Vorschriften bestehen, wobei die Anwendbarkeit von § 987 ff. BGB umstritten ist (Siehe hierzu etwa MüKo-BGB 7. Auflage, Bieber §546a Rn. 23)! Liebe Grüße Leo
david1234
16.2.2024, 18:23:13
Hi! Thematisiert ihr hier am Anfang, dass M beim 1. Besitzerwerb gutgläubig war. Dann das Problem Umwandlung Fremd- in Eigenbesitz und dann kurz die hM darstellen und das dann als Besitzerwerb sehen? Oder überflüssig und damit besser weglassen?

Mephisto
25.10.2024, 15:49:35
Würde mich ebenfalls interessieren...

Sebastian Schmitt
8.1.2025, 11:53:02
Hallo @[david1234](229145), hallo @[Mephisto ](198941), dazu kann man sicherlich kurz etwas sagen, für überflüssig oder gar falsch halte ich das nicht. Die
Bösgläubigkeitspielt beim Punkt
Vindikationslageallerdings eigentlich noch keine Rolle, deswegen bin ich nicht sicher, was genau Du hier mit "am Anfang" meinst. Nimmt man hier eine
Vindikationslagean, kann man die ursprüngliche Gutgläubigkeit direkt beim Punkt "
Bösgläubigkeit" ansprechen. Man könnte dann kurz sagen, dass M zwar ursprünglich gutgläubig hinsichtlich seines eigenen BesitzR war (das ja objektiv sogar bestand), er aber ebenso wusste, dass sein BesitzR ab
Beendigungdes Mietverhältnisses erloschen, er also ab diesem Zeitpunkt bösgläubig war. Die Frage, ob in der Veräußerung eine neue Besitzbegründung zu sehen ist, ist dagegen mE wieder eher eine Frage der
Vindikationslage, also vorab anzusprechen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Lukas_Schulle
2.4.2025, 11:53:47
@[Sebastian Schmitt](263562) müsste es sich streng genommen nicht um einen Fall der nachträglichen
Bösgläubigkeitnach § 990 I 2 handeln? Oder kommt es hier auf die SV-Angaben an? Es gibt sicher Fallgestaltungen, in denen der Besitzer und Mieter, bereits bei Vertragsschluss von der Befristung eines Mietvertrages ausging und später trotzdem untervermieten möchte. Hier könnte und sollte es sich um einen Fall des § 990 I 1 handeln. Wenn der Mieter aber erst während der Miete auf Idee kommt, nach
Beendigungdes Mietvertrags weiterzuvermieten, sollte es ein Fall des § 990 I 2 sein. Auch der strengere Maßstab "positive Kenntnis" sollte eingehalten sein. Jedoch wird man hier auch annehmen können, dass die
Bösgläubigkeitbereits bei Vertragsschluss vorlag, wenn der Bezugspunkt seine fehlende Besitzberechitgung ist. Wenn dies der Bezugspunkt ist, kann es ja eigentlich nicht darauf ankommen, dass er sich dann entscheidet (auch) noch unterzuvermieten. Das Bewusstsein über sein Besitzberechtigung, die mit Vertrags
beendigungfehlt, sollte im Regelfall bei befristeten Mietverträgen, bereits bei Vertragsschluss vorliegen. Deswegen frage ich mich hier, ob M jemals gutgläubig hinsichtlich seines
Besitzrechts, für den Zeitpunkt nach Vertrags
beendigung, war? Damit würde es sich aber um einen Fall des § 990 I 1 handeln. Sicher hier nicht maßgeblich für die Falllösung, da M im Ergebnis bösgläubig ist, aber für die Zitation. LG
Vincent
5.12.2024, 15:53:36
In Frage 3 wird gefragt ob der Anspruch "unstreitig" besteht. Diese und ähnliche Formulierungen sind mir jetzt schon mehrmals aufgefallen und sind meiner Meinung nach wenig hilfreich, da die Antwort auf diese immer "nein" ist. Offenere Formulierungen wären für den Lernerfolg meiner Meinung nach vorteilhaft.
YI
26.12.2024, 12:11:06
Ich bin etwas verwirrt warum keine
Vindikationslagevorliegen sollte. Unabhängig vom Zeitpunkt war M doch nie zur Untervermietung berechtigt. Liegt dann keine "Nicht-so-berechtigung" vor sodass eine Vinikationslage angekommen werden kann?
Dominikpolitics
26.12.2024, 18:55:38
Ich glaube hier geht es nur um die
Anspruchskonkurrenz, eine
Vindikationslageliegt in jedem Fall vor. Streit herrscht lediglich darüber, ob den
schuldrechtlichen Vorschriften alleine „Vorrang“ zukommen oder ob daneben die EBV-Ansprüche ebenfalls geltend gemacht werden können.
Aleton
25.4.2025, 11:09:28
Also ist jetzt nur so ne Vermutung, aber die Konstellation des "nicht-so berechtigten" Besitzer kannst du nicht anwenden, da das
Recht zum Besitzweggefallen ist (aufgrund der Kündigung). Ich glaube diese Konstellation ist ja dadurch gekennzeichnet, dass jemand im Rahmen seines
Recht zum Besitzüber seinem
Recht zum Besitzgehandelt hat.

G0d0fMischief
6.1.2025, 13:43:24
Wäre darüber hinaus auch eine Haftung aus §§ 990 II, 280 II, 286 BGB (
Vorenthaltungsschaden) denkbar? Angenommen es handelt sich um einen Ballungsraum und die Wohnung könnte direkt weitervermietet werden.

Nadim Sarfraz
7.7.2025, 17:41:21
Hallo @[G0d0fMischief](217996), danke für die gute Frage. (: Grds. stünde einem solchen Anspruch nichts im Weg, da sämtliche Vrss. vorliegen. Warum man allerdings oftmals nicht auf diese AGL stößt, hat mit § 546a BGB zu tun, der eine lex specialis für diese Situation anbietet. Würdest Du in einer Klausur
Anspruchskonkurrenzzwischen diesen beiden AGLs (vertretbar!) annehmen, solltest Du im Falle von Wohnraum aber darauf achten, die zusätzlichen Vrss des § 571 BGB auch in den Anspruch nach §§ 990 Abs. 2, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB mithineinzulesen, um diese gesetzgeberische Wertung nicht zu unterlaufen. Weniger Angriffsfläche (und weniger Potenzial, Korrektor:innen zu verwirren) bietet man in einer Klausur allerdings, wenn man sich mit § 546a BGB begnügt, der i.Ü. nicht einmal einen Schadensnachweis nach § 249 BGB verlangt. Wäre beweisbar, dass der Vermieter die Mietsache zu einem wesentlich höheren Mietzins als den ortsüblichen hätte weitervermieten können, wären §§ 990 Abs. 2, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB natürlich wieder interessant. (: Liebe Grüße, Nadim Sarfraz
zuso
14.5.2025, 17:59:43
Vielleicht ne blöde Frage, aber: In der Begründung zur Theorie von der
Anspruchskonkurrenzheißt es, die Anwendbarkeit ist möglich sofern das
Schuldverhältnis nicht ausnahmsweise eine abschließende Regelung zur Rückabwicklung beinhaltet. Wann weiß ich denn, ob diese Regelung nur abschließend ist oder nicht?