Polizeiverordnung (Beispielsfall)

14. Januar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Polizei erlässt eine stadtweit geltende Verordnung, die einen Leinenzwang für (näher bestimmte) gefährliche Hundearten vorsieht. Bei Verstößen ist ein empfindliches Bußgeld vorgesehen. Hundehalterin H ist hiermit nicht einverstanden und möchte gegen die Verordnung vorgehen.

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Einordnung des Falls

Polizeiverordnung (Beispielsfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H kann im Wege des Normenkontrollverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen die Verordnung vorgehen.

Ja, in der Tat!

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das OVG auf Antrag über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Die Verordnung als abstrakt-generelle Rechtsvorschrift steht im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. Ob die Rechtsschutzmöglichkeit des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in eurem Bundesland zur Verfügung steht, hängt von den jeweiligen Ausführungsgesetzen zur VwGO ab. Nur in Hamburg ist das Verfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht möglich. Berlin hat mit § 62a JustG mittlerweile eine entsprechende Regelung erlassen.
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2. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist die jeweilige allgemeine Generalklausel der Polizeigesetze.

Nein!

Der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel ist nach dem Grundsatz der Spezialität verwehrt, soweit eine speziellere Ermächtigungsgrundlage vorliegt. Für die Handlungsform der Rechtsverordnung sehen die Polizeigesetze der Länder eine spezielle Ermächtigungsgrundlage vor (z.B. § 25 Abs. 1 BbgOBG, § 94 Abs. 1 SOG LSA, § 55 Abs. 1 NPOG). Zu beachten ist außerdem, dass neben den Generalklauseln teilweise Spezialermächtigungen bestehen, die einen Rückgriff auf die "Verordnungs-Generalklausel" verbieten. So würde unsere Verordnung etwa in Brandenburg auf die spezielle Ermächtigung zum Erlass von Hundehalterverordnungen des § 25a Abs. 4 BbgOBG gestützt werden und nicht auf das allgemeine Verordnungsrecht gemäß § 25 Abs. 1 BbgOBG. In Bayern fehlt eine allgemeine Ermächtigung in Form einer "Verordnungs-Generalklausel". Das Verordnungsrecht steht den Sicherheitsbehörden nur durch Spezialermächtigungen zu (etwa im bayLStVG).

3. Die einschlägige Landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Verordnung setzt tatbestandlich eine „Gefahr“ voraus. Ist die Verordnung damit nur rechtmäßig, wenn alle Adressaten eine konkrete Gefahr verursachen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Tatbestand zum Erlass einer Rechtsverordnung setzt gerade nur voraus, dass eine abstrakte Gefahr vorliegt (vgl. z.B. § 1 Abs. 1 HH SOG, § 55 Abs. 1 NPOG). Diese bemisst sich gerade nach einer typisierenden Betrachtung, bei der die typische Gefährlichkeit eines Verhaltens dazu Anlass gibt, dieser typischen Gefährlichkeit durch eine abstrakt-generelle Regelung zu begegnen. Würde eine konkrete Gefahr bei allen von einer Verordnung erfassten Sachverhalten gefordert, wäre der Anwendungsbereich erheblich verringert. Die Handlungsform der Verordnung wäre der Verwaltung dann kaum eröffnet, da ein solches Erfordernis kaum vorliegt und eine solche Prüfung praktisch kaum zu leisten wäre.

4. Rechtmäßige Verordnungen sind Teil der Rechtsordnung und fallen damit unter das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit.

Ja, in der Tat!

Ein Teilschutzgut der öffentlichen Sicherheit ist die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Dies umfasst die gesamte Rechtsordnung und damit Gesetze im formellen und materiellen Sinn. Die Verordnung als Gesetz im materiellen Sinne ist damit Teil des Schutzguts der öffentlichen Sicherheit in Form der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Dies hat zur Folge, dass eine (drohende) Verletzung eines in einer Verordnung enthaltenen Ge- oder Verbots die Polizei in einem konkreten Fall - vorbehaltlich des Vorliegens einer Gefahr - dazu ermächtigt, Maßnahmen zu treffen, die der Abwehr der konkreten Gefahr dienen. Diese Maßnahmen könnten dann etwa auf die polizeiliche Generalklausel (z.B. § 3 Abs. 1 SOG HH, Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayPAG, § 8 Abs. 1 PolG NRW) gestützt werden.
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