Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Widerruf & Verbraucherverträge

Widerrufserklärung - kommentarlose Rücksendung

Widerrufserklärung - kommentarlose Rücksendung

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Leseratte Liselotte (L) bestellt für sich auf der Homepage von Versandhändlerin V Prechts neuestes Buch „Freiheit für alle“. Nachdem sie ihn in einer Talkshow gehört hat, möchte sie es doch nicht mehr lesen. L schickt das Buch fristgerecht und kommentarlos an V zurück.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Widerrufserklärung - kommentarlose Rücksendung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Anwendungsbereich der Verbraucherschutzregelungen (§§ 312a-h BGB) ist eröffnet (§ 312 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Damit der Anwendungsbereich der Verbraucherschutzregelungen (§§ 312a-h BGB) eröffnet ist, muss nach § 312 Abs.1 BGB (1) ein Verbrauchervertrag (§ 310 Abs.3 BGB) vorliegen, bei dem sich (2) der Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet. L als Verbraucherin (§ 13 BGB) hat mit Unternehmerin V (§ 14 BGB) einen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über das Buch geschlossen (Verbrauchervertrag). Dadurch ist sie nach § 433 Abs.2 BGB zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Somit liegen die Voraussetzungen des § 312 Abs.1 BGB vor, sodass die Verbraucherschutzregelungen (§§ 312a-h BGB) Anwendung finden.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB).

Ja!

Ein Fernabsatzvertrag liegt vor, wenn Unternehmer und Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel (Legaldefinition § 312c Abs.2 BGB) verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines Fernabsatzsystems erfolgt (§ 312c Abs.1 BGB). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. L bestellt das Buch auf der Homepage von V. Sie geben ihre Willenserklärungen nicht bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit ab, sondern bedienen sich ausschließlich Fernkommunikationsmitteln. Die Homepage der V stellt zudem ein gerade für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem dar.

3. Steht L ein Widerrufsrecht zu, obwohl ihre Abneigung gegenüber Precht nicht unmittelbar mit dem Buch zu tun hat?

Genau, so ist das!

Durch das Widerrufsrecht (§ 312g BGB) soll der Verbraucher umfassend vor unüberlegten Entscheidungen geschützt werden. Bei Außergeschäftsraumverträgen wird der Verbraucher meist überrumpelt, sodass er unter Druck eine Willenserklärung abgibt, obwohl er den Vertrag eigentlich nicht will. Bei Fernabsatzverträgen hat der Verbraucher zudem keine Möglichkeit, die Leistung vor Vertragsschluss zu untersuchen. Um diesen Nachteilen entgegenzuwirken, kann sich der Verbraucher ohne Vorliegen eines bestimmten Grundesdurch Widerruf vom Vertrag lösen. L muss keinen Widerrufsgrund nennen. Es ist unerheblich, dass ihre Abneigung gegenüber Precht nichts mit dem Buch zu tun hat.

4. Durch die kommentarlose Rücksendung des Buches, hat L den Widerruf erklärt.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Widerruf erfolgt durch Erklärung des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer, aus der der Entschluss zum Widerruf des Vertrages eindeutig hervorgehen muss (§ 355 Abs.1 S.2,3 BGB). Erforderlich ist eine sprachliche Äußerung. Eine Erklärung des Widerrufs durch rein tatsächliches Verhalten ist ausgeschlossen. Das heißt die Rücksendung der Ware genügt nur dann, wenn sie von einer eindeutigen Erklärung begleitet ist. L hat das Buch lediglich kommentarlos zurückgesandt, sodass sie nicht wirksam den Widerruf erklärt hat. Dass gerade eine sprachliche Äußerung gefordert wird, folgt (1) aus Erwägungsgrund 44 der Verbraucherrechte-RL (Möglichkeit des Verbrauchers „in seinen eigenen Worten“ zu widerrufen). (2) Zudem hat sich der Gesetzgeber bewusst entschieden § 355 Abs.1 S.2 BGB aF zu streichen, wonach die Rücksendung der Ware der Erklärung des Widerrufs in Textform noch ausdrücklich gleichgestellt war.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

© Jurafuchs 2024