Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Widerruf & Verbraucherverträge
Widerrufserklärung - kommentarlose Rücksendung
Widerrufserklärung - kommentarlose Rücksendung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Leseratte Liselotte (L) bestellt für sich auf der Homepage von Versandhändlerin V Prechts neuestes Buch „Freiheit für alle“. Nachdem sie ihn in einer Talkshow gehört hat, möchte sie es doch nicht mehr lesen. L schickt das Buch fristgerecht und kommentarlos an V zurück.
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Einordnung des Falls
Widerrufserklärung - kommentarlose Rücksendung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Anwendungsbereich der Verbraucherschutzregelungen (§§ 312a-h BGB) ist eröffnet (§ 312 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB).
Ja!
3. Steht L ein Widerrufsrecht zu, obwohl ihre Abneigung gegenüber Precht nicht unmittelbar mit dem Buch zu tun hat?
Genau, so ist das!
4. Durch die kommentarlose Rücksendung des Buches, hat L den Widerruf erklärt.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
PlatschekJünger
29.9.2022, 09:55:02
Wenn L jetzt nicht mehr fristgerecht wörtlich den Widerruf einreicht? Hätte dann V gegen L einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung und L einen Anspruch darauf das Buch zurückzubekommen aus § 985 oder aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB. Und wer hätte dann die Kosten für das Versenden zu tragen?
ehemalige:r Nutzer:in
21.8.2023, 19:39:39
Interessante Frage! Dann ist der Kaufvertrag wirksam zustandekommen und der Anspruch der V auf Kaufpreiszahlung aus § 433 II BGB und der Anspruch der L auf
Übergabe und Übereignungdes Buchs aus § 433 I 1 BGB müssten Zug um Zug erfüllt werden. Solange V der L das Buch nicht wieder zuschickt, könnte L dem Anspruch der V auf Kaufpreiszahlung die Einrede aus
§ 320 BGBentgegenhalten. Den Anspruch auf „Erhalt“ des Buchs würde ich somit zunächst vertraglich über § 433 I 1 BGB lösen. Fraglich wäre hier aber, wie es sich auswirkt, dass L „freiwillig“ das Buch wieder zurückgeschickt hat. V hatte so gesehen ihre Pflicht aus § 433 I 1 BGB ja erfüllt und dann könnte die Einrede auch nicht mehr erhoben werden. Das wäre wohl ein streitiger Punkt.
ehemalige:r Nutzer:in
21.8.2023, 19:48:08
Ein Anspruch auf
Rückübereignungaus § 985 BGB käme bei entsprechenden Anhaltspunkten (V ist wieder im Besitz des Buchs und hatte vorher wirksam das Eigentum auf L übertragen; kein Recht zum Besitz der V ergibt sich aus dem wirksamen Kaufvertrag mit L) in Betracht. Aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB ergibt sich auch ein Anspruch auf
Rückübereignung, da V durch Leistung der L den Besitz am Buch (wieder)erlangt hat, ohne dass es einen Rechtsgrund (Kaufvertrag etc.) dafür gab.
ehemalige:r Nutzer:in
21.8.2023, 19:48:37
So hätte ich das gelöst, lasse mich aber gerne korrigieren!
ehemalige:r Nutzer:in
21.8.2023, 19:57:13
Was die Kosten für den Versand angeht, müsste man zunächst in die AGB schauen. Oft steht dort, dass die Kosten für die Rücksendung vom Käufer zu tragen sind. Sofern diese AGB einer Inhaltskontrolle standhalten kann, müsste L wohl erst recht die aufgrund ihres Versäumnisses (Widerruf nicht wirksam erklärt) entstandenen Versandkosten tragen. Steht hierzu nichts in den AGB, so ist § 357 Abs. 5 BGB zugrundezulegen. Nach Satz 1 trägt der Verbraucher die Kosten für die Rücksendung, wenn er vom Unternehmer ausdrücklich auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde. Nach Satz 2 trägt der Unternehmer die Kosten, wenn er sich dazu bereiterklärt hat. Wenn wir davon ausgehen, dass V die L gem. § 357 Abs. 5 BGB unterrichtet hat, so würde das meines Erachtens zur Folge haben, dass L erst recht auch die unnötig und von ihr verschuldeten Mehrkosten der „Rück-Rücksendung“ zu tragen hat. Sollte ein Fall des S. 2 vorliegen, liesse sich wohl streiten, wer die Kosten übernimmt. Diese sind ja von L verschilfet worden und V dürfte sich nicht ohne weiteres dazu bereit erklärt haben, auch diese Art von Kosten zu übernehmen. Aus Kulanz würde sie es vielleicht tun, aber juristisch erscheint mir das problematisch/strittig.
Im🍑nderabilie
12.2.2023, 17:46:06
Nachdem sie Precht in einer Talkshow gesehen hat 😂😂 Klasse Sachverhalt
Diaa
15.9.2023, 10:48:48
Ich verstehe nicht, wieso unter der ersten Frage § 312b I zitiert wird und dann in der zweiten Frage § 312c. Es liegt ja eindeutig ein Vertrag iSd § 312c vor.
Lukas_Mengestu
15.9.2023, 16:57:04
Hi Diaa, kann es sein, dass Du Dich verlesen hast? In Frage 1 geht es um § 312 Abs. 1 BGB, nicht § 312b Abs. 1 BGB. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team