Rückgriffskondiktion Grundfall
17. Februar 2025
27 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G hat bei K einen Rasen verlegt. Kurz darauf tritt Pilzbefall auf, welchen G beseitigt. Später stellt sich heraus, dass die Pilzsporen aus einem Dünger stammen, den K bei H gekauft hatte. G erklärt nachträglich, dass seine Leistung auf die Schuld des H bezogen war.
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Einordnung des Falls
Rückgriffskondiktion Grundfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat etwas erlangt (Leistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat den mangelfreien Rasen durch Leistung des G erlangt (Leistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
3. K hat den mangelfreien Rasen ohne Rechtsgrund erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
4. H hat etwas in sonstiger Weise erlangt i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (Rückgriffskondiktion).
Ja!
5. Diese Bereicherung des H war ohne Rechtsgrund.
Genau, so ist das!
6. H hat Wertersatz für das erlangte Etwas an G zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie
4.10.2022, 16:01:57
Warum wird hier die Umwidmung der
Tilgungsbestimmunganerkannt und der Fall danach gelöst, im Rahmen der Einheit zu den Dreiecksbeziehungen aber durchgehend abgelehnt? Das führt etwas zu Verwirrung :)
BrSa
11.8.2024, 15:23:44
Hi, falls es noch aktuell ist: Es gibt unterschiedliche Ansichten. Die herrschende Meinung löst gemäß der Einheit zu den Dreiecksbeziehungen, dies müsste die Mindermeinung sein. Eine Aufklärung von Jurafuchs wäre aber super :)

Sebastian Schmitt
6.12.2024, 11:45:43
Hallo @[Im🍑nderabilie](170862), inhaltlich hat @[BrSa](222308) es schon völlig richtig gesagt: Man kann dazu verschiedener Ansicht sein und die Einzelheiten sind im Schrifttum ziemlich umstritten. Die wohl hM (Rspr + TdL) erlaubt eine
nachträgliche Änderung der Tilgungsbestimmung, die Gegenansicht (anderer TdL) nicht (zu den ausgetauschten Argumenten und den Einzelheiten zB MüKoBGB/Schwab, 9. Aufl 2024, § 812 Rn 279 ff). Wir vertreten in unseren Aufgaben bewusst zu bestimmten Probleme nicht immer dieselbe Auffassung, um Euch ein Gespür für juristische Diskussionen und dafür zu vermitteln, warum und wie man in die eine oder andere Richtung argumentieren könnte. Transparenz ist insoweit natürlich zwingend, um Missverständnisse wie Deines zu vermeiden. Wir
bemühen uns deshalb darum, klar zu machen, dass verschiedene Meinungen vertreten werden und welcher davon wir folgen. Nach meiner kursorischen Durchsicht scheint das aber bei den Fällen zur nachträglichen
Tilgungsbestimmungen (konkret insbesondere diesen hier: https://applink.jurafuchs.de/7RUhSTXx6Ob, https://applink.jurafuchs.de/tBp80bZx6Ob) ganz gut zu passen. Für die Zukunft oder falls jemand von Euch gerade über einen Fall stolpert, bei dem Ihr (doch) ein Problem seht: Am einfachsten macht Ihr es uns und am schnellsten können Eure Hinweise geprüft und umgesetzt werden, wenn Ihr uns die Aufgabe, auf die Ihr Bezug nehmt, konkret nennt. Klickt dazu über der Aufgabe auf das Kästchen mit dem nach rechts oben herausragenden Pfeil ("Teilen"-Symbol), anschließend rechts auf die beiden überlappenden Quadrate. Dann habt Ihr den Link zur Aufgabe in der Zwischenablage und könnt ihn zB mit Strg+v in Euren Post einfügen. Falls das nicht geht, liegt es evtl an Eurem AdBlocker, also am besten die Jurafuchs-Seite whitelisten oder mal mit einem anderen Browser probieren. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Simon
10.8.2023, 22:02:21
Käme hier nicht eine GoA als Rechtsgrund in Betracht? Fremdes Geschäft (+), da H zur Beseitigung des Pilzbefalls verpflichtet war. Geschäftsführung (+), da rechtliches Tätigwerden für H durch Erfüllung der Verbindlichkeit. In diesem Zeitpunkt hatte G dann auch
Fremdgeschäftsführungswillen, da er bewusst die Verbindlichkeit des H befriedigen wollte. Handeln im Wille des H wohl (+), da er von seiner Verbindlichkeit frei wurde. Oder scheitert eine GoA daran, dass G im Zeitpunkt der Beseitigung des Pilzbefalls keinen
Fremdgeschäftsführungswillen hatte? Für mich kommt es aber eher auf den Zeitpunkt der
Tilgungsbestimmungan, da erst dadurch die Verbindlichkeit des H erfüllt wurde. Vielleicht scheitert es aber auch am mutmaßlichen Willen des H, da man nicht einfach davon ausgehen kann, dass H eine
nachträgliche Tilgungsbestimmungwollte, angesichts dessen, dass sich der Gläubiger seiner Verbindlichkeit dadurch änderte?
Marco
25.9.2023, 12:39:04
Der
Fremdgeschäftsführungswillemuss ja im Zeitpunkt der
Geschäftsbesorgungvorliegen (vgl. § 687 I BGB). Das ist ja hier offensichtlich nicht der Fall, da G seine
Tilgungsbestimmungerst nachträglich änderte, im Zeitpunkt der Geschäftsvornahme ging er davon aus, das Geschäft sei sein eigenes.

CR7
30.12.2023, 16:46:08
@Simon den Gedanken hatte ich auch, aber @Marco hat hier genau richtig beschrieben, dass der FGFW im Zeitpunkt der Vornahme des Geschäftes vorliegen muss
Diaa
15.10.2023, 07:51:50
Kann mir bitte jemand kurz den Fall erklären? Ich checke iwie nicht, wer was von wem und warum verlangt...!?

Irina95
1.11.2023, 21:13:49
G hat bei K Rasen ausgestreut, kurz darauf tritt ein Mangel am Rasen auf. Diesen Mangel muss G beseitigen. (
Sachmangel). G behandelt den Rasen und beseitigt den Mangel. Jetzt stellt sich aber heraus, dass G den Mangel gar nicht verursacht hat denn der K hat beim H die Rasensamen gekauft welche fehlerhaft
waren. Demnach hat der H den
Sachmangelzu vertreten. G hat aber bereits nacherfüllt und stellt jetzt klar, dass er mit seiner
Nacherfüllungeigentlich eine Verbindlichkeit des H erfüllt hat und keine eigene denn G kann nichts dafür das die Rasensamen fehlerhaft
waren. G hat demnach nacherfüllt und den
Sachmangel(fehlerhafter Rasen) beseitigt obwohl der H dazu verpflichtet gewesen wäre, weil H dem K den fehlerhaften Rasen verkauft hat.

ajboby90
14.11.2023, 21:25:25
auf welchen Zeitpunkt wird bei der Subsumption in Frage 2 abgestellt. Vor der geänderten
Tilgungsbestimmungliegt zweifellos eine Leistung von G an K vor, aber nach der Umwidmung doch wohl nur von G an H?

Nora Mommsen
16.11.2023, 11:10:13
Hallo ajboby90, danke für deine Frage. Der Zeitpunkt wäre relevant, wenn durch die Umwidmung bei K das "erlangte etwas" entfallen würde. Dies ist aber nicht der Fall. Auch wenn G die
Tilgungsbestimmungdahingehend ändert, dass er nicht eine eigene
Schuld, sondern die des H begleichen wollte, hat K weiterhin einen pilzfreien Rasen erlangt. Es dürfte mithin keinen Unterschied machen. Das erlangte etwas verbleibt bei K. Und auch die Ziel- und Zweckrichtung bleiben weiterhin zugunsten des K. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

LS2024
29.2.2024, 16:26:48
Handelt es sich hier nicht auch um eine
Verwendungskondiktion? Hier hat H ja auch nicht in ein Recht eingegriffen, da er an der Pilzbeseitigung gar nicht beteiligt war.
Leo Lee
4.3.2024, 11:06:17
Hallo LS2024, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat hat hier G etwas getan, obwohl er dies nicht hätte tun müssen (denn H hätte den Mangel beseitigen müssen). Somit hat er eine Verwendung getätigt, ohne Rechtsgrund, wodurch H – in sonstiger Weise als Leistung, da G gegenüber K leistete – bereichert wurde (Befreiung vom
Nacherfüllungsanspruch). Somit liegt ein Fall der Rückgriffs- bzw. Aufwendungskondiktion vor! Somit hast du völlig Recht! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Schwab § 812 Rn. 364 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

FW
14.11.2024, 15:08:29
Hi, Könnte mir jemand erklären, woraus man nachträglich eine
Tilgungsbestimmungändern kann? Irgendwie finde ich das Ergebnis nicht vertretbar. § 366 BGB spricht auch davon, dass „bei der Leistung“ die zu tilgende
Schuldbestimmt werden muss.

Major Tom(as)
20.11.2024, 23:54:01
Das hatte mich um ehrlich zu sein, auch verwundert und ich habe mal nachgesehen: In mehreren Entscheidungen nimmt der BGH an, dass dies mit einer analogen Anwendung von §366 I BGB möglich ist. Begründet wird dies damit, dass der
Schuldner schließlich durch die fehlende Kenntnis gar nicht die Möglichkeit hatte, sein Wahlrecht auszuüben. Ich habe dazu mal eine Stelle rauskopiert, in der das für einen (unbekannten) verlängerten Eigentumsvorbehalt begründet wurde: "366 Abs. 1 BGB regelt dagegen nicht unmittelbar die Frage, was zu gelten hat, wenn der
Schuldner bei der Leistung infolge einer ihm nicht offen gelegten Teil
abtretungvon dem Bestehen eines
Tilgungsbestimmungsrechts nach § 366 Abs. 1 BGB keine Kenntnis hat und es folglich nicht ausüben kann. In diesem Fall ist es ihm gestattet, sein Recht nachträglich wahrzunehmen. Damit wird der durch die verdeckte Teil
abtretungfür den
Schuldner begründete Nachteil ausgeglichen, dass seine Dispositionsfreiheit über die Art der Anrechnung von ihm erbrachter
Teilleistungen im Zeitpunkt der Leistung nicht gewährleistet war." (BGH,
Urteilvom 11. Mai 2006 - VII ZR 261/04) Dieses
Urteilwurde in BGH,
Urteilvom 24. Januar 2008 - VII ZR 17/07 noch weiter konkretisiert und die Vss. festgesetzt: "Das Recht einer (nachträglichen)
Tilgungsbestimmungkann dem
Schuldner nur dann zustehen, wenn in dem Zeitpunkt, in dem er seine Leistung erbringt, die Voraussetzungen des § 366 Abs. 1 BGB vorliegen. Er muss dem Gläubiger demnach im Zeitpunkt der Leistung aus mehreren
Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet sein oder eine einheitliche Forderung muss zwischen mehreren Gläubigern aufgeteilt sein und das von ihm Geleistete darf nicht zur Tilgung sämtlicher Forderungen ausreichen." Grundsätzlich schön und gut. Hier liegt aber ja das im zweiten
UrteilGenannte nicht vor (G ist ggü H gerade nicht verpflichtet)...
AndiSchmandi
11.12.2024, 08:31:32
Ich stehe grad etwas auf dem Schlauch und vielleicht kann mir jemand helfen, meinen Denkfehler zu entwirren: Zwischen H und K besteht doch eine Leistungsbeziehung, da der K von H die Samen gekauft hat. Müsste diese Leistungsbeziehung nicht eine
Nichtleistungskondiktiondes G sperren? Oder entfällt die Leistungsbeziehung, da der H die Befreiung von der Verbindlichkeit nicht "durch Leistung" des H erlangt hat?
Jann Grote
13.12.2024, 16:47:02
Du sagst es selbst bereits richtig! Beim Vorrang der Leistungsbeziehung schaut man immer auf das erlangte etwas. Wenn dieses erlangte etwas bereits durch Leistung erlangt wurde, greift der Vorrang. Hier erlangt H die Befreiung der Verbindlichkeit. Diese ist getrennt von dem Samenkauf von K-H zu betrachten. Die Befreiung der Verbindlichkeit ist nicht von der Leistung des H an K umfasst.

⚖️ Luca
18.1.2025, 17:45:11
Wie würde die Prüfung des Merkmals „auf dessen Kosten“ hier aussehen? Oder ist diese entbehrlich, stehe auf dem Schlauch.