Vertraglich vorausgesetzte Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB (PRRS-Virus)
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft für ihre Mastferkel-Zucht Sperma bei V. V bewirbt ihren Eberbestand als „PRRS-Virus-unverdächtig“. K setzt das Sperma in ihre Sauen ein. Danach informiert V sie, ihr Bestand sei PRRS-verseucht. Eine Infektion führt zu Totgeburten und ist auch für die Sauen lebensgefährlich.
Einordnung des Falls
Vertraglich vorausgesetzte Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB (PRRS-Virus)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V und K haben einen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über das Ebersperma geschlossen.
Ja, in der Tat!
2. Das gelieferte Sperma hat einen Sachmangel, da es von der „vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).
Nein!
3. Eine Sache hat einen Sachmangel, wenn sie sich nicht für die „nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung“ eignet (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).
Genau, so ist das!
4. Das Sperma hat einen Sachmangel, da es sich nicht für die "nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung" eignet (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
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ehemalige:r Nutzer:in
3.8.2021, 14:38:08
Der Gesetzgeber hat doch mit Vorschrift Nr. 2 extra den Raum gelassen, dass eine Sache Mängel hat, wenn Sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Was ist der Mehrwert wenn hier Nr. 1 derartig ausgelegt wird, obwohl aus dem SV nicht einmal hervorgeht, dass K und V einen Zweck vertraglich festgehalten haben. Dass BGH Urteil finde ich etwas absurd, da es ja mit Gesundheitsschäden und wirtschaftl. Risiko eher Fälle beschreibt, die sowieso unter Nr. 2 fallen.
Victor
4.8.2021, 08:14:22
Hier sind die Umstände gerade der Sonderfall. Die Verwertbarkeit wird offensichtlich für den Vertrag vorausgesetzt. Ist eher gerade aufgrund des Spezialfalles so. Ansonsten würde ich dir eher Recht geben.
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Lukas_Mengestu
8.11.2021, 12:48:37
Hallo ihr beiden, in der Tat ist hier jeweils der konkrete Einzelfall auszulegen. § 434 Abs. S. 2 Nr. 1 BGB setzt insoweit voraus, dass eine Beschaffenheit zwar nicht ausdrücklich vereinbart, aber von beiden Parteien eine bestimmte Verwendung übereinstimmend gewollt ist. In der Regel wird dies gleichzeitig auch der übliche Verwendung entsprechen. Der BGH hat hier ja auch einen Gleichlauf erkennen lassen, indem er hier jeweils auf die gleichen Kategorien verwiesen hat. Im Einzelfall sind aber Konstellationen denkbar, in denen die
vertraglich vorausgesetzte Verwendungnicht der üblichen Verwendung entspricht (zB wenn ich übereinstimmend davon ausgehe, dass ich den brandneuen Porsche als Blumenkübel verwenden will und er sich dafür dann nicht eignet...). Auch in diesem Fall soll der Käufer natürlich seine Mängelrechte geltend machen können. Da die Privatautonomie Vorrang hat, sind die einzelnen Mängelbegriffe in der vorgegebenen Hierarchie zu prüfen und auf die "übliche Verwendung" nur zurückzugreifen, sofern die übrigen Tatbestände nicht erfüllt sind. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
s.t.
4.9.2021, 11:16:58
Wieso erwähnt man hier nicht den Fall des S. 3
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Lukas_Mengestu
8.12.2021, 12:06:04
Hallo s.t., der § 434 Abs. 1 S. 3 BGB konkretisiert letztlich nur die geschuldete "objektive" Beschaffenheit nach § 343 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Der BGH hat hier indes darauf abgestellt, dass das Sperma schon nicht für die im Vertrag vorausgesetzten Verwendung tauge (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB). Da Satz 3 hierauf nicht verweist und nach dem derzeit noch gültigen Mangelbegriff ein Hierarchieverhältnis zwischen den einzelnen Mängeln besteht, hat der BGH hier nicht auf Satz 3 zurückgreifen müssen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
jomolino
20.1.2022, 10:04:30
Wieso wird nicht auf die öffentlichen Äußerungen des V abgestellt?
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Lukas_Mengestu
20.1.2022, 10:57:58
Hallo nomamo, da nach neuem Recht die objektiven und subjektiven Anforderungen grundsätzlich gleichrangig sind und kumulativ vorliegen müssen, könntest Du auch auf die öffentlichen Äußerungen abstellen. Nach altem Recht standen die unterschiedlichen Mangelbegriffe in einem Stufenverhältnis, sodass zunächst die
vereinbarte Beschaffenheitund die vorausgesetzte Verwendung zu prüfen waren. Da der BGH bereits die vorausgesetzte Verwendung bejaht hatte, brauchte er sich nicht mehr mit der öffentlichen Äußerung zu befassen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
![ll373](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__tcyhf2trjxzrhscodc1puevgl.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
ll373
23.1.2023, 19:18:24
Mal wieder Lob an den Zeichner :D
![Nora Mommsen](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__1g4ube287wphue6xpdn8yy675.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Nora Mommsen
24.1.2023, 13:03:46
@[ll373](198066), das leiten wir sehr gerne weiter! Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Leonie
26.7.2023, 15:00:43
Die Zeichnung ist ja Weltklasse 😂