Zivilrecht

Kaufrecht

Sach- und Rechtsmängel

Vertraglich vorausgesetzte Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB (PRRS-Virus)

Vertraglich vorausgesetzte Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB (PRRS-Virus)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Neues Kaufrecht 2022

K kauft für ihre Mastferkel-Zucht Sperma bei V. V bewirbt ihren Eberbestand als „PRRS-Virus-unverdächtig“. K setzt das Sperma in ihre Sauen ein. Danach informiert V sie, ihr Bestand sei PRRS-verseucht. Eine Infektion führt zu Totgeburten und ist auch für die Sauen lebensgefährlich.

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Einordnung des Falls

Vertraglich vorausgesetzte Verwendung – Sachmangel nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB (PRRS-Virus)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V und K haben einen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über das Ebersperma geschlossen.

Ja, in der Tat!

Ein Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme (§§ 145ff. BGB) zustande.V hat sich verpflichtet, K die Spermaportionen zu übergeben und zu übereignen (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Sie muss K das Ebersperma "frei von Sach- und Rechtsmängeln" (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) verschaffen. K hat sich verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und das Sperma abzunehmen (§ 433 Abs. 2 BGB).
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2. Das gelieferte Sperma hat einen Sachmangel, da es von der „vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).

Nein!

Eine Beschaffenheisvereinbarung liegt insbesondere vor, wenn der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in bestimmter Weise umschreibt. Die Annahme einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung kommt dabei nicht "im Zweifel", sondern nur in eindeutigen Fällen in Betracht. Der Verkäufer muss dafür zu erkennen geben, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. BGH: Allein die Bezeichnung als "PRRS-unverdächtig" biete keine ausreichende Grundlage für die Annahme, V habe damit stillschweigend die Gewähr für unbelastetes Sperma übernehmen und für alle Folgen einer Virusbelastung einstehen wollen (RdNr. 13f.).§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.

3. Eine Sache hat einen Sachmangel, wenn sie sich nicht für die „nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung“ eignet (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Auf eine nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB) kommt es an, wenn keine Beschaffenheit vereinbart ist (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). In beiden Fällen handelt es sich um ein subjektives Kriterium. BGH: Vertraglich vorausgesetzt ist die zwar nicht vereinbarte, aber von beiden Vertragsparteien unterstellte Verwendung der Kaufsache, die von der gewöhnlichen Verwendung abweichen kann. Die Eignung einer Sache für eine bestimmte Verwendung ist nicht erst zu verneinen, wenn die Tauglichkeit der Sache zu diesem Gebrauch ganz aufgehoben ist, sondern bereits dann, wenn sie lediglich gemindert ist (LS. 1, 2). § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB a.F.

4. Das Sperma hat einen Sachmangel, da es sich nicht für die "nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung" eignet (§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

BGH: Die Eignung der Kaufsache für deren nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung sei grundsätzlich in den Fällen gemindert oder ganz aufgehoben, wenn mit dieser Verwendung erhebliche Gesundheitsgefahren oder das Risiko eines großen wirtschaftlichen Schadens verbunden seien. K und V haben eine Verwendung des Spermas zum Zweck der Besamung der Zuchtsauen vorausgesetzt (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB). Mit dem PRRS-Virus belastetes Sperma eignet sich nicht zur gefahrlosen Besamung von Sauen und kann sich auf die Rentabilität des Zuchtbetriebs negativ auswirken. Es ist daher mangelhaft iSv § 434 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2 BGB (RdNr. 15ff.).
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