Strafrecht
BT 5: Verkehrsdelikte
Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b StGB
§ 315b Abs. 5 StGB: Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination
§ 315b Abs. 5 StGB: Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Bauer B vergisst, das Weidetor zu schließen. Anstatt eine entwichene Kuh wieder einzufangen, was ihm gelingen würde, hofft er, sie würde von selbst wieder zurückkommen. Die Kuh legt sich auf die angrenzende Straße. Später kann O nicht bremsen und verletzt sich bei dem Unfall.
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Einordnung des Falls
§ 315b Abs. 5 StGB: Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem B nicht verhinderte, dass die Kuh sich auf die Straße legte, hat er ein "Hindernis durch Unterlassen bereitet" (§§ 315b Abs. 1 Nr. 2, 13 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. B hat "die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt" und es bestand eine "konkrete Gefahr für Leib oder Leben" des O (§ 315b Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
3. Indem B das "Hindernis durch Unterlassen bereitete" (§§ 315b Abs. 1 Nr. 2, 13 StGB), hat er den Gefahrerfolg quasi-kausal verursacht.
Ja!
4. B hat den subjektiven Tatbestand der §§ 315b Abs. 1 Nr. 2, 13 StGB verwirklicht.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. B hat den Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 315b Abs. 5 i.V.m. § 13 StGB verwirklicht (Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination).
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Bioshock Energy
5.5.2024, 14:34:29
Hallo, Wieso liegt hier kein Fall des § 315b I Nr. 2 iVm. § 315b IV StGB iVm. § 13 StGB vor (
Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination)? Der Bauer hat es doch vorsätzlich unterlassen die Kuh wieder einzufangen, billigend in Kauf genommen, dass diese sich auf die Fahrbahn legt und damit fahrlässig die konkrete Gefahr verursacht, dass ein Autofahrer mit dieser verunfallt. M.A.n. passt der Abs. 4 hier sogar eher als der Abs. 5 Oder mache ich einen Denkfehler?
Maximilian Puschmann
13.5.2024, 17:48:38
Hallo Bioshock Energy, ich denke, man kann mit deiner Argumentation durchaus dazu kommen, dass kein Fall von bewusster Fahrlässigkeit mehr vorliegt, sondern der Bauer schon bedingt vorsätzlich handelt. Jedoch spricht das Singularwort „hofft“ für bewusste Fahrlässigkeit. Die Definition von bewusster Fahrlässigkeit ist: „
Bewusst fahrlässighandelt, wer es für möglich hält, dass er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, aber pflichtwidrig darauf vertraut, dass er ihn nicht verwirklichen werde.“ Also ist ein Erkennen, dass es zu einem Unfall kommen könnte, noch nicht ausreichend dafür, dass vorsätzliches Handeln vorliegt. Er „hofft“ also „vertraut“ drauf, dass es schon gut gehen wird. Dies ist immer ein Indiz in der Klausur des 1. Staatsexamens für das Vorliegen einer bewussten Fahrlässigkeit. Beste Grüße Max - für das Jurafuchs-Team
David S.
30.7.2024, 19:30:00
@
Maximilian Puschmannist es nicht vielmehr so, dass der Täter bei bedingtem
Vorsatzdarauf hofft, dass alles gut gehen wird und er bei bewusster Fahrlässigkeit darauf vertraut, dass alles gut gehen wird? In deinem Kommentar schreibst du "Er "hofft" also "vertraut" drauf, dass es schon gut gehen wird.", aber ist das nicht gerade das Abgrenzungskriterium zwischen
Vorsatzund Fahrlässigkeit. Klärt mich gerne auf, wenn ich da etwas falsch abgespeichert habe. David :)
agi
15.10.2024, 22:25:48
@[Bioshock Energy](207759) also so wie ich es verstanden habe, benötigt man für die Fälle des §315b I StGB „doppelten“
Vorsatz. Einmal bzgl. des Handlungteils und einmal bzgl. des Gefährdungsteils. Vorliegend hat der Bauer ja bereits keinen
Vorsatzbzgl. des Handlungteils, er lässt ja aus Versehen das Tor auf, wodurch die Kuh sich auf den Weg zur Straße macht und letztlich einen Hindernis darstellt. Somit hast du für den HAndlungsteil schon einmal wenn, dann nur Fahrlässigkeit gegeben. Bzgl. des Gefährdungsteils hofft er ja, dass die Kuh von selbst zurück ins Gehege findet, hoffen impliziert immer Fahrlässigkeit, hätte er es billigend in Kauf genommen, dass die Kuh nicht zurückgeht, hättest du für den Gefährdungsteils dolus eventualis gehabt.