Stellvertretendes Commodum (§ 285 BGB)

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von Hobbyradlerin R ein gebrauchtes Rennrad (Wert: €1.200) zum Preis von €800. Bevor sie es abholen kann, wird das gut gesicherte Fahrrad von unbekannten Dieben gestohlen. R erhält den Neupreis des Rades (€2.000) von ihrer Versicherung V ersetzt.

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Einordnung des Falls

Stellvertretendes Commodum (§ 285 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann von R Übergabe und Übereignung des Rennrades verlangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Leistungspflicht des Schuldners ist ausgeschlossen, wenn die Leistungserbringung unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Leistungspflicht ein dauerhaftes und unüberwindbares Hindernis entgegensteht. Es genügt, dass der Schuldner das Hindernis nicht überwinden kann (subjektive Unmöglichkeit).Aus den Umständen des Verkaufes (privat, gebrauchtes Rad) ergibt sich, dass K und R einen Kaufvertrag über eine Stückschuld (spezifisches Rennrad) abgeschlossen haben. Da R wegen des Diebstahls nicht mehr auf das Rad zugreifen kann, ist es R unmöglich das Rad an K zu übereignen. Ihre Leistungspflicht ist damit nach § 275 Abs. 1 Alt. 1 BGB ausgeschlossen.
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2. K kann von R Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB verlangen.

Nein!

Im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit richtet sich der Anspruch nach §§280 Abs. 1, 3, 283 BGB. Dieser setzt voraus: (1) Schuldverhältnis, (2) Nichtleistung aufgrund von Unmöglichkeit (=Pflichtverletzung), (3) Vertretenmüssen des Schuldners, (4) Schaden.Da R das Rad ordnungsgemäß gesichert hat, hat sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt. Sie hat die Unmöglichkeit somit noch nicht einmal fahrlässig verursacht und hat diese somit nicht zu vertreten (§ 276 Abs. 1 BGB).

3. K könnte gegen R einen Anspruch auf Herausgabe der €2.000 haben, wenn die Voraussetzungen des § 285 BGB vorliegen.

Genau, so ist das!

Der Anspruch auf Herausgabe des Ersatzes nach § 285 BGB setzt voraus, dass (1) ein Schuldverhältnis, (2) der Schuldners von seiner Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1-3 BGB frei wird und (3) infolgedessen einen Ersatz für den geschuldeten Gegenstand erlangt.Wie bereits festgestellt, liegt jedenfalls ein Schuldverhältnis in Form des Kaufvertrages zwischen K und R vor und die Leistungspflicht ist wegen subjektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen (§ 275 Abs. 1 BGB). Achtung: § 285 BGB ist eine eigenständige Haftungsgrundlage, die nicht an § 280 Abs. 1 BGB anknüpft. Es bedarf weder der Pflichtverletzung noch eines Vertretenmüssens.

4. K kann die €2.000 verlangen, da es sich hierbei um einen Ersatz für das geschuldete Rennrad handelte.

Ja, in der Tat!

Der Schuldner ist zur Herausgabe verpflichtet, wenn er einen Ersatz oder Ersatzanspruch für den ursprünglich geschuldeten Gegenstand erlangt hat (=stellvertretendes Commodum) und dieser in einem adäquaten Zusammenhang zum Leistungsgegenstand steht. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Zufluss unmittelbar durch das Ereignis ausgelöst wurde (lat: commodum ex re). Zudem muss das Surrogat im Hinblick auf seine Funktion identisch mit dem geschuldeten Gegenstand sein.V schuldete die Übertragung des Eigentums. Die von der Versicherung an V gezahlte Summe sollte ihn für den faktischen Verlust des Eigentums kompensieren. Insoweit besteht Identität zwischen Ersatz und geschuldeter Leistung.Unerheblich für Herausgabeanspruch ist insoweit, dass der Ersatz die ursprünglich geschuldete Leistung wertmäßig übersteigt.
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