AGB-Kontrolle
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Fahrradhändler F bestellt bei Hersteller H 20 Pegasus-Fahrräder. Dabei verwendet H seinen Standardkaufvertrag mit der AGB-Klausel: „Die Mängelgewährleistung ist auf die Nacherfüllung beschränkt.“ Die Fahrräder werden mit defekten Bremsen geliefert. Nach Ablauf der von F gesetzten Nacherfüllungsfrist erklärt F den Rücktritt.
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Einordnung des Falls
AGB-Kontrolle
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer unter weiteren Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten (§§ 437 Nr. 2 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Gewährleistungsbeschränkung ist wegen § 476 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Die Gewährleistungsbeschränkung kann grundsätzlich gegen die §§ 305ff. BGB verstoßen und damit unwirksam sein, obwohl H seine AGB gegenüber einem Unternehmer (§ 14 BGB) verwendet.
Ja!
4. Die Gewährleistungsbeschränkung ist hier unwirksam, weil sie gegen § 309 Nr. 8b lit. bb BGB verstößt.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Die Regelungen in den §§ 308, 309 BGB sind bei Verträgen zwischen Unternehmern bedeutungslos, weil sie grundsätzlich nicht anwendbar sind.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Die Beschränkung auf die Nacherfüllung benachteiligt den F unangemessen und ist daher unwirksam (§ 307 Abs. 1, 2 BGB).
Ja!
7. Die Klausel als solche verstößt auch gegen § 309 Nr. 7 lit. a BGB.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tr(u)mpeltier junior
30.1.2021, 14:22:25
Bei der vorletzten Frage bin ich etwas über die absolutheit des antworttextes hinsichtlich § 309 Nr. 8 b) bb) gestolpert. Richtig ist natürlich, dass er im b2C (Unternehmer-Verbraucher) Bereich wegen §476 bgb keine Bedeutung hat. Aber neben dem Geschäft zwischen Unternehmern (b2b) ist die norm nach mE grds auch bei Verträgen zwischen Privaten (c2c) anwendbar. Auch wenn es sicher seltener vorkommt, so ist es doch auch hier möglich, dass AGB eingesetzt werden (zB eBay Kleinanzeigen).
t o m m y
30.1.2021, 16:15:16
wo steht denn dort etwas gegenteiliges?
Tr(u)mpeltier junior
30.1.2021, 17:22:21
Am Ende der Antwort heißt es, dass die norm iE "nur" für den unternehmerischen Bereich relevant sein kann. Das würde aber nach meinem Verständnis im umkehrschluss heißen, dass die norm nicht nur im b2C, sondern auch im c2c keine Bedeutung hat. Wenn damit dagegen lediglich gemeint sein soll, dass die norm nur im geschäftlichen Bereich PRAXISrelevant ist, zB weil Verbraucher sich häufig keiner AGB bedienen, könnte man das ggfs ergänzen. Oder übersehe ich hier was?
t o m m y
30.1.2021, 17:54:28
achso! ja das stimmt wohl ganz theoretisch. das ding ist ja: der gesetzgeber packt bewusst klauseln in 309 rein, um b2b bestimmtes verhalten zu verbieten, obwohl er weiss dass 309 da gar nicht anwendbar ist. das spricht für die indizwirkung (auch wenn dieses vorgehen absurd ist...). dass das theoretisch auch c2c wirken könnte ist eher kollateralschaden ohne bedeutung, aber theoretisch müsstest du recht haben
Johannes Nebe
3.12.2023, 19:04:01
Auf jeden Fall ist die logische Konstruktion in der Erklärung zu Frage 6 unter (2) gewagt. Die Ausschlüsse des § 309 BGB können bei AGB ggü. einem Unternehmer wegen § 310 I 1 BGB nicht angewandt werden. Sie können aber Indizwirkung für die Unwirksamkeit gem.
§ 307 BGBhaben. So weit, so gut. Und nun soll die Tatsache, dass § 476 BGB ohnehin eine Klausel gem. § 309 Nr. 8 lit. b bb BGB ausschließt, belegen, dass die Klausel nicht nur auch auf AGB ggü. einem Unternehmer ausstrahlt, sondern besonders für AGB ggü. einem Unternehmer entworfen wurde? Die Zusammenhänge könnten auch andere sein, auch angesichts dessen, dass § 476 I 1 BGB in dieser Form erst seit 2018 existiert.
Lawlegend
19.2.2021, 17:10:50
Aber hier werden doch nur die Mängelgewährleistung auf die nacherfüllung beschränkt. Warum verstößt die Klausel gegen Nr. 7a?
Lukas_Mengestu
20.12.2021, 12:51:09
Hallo Lawlegend, zu den Mängelgewährleistungsrechten gehört auch der
Schadensersatz neben der Leistung(§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB), wenn der Schaden auf einem Mangel der Kaufsache beruht. Wenn die Mängelgewährleistungsrechte nun auf die Nacherfüllung beschränkt sind, wird dadurch auch dieser Schadensersatzanspruch pauschal ausgeschlossen (also auch bei fahrlässiger Verletzung des Körpers). Da sich die Klausel nicht geltungserhaltend reduzieren lässt, ist sie aufgrund dieses Verstoßes mittelbar über § 307 Abs. 1, 2 BGB auch auch zwischen Unternehmern insgesamt unwirksam. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
justlaw
14.6.2023, 18:11:05
bei der letzten Antwort sollte vielleicht noch eingefügt werden, dass die Klausel wegen der Indizwirkung des § 309 Nr. 7a gegen § 307 I, II BGB verstößt -> nach der jetztigen Antwort klingt es so, als sei § 309 auch zwischen Unternehmern direkt anwendbar
Flohm
6.3.2024, 14:45:10
Warum ergibt sich aus §310 I 2, dass die Wertung der §§308,309 zur Konkretisierung der Unangemessenheit zu berücksichtigen sind? §310 I 2 verweist doch nur auf §307 I,II.
Dogu
14.6.2024, 11:22:32
Nö, in § 310 I 2 wird doch am Ende des ersten Hs. wortwörtlich auf § 309 BGB verwiesen?