Strafrecht
Strafprozessrecht
Verfahrensgrundsätze (Prozessmaxime)
Anklagegrundsatz, Anklagemonopol und Offizialprinzip - Einführungsfall
Anklagegrundsatz, Anklagemonopol und Offizialprinzip - Einführungsfall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
D klaut das Fahrrad seines Nachbarn N aus dessen Garten. N ist empört. Da N sich hobbymäßig mit der Juristerei auseinandersetzt, schreibt er sofort eine mustergültige Anklage gegen D und sendet sie ans Amtsgericht.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Anklagegrundsatz, Anklagemonopol und Offizialprinzip - Einführungsfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach § 151 StPO kann es grundsätzlich nur zu einer gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung kommen, wenn eine öffentliche Klage erhoben ist.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Bei Vorliegen eines Privatklagedelikts nach § 374 Abs. 1 StPO kann der Bürger eine Klage auch ohne vorherige Anrufung der Staatsanwaltschaft erheben. War N die Klage hier möglich?
Nein!
3. Richter R erhält die Anklageschrift des N. Kann er die Hauptverhandlung gegen D selbstständig eröffnen, wenn er eine Anklage für sinnvoll hält (§ 152 Abs. 1 StPO)?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Jeder Bürger kann immer vor den Strafgerichten Anklage erheben, ohne dass vorher die Staatsanwaltschaft tätig wird (§ 152 Abs. 1 StPO).
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
FW
23.9.2024, 20:16:47
Hi, Bei geringwertigen Sachen wird ja teilweise die Tat nur auf Antrag verfolgt. Wo muss dieser Antrag im Sinne des § 248b gestellt werden und was ist dessen Rechtsfolge? Bedeutet dies, dass ich diesen Antrag bei der zuständigen
Behörde( Polizei, Staatsanwaltschaft) stellen muss und der Staatsanwalt dann quasi verpflichtet ist, eine öffentliche Anklage zu erheben? Oder ist der § 248b ähnlich wie die Privatklage ( § 374 StPO) zu handhaben?
Linne_Karlotta_
24.9.2024, 08:57:19
Hallo @[FW](139488), danke für deine Frage. Ich gehe davon aus, dass du den Antrag nach
§ 248a StGBmeinst. Aus dieser Norm ergibt sich, dass der Diebstahl geringwertiger Sachen ein
relatives Antragsdeliktist. Die Tat wird also nur auf Antrag des Berechtigten (vgl. § 77 StPO) oder aber dann verfolgt, wenn trotz fehlendem Antrags ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Der Antrag kann nach § 158 Abs. 1 StPO bei der Staatsanwaltschaft oder Gericht gestellt werden, die örtliche Zuständigkeit muss der Antragsteller nicht beachten (siehe auch Schönke/Schröder/Bosch, 30. Aufl. 2019, StGB § 77, RndNr. 35, beck-online). Wird ein Strafantrag gestellt, ist die Staatsanwaltschaft aufgrund des Legalitätsprinzips zunächst verpflichtet, entsprechende Ermittlungen einzuleiten. Sie ist jedoch nicht dazu verpflichtet, Anklage zu erheben. Denn auch, wenn ein Strafantrag gestellt wurde, kann die Staatsanwaltschaft die Sache nach den §§ 153,
153a StPOeinstellen. Außerdem können die Ermittlungen auch zu dem Ergebnis führen, dass der für eine Anklage erforderliche hinreichende Tatverdacht (§ 170 Abs. 1 StPO) nicht besteht. In diesem Fall stellt die Staatsanwaltschaft ebenfalls ein (
§ 170 Abs. 2 StPO). Für § 248b Abs. 1 StGB gilt übrigens dasselbe mit dem feinen Unterschied, dass es sich hierbei um ein
absolutes Antragsdelikthandelt, die Tat also ohne Strafantrag nicht verfolgt wird (in § 248b Abs. 3 StGB ist nämlich gerade nicht das besondere öffentliche Interesse normiert). Von den
Antragsdelikten sind die Privatklagedelikte zu unterscheiden. Bei den in § 374 StPO normierten Fällen bedarf es keiner öffentlichen Anklage (die nur durch die Staatsanwaltschaft zu erheben ist, § 152 Abs. 1 StPO). Vielmehr können die Verletzten selber Klage am Gericht erheben. Wird ein Strafantrag gestellt, ist das hingegen quasi der „Auftrag“ an die Staatsanwaltschaft, zu ermitteln und ggf. Anklage zu erheben. Zu deiner Frage:
§ 248a StGB(und § 248b StGB) ist nicht so zu handhaben, wie § 374 StPO. Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
FW
24.9.2024, 12:26:34
Danke für die sehr ausführliche und verständliche Erklärung! Hab’s verstanden