Zivilrecht
ZPO II: Zwangsvollstreckungsrecht
Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO
Statthafter Rechtsbehelf bei Vollstreckungsvertrag
Statthafter Rechtsbehelf bei Vollstreckungsvertrag
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S und G schließen einen Vertrag, in dem sie sich verpflichten, die Zwangsvollstreckung nicht in Gesellschaftsanteile der jeweils anderen Partei zu betreiben. Wegen einer offenen Geldforderung gegen S pfändet G dennoch den Anteil der S an einer GbR, die mit Sportwagen handelt. S möchte sich gegen die Pfändung wehren.
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Einordnung des Falls
Statthafter Rechtsbehelf bei Vollstreckungsvertrag
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Zwangsvollstreckung richtet sich nach §§ 802a ff. ZPO.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die GbR hat unlängst einen Porsche erworben. Kann G diesen oder einen Anteil an diesem pfänden?
Nein!
3. G hat die Wahl, ob er den Gewinnanteil des S geltend machen oder die Mitgliedschaft des S kündigen will, um auf den Abfindungs- bzw. Auseinandersetzungsanspruch zuzugreifen.
Genau, so ist das!
4. Durch Vollstreckungsverträge (wie hier) können die Parteien die Zwangsvollstreckung im Rahmen der Privatautonomie komplett frei gestalten.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Statthafter Rechtsbehelf wegen eines Verstoßes gegen einen Vollstreckungsvertrag ist die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO).
Nein!
6. Für das Vorgehen der S gegen die Zwangsvollstreckung ist die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO analog) statthaft.
Genau, so ist das!
7. Durch die Pfändung des Gesellschaftsanteils rückt G in die gesellschaftliche Stellung des S ein.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Vallowitz
11.8.2021, 12:50:29
Das hab ich leider nicht ganz verstanden. Heißt das die
Vollstreckungsabwehrklageist
statthafte Klageartund in der
Begründetheitwird 802a ff. ZPO geprüft? Vielen Dank 🦊
Lukas_Mengestu
29.11.2021, 14:00:06
Hallo Vallowitz, vielen Dank für deine Nachfrage. Die ersten Fragen dienten zunächst der Orientierung im Zwangsvollstreckungsrecht. Wie Du schon richtig erfasst hast, ist hier die
Vollstreckungsabwehrklagein analoger Anwendung die
statthafte Klageart(§ 767 ZPO analog). Im Rahmen der
Begründetheitwerden nun aber nicht die §§ 802a ff. ZPO relevant. Vielmehr ist hier vorliegend zu prüfen, inwieweit die zwischen S und G geschlossene Vereinbarung wirksam war und eine Vollstreckung in die Gesellschaftsanteile verhindern kann. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
Pacta sunt servanda
5.3.2023, 11:20:38
Die Frage, ob 766 oder 767 im Falle des
Vollstreckungsvertrages
statthafter Rechtsbehelfist, ist hoch umstritten.
GoodMorning
15.9.2023, 08:25:41
Kurze Frage: Woraus genau ergibt sich, dass in einem
Vollstreckungsvertragkeine den Schuldner benachteiligende Klauseln vereinbart werden dürfen?
Simon Wessel
19.12.2023, 10:09:19
der Systematik & dem Telos der Normen des Zwangsvollstreckungsrecht ist zu entnehmen, dass der Schuldner gegen "das scharfe Schwert der ZvStr." umfassend geschützt sein muss (z. B. Rechtsbehelfe, §§ 811 ff. ZPO).
FW
14.10.2024, 11:41:16
Hi, könnte man nicht bei der
Vollstreckungsabwehrklageauf § 242 BGB i.V.m. mit den
Vollstreckungsvertrag( § 311 I, 241 II) abstellen? Aus diesen folgt ja gerade die Pflicht, dass ich wegen einer Geldforderung gegen den anderen die Zwangsvollstreckung nicht betreibe. Aus der Verbindung mit dem Grundsatz des widersprüchlichen Verhaltens aus § 242 BGB könnte man doch eine materiell-rechtliche Einwendung bejahen, die man mit der
Vollstreckungsabwehrklagerügt. Oder wäre das eine unzulässige Durchbrechung des Grunsatzes der
Relativität der Schuldverhältnisse?
Tobias Krapp
17.10.2024, 15:14:36
Hallo @[FW](139488), sehr guter Gedanke! In der Tat kann ein rechtsmissbräuchliches, gegen den Grundsatz von Treu und Glauben iSd § 242 BGB verstoßendes Verhalten eine Einwendung nach § 767 I ZPO begründen. Beachte aber Folgendes: Die vorgetragenen Einwendungen müssen bei § 767 I ZPO den titulierten ANSPRUCH betreffen. Das ist bei § 242 BGB v.a. dann möglich, wenn der Gläubiger bezüglich des Anspruchs etwas verlangt, was er sofort wieder zurückgewähren müsste (dolo agit). So zB vom BGH angenommen in einem Fall, in dem ein Gläubiger eine titulierte Forderung (eine Rate einer Bau-Vorschussleistung) wegen einer fälligen vertraglichen Rückgewährverpflichtung (weil das Bau-Projekt zwischenzeitlich gescheitert war) sofort an den Schuldner hätte zurückzahlen müssen (BGH, Urt. v. 4.12.2014 – VII ZR 4/13). Dann liegt eine Einwendung gegen den Anspruch selbst vor. Aus einem
Vollstreckungsvertragfolgt dagegen keine Einwendung gegen den titulierten Anspruch selbst. Es geht hier nur um eine Beschränkung der Vollstreckung, nicht um den zugrundeliegenden Anspruch. Daher kann hier bei uns im Fall § 242 BGB nicht greifen und 767 I ZPO ist nicht direkt anwendbar. Ich hoffe, das hat weitergeholfen! Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias