Sachmangel: Schlechter Ruf/ Verdacht eines Mangels, § 434 Abs. 1 BGB


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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H kauft von V Fleisch. Kurz darauf erfährt er, dass dieses salmonellenverseucht sein soll. H möchte dieses Fleisch in seinem Restaurant weiterverkaufen.

Einordnung des Falls

Sachmangel: Schlechter Ruf/ Verdacht eines Mangels, § 434 Abs. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Fleisch ist frei von Sachmängeln, wenn es bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen genügt (§ 434 Abs. 1 BGB).

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Ja!

Das seit dem 1.1.2022 geltende Kaufrecht sieht einen Gleichrang von subjektivem und objektivem Fehlerbegriff vor. Die subjektiven Anforderungen ergeben sich detailliert aus § 434 Abs. 2 BGB, die objektiven aus § 434 Abs. 3 BGB. Die Montageanforderungen regelt § 434 Abs. 4 BGB. Nach § 434 Abs. 1 BGB a.F. war die Sache „frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit“ hatte. Danach hatte der subjektive Fehlerbegriff Vorrang.

2. Der Sachmangel muss feststehen. Der bloße Verdacht eines Mangels genügt nie, um einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 BGB zu begründen.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Bereits der Verdacht eines Mangels oder der schlechte Ruf einer Sache kann ausnahmsweise einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 BGB darstellen. Dies setzt voraus, dass der Käufer bereits aufgrund des Verdachts die Sache nicht in der vorhergesehenen Weise oder der vertraglich vorausgesetzten Art verwenden kann. In diesem Fall muss der Käufer ausnahmsweise nicht beweisen, dass ein Sachmangel tatsächlich besteht, sondern nur, dass (1) ein solcher Verdacht vorhanden ist, (2) den er nicht entkräften kann und (3) welcher die angestrebte Verwendung beeinträchtigt.

3. Sofern es H nicht gelingt den Verdacht zu entkräften, liegt ein Sachmangel vor (§ 434 Abs. 1 BGB).

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Ja, in der Tat!

Eine Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen genügt (§ 434 Abs. 1 BGB). Kann ausnahmsweise bereits ein bloßer Verdacht einen Sachmangel begründen, muss der Käufer darlegen und beweisen, dass (1) ein solcher Verdacht vorhanden ist, den er (2) nicht entkräften kann und (3) welcher die angestrebte Verwendung beeinträchtigt. Es besteht der Verdacht, dass das Fleisch Salmonellen enthält. Sofern sich dieser Verdacht bestätigen würde, entspräche es weder den subjektiven Anforderungen (hier: vertraglich vorausgesetze Verwendung) noch den objektiven Anforderungen (hier: gewöhnliche Eignung, übliche Beschaffenheit), da sich das Fleisch nicht ohne Gesundheitsgefährdung verzehren ließe. Sofern es H nicht gelingt, den Verdacht zu entkräften, kann er das Fleisch nicht in seinem Restaurant verkaufen.

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DeliktusMaximus

DeliktusMaximus

22.10.2023, 16:30:50

Ich glaube ihr meint statt H den V.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.10.2023, 10:13:52

Hallo DeliktusMaximus, hier ist tatsächlich H (der Käufer) gemeint. Grundsätzlich trägt dieser eigentlich die Beweislast dafür, dass bei Gefahrübergang ein Sachmangel vorlag. Gerade bei schnell verderblicher Ware ist dieser Beweis natürlich schwer zu führen, denn allein der Umstand, dass Salmonellen vorhanden sind, beweist noch nicht, dass dies auch schon zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs der Fall war. In diesem Fall besteht nun die Besonderheit, dass der bloße Verdacht auf Mangelhaftigkeit ausnahmsweise genügen kann, um einen Sachmangel zu begründen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn es dem Käufer nicht möglich ist, den Verdacht (hier: Salmonellenbefall) mit zumutbarem Aufwand zu entkräften. Im Originalfall wurde in der überregionalen Presse von infiziertem Hasenfleisch aus Argentinien berichtet und ein Teil der gelieferten Ware wurde auch von den Gesundheitsbehörden sichergestellt. Dies begründete den entsprechenden Verdacht. Um diesen auszuräumen, hätten letztlich sämtliche Kartons von einem Sachverständigen untersucht werden müssen, was mehr gekostet hätte, als die Ware selbst. Es war V also nicht zumutbar, den Verdacht zu entkräften. Auch wenn H erst später von der möglichen Salmonellenverseuchung erfuhr, so lastete dieser Verdacht bereits zum Zeitpunkt des Verkaufes auf der Ware. Ich hoffe, jetzt ist es noch etwas deutlicher geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DeliktusMaximus

DeliktusMaximus

25.10.2023, 01:13:01

Vielen Dank für die ausführliche Antwort!


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