Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2019
Sachmangel beim Pferdekauf – „Ein Pferd ist kein Gebrauchtwagen“
Sachmangel beim Pferdekauf – „Ein Pferd ist kein Gebrauchtwagen“
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von B ein Reitpferd – ohne Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit. Später stellt sich heraus, dass das Pferd eine Rippenverletzung aufweist, die jedoch vollständig und folgenlos ausgeheilt und das Pferd nunmehr klinisch unauffällig ist. K erklärt B den Rücktritt und verlangt von ihm die Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises.
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Einordnung des Falls
Sachmangel beim Pferdekauf – „Ein Pferd ist kein Gebrauchtwagen“
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, wenn das Pferd mangelhaft ist (§§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 5, 323, 437 Nr. 2 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Pferd hat einen Sachmangel (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB n.F., vertraglich vorausgesetzte Verwendung), da es sich nicht als Reitpferd eignet.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Das Pferd hat einen Sachmangel (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB n.F., gewöhnliche Verwendung), da es eine Vorverletzung hat.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Taylaw
13.10.2021, 20:07:31
Ich finde das Zusammenspiel von Bild und Sachverhalt hier ein wenig verwirrend. Schaut man nämlich das Bild an, glaubt man, V hätte K bei Abschluss des Kaufvertrages auf die Verletzung hingewiesen und K würde später trotzdem gerade deswegen zurücktreten wollen. Im SV stellt sich dann aber heraus, dass K von der Verletzung zunächst gar nichts wusste. Das ist natürlich nur eine Kleinigkeit, aber ich fand das gerade irritierend. Die anzusprechenden Probleme würden sich jedenfalls unterscheiden.
Taylaw
13.10.2021, 20:08:58
Oh wartet - das soll der Arzt sein, richtig? Dann macht das selbstverständlich mehr Sinn. Entschuldigt bitte!
Lukas_Mengestu
14.10.2021, 08:23:47
Hi Taylaw, gar kein Problem :-) In der Tat ist hier auf der linken Seite nicht der Verkauf dargestellt, sondern einen anschließende Untersuchung, in der K erstmalig erfährt, dass sein Reitpferd die besagte Verletzung erlitten hatte. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Petrus
29.8.2022, 09:43:27
Nur aus Interesse: Handelt es sich bei dem Pferd dann um eine „gebrauchte“ Sache? Oder sind verkaufte Tiere als „neu“ anzusehen?
bibu knows best
31.8.2022, 08:36:06
Wenn ich es richtig im Kopf hat sieht der BGH die Thematik rund um den Begriff "gebraucht" bei Pferden / Tieren so: ein junges Pferd ist zb nicht schon deshalb gebraucht weil einmal jemand drauf geritten ist und dem Pferd seinen Nutzen zugeführt hat. Andersherum kann ein 2 Jahre altes Pferd, dass noch nie geritten wurde auch nicht noch als neu gelten, da sich mit dem älter werden auch vorher nicht vorhersehbare Krankheiten ausbilden können oder das Tier zb nicht gut gepflegt wurde. Es ist daher stets eine Betrachtung im Einzelfall vorzunehmen. Der letzte Passus beruht auf folgendem Urteil: https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&url=https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py%3FGericht%3Dbgh%26Art%3Den%26Datum%3D2019-10-9%26nr%3D100841%26pos%3D24%26anz%3D25%26Blank%3D1.pdf&ved=2ahUKEwi28JHzuvD5AhUNn6QKHYJEAV84ChAWegQIGhAB&usg=AOvVaw0TighDMXSsZyAD5X2iaRms
Nora Mommsen
1.9.2022, 10:55:42
Hallo Petrus, danke für deine Frage und danke bibu knows best für deine Antwort. Tatsächlich ist es - wie so oft - eine Frage des Einzelfalls. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass Tiere nicht schon grundsätzlich ab ihrer Geburt oder der ersten Nahrungsaufnahme als gebraucht anzusehen sind, denn Tiere sind gem. § 90 Abs. 3 BGB grundsätzlich gleich den Sachen zu behandeln und das wäre unvereinbar wenn jedes Tier ab Geburt automatisch gebraucht wäre. Allerdings kann auch nicht einmaliges Reiten zum "gebraucht" Status führen. Ebensowenig kann ein 2 Jahre altes, nie gerittenes Tier als "neu" gelten, denn durch das Leben, Ernährung, Haltung, Aktivität und insbesondere die Geschlechtsreife tritt ein Sachmängelrisiko auf. Entsprechend dem Zweck des Gesetzes, den Verkäufer gebrauchter Sachen einer erleichterten Haftung auszusetzen, trifft dies auch auf Pferde zu, die schon einen gewissen Alterungsprozess durchlaufen haben. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Vanilla Latte
6.8.2024, 03:34:21
InDubioProsecco
7.6.2023, 20:54:26
Eine Frage zur Konstellation der fehlenden
Beschaffenheitsvereinbarung: Wenn es keine gibt, gibt es dann auch keine „subjektiven Anforderungen“ iSd § 434 Abs. 1 Alt. 1? Oder sind diese erfüllt? Was eignet sich hier als Klausurformulierung?
Lukas_Mengestu
9.6.2023, 11:14:20
Hallo InDubioProsecco, ohne weitere Spezifizierungen fehlt es in der Tat an spezifischen Anforderungen. Hier kannst Du also einfach feststellen, dass die Parteien eine
Beschaffenheitnicht vereinbart haben und dann die Frage aufwerfen, ob sich eine solche aber gegbenenfalls aus dem Vertrag ergibt. Auch die
vertraglich vorausgesetzte Verwendungzählt ja zu den subjektiven Anforderungen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
JJO
10.12.2023, 22:50:35
Die hier angegebene Definition für die gewöhnliche Verwendung verweist ausschließlich auf die
übliche Beschaffenheitund die nachfolgend genannten Argumente beziehen sich auch auf die
Beschaffenheitund nicht direkt auf die Verwendungsmöglichkeiten. M.E. wird hier nicht sauber genug differenziert. Wenn es bei der gewöhnlichen Verwendung nur um die
übliche Beschaffenheitginge, wäre diese Tatbestandsvariante überflüssig.
CR7
17.7.2024, 15:39:54
Liebe(r) JJO, hast du das Urteil gelesen?