Produzentenhaftung: Limonadenflaschen-Fall (Prüfpflicht und Qualitätssicherung)


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Klassisches Klausurproblem

A hat sich eine Limonade des Herstellers H gekauft. Die Limo befindet sich in einer Mehrweg-Glasflasche. Als A sie öffnen möchte, explodiert sie wegen Mikrorissen im Glas. A wird verletzt. H verteidigt sich damit, dass die Risse auch nach Abfüllen entstanden sein könnten.

Einordnung des Falls

Produzentenhaftung: Limonadenflaschen-Fall (Prüfpflicht und Qualitätssicherung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat eine Rechtsgutsverletzung erlitten (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja!

Das Rechtsgut Körper umfasst sowohl die Körperverletzung als auch die Gesundheitsschädigung. Körperverletzung bedeutet Eingriff in die körperliche Unversehrtheit oder Befindlichkeit. Eine Gesundheitsschädigung liegt bei einer Störung der inneren Lebensvorgänge vor. A wurde durch die Explosion der Glasflasche verletzt. Dies ist eine äußerliche physische Einwirkung auf den Körper.

2. Verletzungshandlung des H ist in einem Unterlassen zu sehen.

Genau, so ist das!

Eine Verletzungshandlung kann jedes Tun, Dulden oder Unterlassen sein, das durch beherrschbares menschliches Verhalten gesteuert werden kann. Da rechtlich höhere Anforderungen an ein Unterlassen als an ein aktives Tun gestellt werden, ist eine Abgrenzung erforderlich. Aktives Tun liegt vor, wenn jemand eine Gefahr für ein fremdes Rechtsgut begründet oder erhöht. Ein Unterlassen liegt vor, wenn eine bestehende Gefahr, ohne sie durch ein Tun zu erhöhen, nicht abgewendet wird. Eine Glasflasche birgt die Gefahr zu explodieren, wenn sie Mikrorisse aufweist und mit einem kohlensäurehaltigen Getränk gefüllt ist. Diese Gefahr hätte H durch die Prüfung der abgefüllten Flaschen verringern können. Damit ist dem H ein Unterlassen vorzuwerfen.

3. H hat eine Verletzungshandlung begangen, indem er es unterlassen hat, die Flaschen nach ihrer Abfüllung auf Mikrorisse zu untersuchen.

Ja, in der Tat!

Der Verkehr erwartet vom Hersteller, dass er technisches und menschliches Versagen durch Sicherungsmaßnahmen im Rahmen des technisch und wissenschaftlich Möglichen weitestgehend zurückdrängt. Dementsprechend muss er durch ein geeignetes Verfahren eine fehlerfreie Qualitäts- und Funktionsprüfung sicherstellen. Die Intensität der Qualitätskontrollen und Sorgfaltsmaßnahmen richtet sich nach der Komplexität des Produkts und der Art der gefährdeten Rechtsgüter. Durch eine explodierende Glasflasche kann es zu einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit eines Menschen kommen. Daher ist es dem H zumutbar, das Produkt auf seine einwandfreie Beschaffenheit zu prüfen.Dem Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, dass es sich um einen bloßen "Ausreißers" handelt. Ein Ausreißer liegt vor, wenn der Fehler auch bei Vornahme aller nach Stand der Technik zumutbaren Vorkehrungen nicht zu vermeiden gewesen wäre. In diesem Fall liegt keine Pflichtverletzung vor.

4. H hat dieses Verhalten auch zu verschulden.

Ja!

Grundsätzlich müsste auch A beweisen, dass H es fahrlässig unterlassen hat, die Flaschen zu untersuchen (Beibringungsgrundsatz). Hiervon wird jedoch bei der Produzentenhaftung eine Ausnahme gemacht, weil es dem Geschädigten eines Produkts in der Regel nur schwer möglich sein wird, dem Produzenten eines Produkts das Verschulden bezüglich der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nachzuweisen. Daher muss der Produzent selbst beweisen, dass er die angemessenen Maßnahmen getroffen hat (Beweislastumkehr). Dies kann H im vorliegenden Fall nicht. Daher hat er die Rechtsgutsverletzung der A auch zu verschulden.

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