Vermieterpfandrecht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V vermietet M eine Wohnung. M ist mit der Miete im Rückstand. M hat zwei Couchen in seiner Wohnung: eine Luxuscouch und eine gewöhnliche Couch. Die Luxuscouch veräußert M an Kaufmann K. K, der weiß, dass M zur Miete wohnt, holt die Couch am selben Tag ab.
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Einordnung des Falls
Vermieterpfandrecht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Couch war mit einem Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) des V belastet.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat Eigentum an der Designercouch erlangt.
Genau, so ist das!
3. Als K Eigentum erworben hat, ist das Vermieterpfandrecht an der Couch erloschen (§ 936 BGB, gutgläubiger lastenfreier Erwerb).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jana-Kristin
17.8.2020, 12:21:28
Woher sollte K wissen, dass die Wohnung des M eine Mietwohnung ist? Insoweit es dazu keine Anzeichen gibt, gilt mE die
Vermutungswirkung an den guten Glauben des Erwerbers, also K.
Eigentum verpflichtet 🏔️
17.8.2020, 13:07:58
Hallo Jana-Kristin, danke für deine, wie immer, sehr gute Anmerkung! Wir haben die Info im Sachverhalt ergänzt und gleich noch die entsprechende BGH Entscheidung ergänzt.
Eigentum verpflichtet 🏔️
17.8.2020, 13:17:38
Zusätzlich haben wir noch die Literaturansicht ergänzt und den Fall dahingehend erweitert, dass K Kaufmann ist, damit auch nach der Literatur Bösgläubigkeit gegeben ist.
bibu knows best
22.8.2022, 11:59:57
Also hat der Käufer Eigentum erworben jedoch belastetes?
Lukas_Mengestu
26.8.2022, 17:34:33
So ist es :-)
Fiona
15.6.2023, 14:17:02
Was für Folgen bringt belastetes Eigentum mit sich?
Dominic
10.8.2023, 08:33:44
Das würde ich auch gerne wissen.
Lukas_Mengestu
10.8.2023, 09:19:22
Hallo Fiona u. Dominic, das besitzlose
Vermieterpfandrechthat letztlich den gleichen Zweck wie das Faustpfandrecht (§§ 1204 ff. BGB). Es dient der Sicherung einer Forderung, genauer gesagt der Mietforderung. Kommt der Mieter seiner Verpflichtung zur Zahlung der Miete nicht nach, kann der Vermieter sein Pfandrecht verwerten. Dies erfolgt durch den Verkauf des Pfandes (§§ 1257, 1228 Abs. 1 BGB). Dieser erfolgt durch Versteigerung (§ 1235 Abs. 1 BGB). Der Eigentümer ist verpflichtet, das Pfand hierfür herauszugeben (§§ 1257, 12
31 BGB). Das belastete Eigentum birgt insofern die Gefahr, das Eigentum daran zu verlieren (vgl. § 1242 Abs. 1 BGB). Dem Eigentümer steht zwar ein Ablösungsrecht zu, d.h. er kann den Vermieter befriedigen (§ 1249 BGB). Dann steht er allerdings vor dem Problem, dass er selbst versuchen muss, sich das Geld vom säumigen Mieter zurückzuholen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
CR7
17.1.2024, 17:20:01
Das wäre optimal, sowas als Vertiefungshinweis zu bringen oder als Folgefrage (Stichwort: Vernetztes Lernen!)
evanici
14.9.2023, 19:16:26
Ich verstehe das Schema leider nicht ganz :-(... Ich würde also zunächst ohne Rücksicht auf die Belastung schauen, ob der Erwerber Eigentum an der beweglichen Sache erworben hat. Das ist entweder wie hier "pur" (wäre (1)) oder gutgläubig (wäre (3)) möglich. Weiterhin müsste die Sache mit einem dinglichen Recht eines Dritten belastet sein (2), sprich: (3) ist grundsätzlich "aufgeteilt" in den gutgläubigen Erwerb (§§
932ff.) an der Sache einerseits und den "Modifikationen" in § 936 I S. 2, 3 für das Erlöschen des Rechts des Dritten andererseits. Weiterhin müsste sich der gute Glauben auch auf die Lastenfreiheit beziehen (4) und keine Ausnahme i.S.d. § 936 vorliegen. § 935 analog deswegen, weil hier ein
Abhandenkommenin Bezug auf die Belastung hinsichtlich des Dritten geprüft wird und nicht das Eigentum selbst (6). Ist das so richtig? Das Schema deckt also einerseits Konstellationen ab, in denen der Eigentumserwerb einer belasteten Sache "normal" nach
§ 929S. 1 vom grundsätzlich Berechtigten erfolgt, allerdings die Belastung vom Veräußerer nicht erwähnt wird. Gleichzeitig könnte es aber auch sein, dass die Sache selbst schon gutgläubig erworben wurde und dann noch zusätzlich aber die Frage im Raum steht, ob auch die Belastung wegerworben wurde, dann gäbe es aber für den guten Glauben des Erwerbers zwei Unterschiedliche Bezugspunkte (an Eigentümerstellung des Veräußerers bzw. korrespondierenden Rechtsscheinstatbestand einerseits sowie guter Glaube an Nichtbestehen der Belastung andererseits). Insoweit kommt es hier nur auf § 936 I 1 an (in (3)). An der Gutgläubigkeit hinsichtlich des
Vermieterpfandrechts scheitert es ja hier. Wäre dies nicht der Fall, wäre die Ausnahme in § 936 II ebensowenig einschlägig. Würde man bei einem gesetzlichen besitzlosen Pfandrecht dann denn ein
Abhandenkommenbeim Vermieter grundsätzlich bejahen oder verneinen, wenn der Mieter sein Eigentum veräußert? Kann es sein, dass § 936 also einfach nur unglaublich viele Fälle abdeckt (gutgläubig/nicht gutgläubig kombiniert mit Erlöschen/Nichterlöschen der Rechte Dritter), die in §
§ 929ff. jeweils in einer einzigen Norm bzw. einem (Ab)Satz verarbeitet sind?
evanici
14.9.2023, 19:25:31
Leo Lee
16.9.2023, 16:51:02
Hallo evanici, die §§
932ff. spielen deshalb eine Rolle, weil § 936 im Grunde denjenigen, der gutgläubig Eigentum erwirbt, auch umfassend vor Drittrechten schützen will. Dafür muss er aber allen voran gutgläubig bzgl. des vermeintlichen Eigentums des Veräußerers gewesen sein. Nur wenn diese „Grundvoraussetzung“ gegeben ist, kann man dann über das Erlöschen von Drittrechten aufgrund Gutgläubigkeit auch bezogen hierauf reden. Sprich, wenn er bösgläubig ist bzgl. des Eigentums, kann er erst recht nicht bzgl. des Drittrechts geschützt werden über § 936. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage Oechsler § 936 Rn. 2 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo