Zivilrecht

Sachenrecht

Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Bösgläubigkeit beim Aufschwingen vom Fremd- zum Eigenbesitzer II

Bösgläubigkeit beim Aufschwingen vom Fremd- zum Eigenbesitzer II

6. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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A verleiht ihren Computer an ihre Freundin B. Als B stirbt, verkauft ihr Erbe E den gesamten Hausrat und verkennt dabei grob fahrlässig, dass der Computer nicht der B gehörte.

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Einordnung des Falls

Bösgläubigkeit beim Aufschwingen vom Fremd- zum Eigenbesitzer II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen A und B bestand von Beginn an eine Vindikationslage.

Nein, das trifft nicht zu!

Diese setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. Durch die Leihe bestand ein relatives Recht zum Besitz der B aus § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Der Erbe E trat im Wege der Universalsukzession in dieses Rechtsverhältnis ein. Das Besitzrecht entfiel erst mit dem Aufschwingen des E vom Fremd- zum Eigenbesitzer bei dem Verkauf des Computers, da das Besitzrecht auf den Fremdbesitz beschränkt war. Dadurch entstand die Vindikationslage.
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2. Es ist umstritten, ob das Aufschwingen vom Fremd- zum Eigenbesitzer einen (neuen) Besitzerwerb nach § 990 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt.

Ja!

Hat der Besitzer bei Besitzerwerb positive Kenntnis von seinem fehlenden Besitzrecht bzw. fahrlässige Unkenntnis, so haftet er nach §§ 990 Abs. 1 S. 1, 989 BGB. Wird der Besitzer dagegen erst nach Besitzerwerb bösgläubig, so haftet er erst ab positiver Kenntniserlangung (§§ 990 Abs. 1 S. 2, 989 BGB). Beim Aufschwingen des Fremdbesitzers zum Eigenbesitzer ist streitig, ob es sich hierbei um einen erstmaligen Besitzerwerb handelt, sodass bereits grobe Fahrlässigkeit zur Haftung führt oder in diesem Fall lediglich positive Kenntnis die Haftung begründet.

3. Stellt man im Hinblick auf den Besitzerwerb auf die tatsächliche Sachherrschaft ab, so hat sich E durch die Veräußerung nach §§ 990 Abs. 1 S. 1, 989 BGB schadensersatzpflichtig gemacht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Teil der Literatur versteht unter dem Besitzerwerb in § 990 Abs. 1 S. 1 BGB die Erlangung der Sachherrschaft (vgl. § 854 S. 1 BGB). Die bloße Veränderung des Besitzwillens sei dem nicht gleichzustellen. Anderenfalls würde die Wertung des § 990 Abs. 1 S. 2 BGB umgangen, nach der gerade nur die nachträgliche positive Kenntnis von der fehlenden Besitzberechtigung schädlich sei.Auch als Fremdbesitzer hatte E Sachherrschaft. Die Wandlung des Besitzwillens stellt danach keinen neuen Besitzerwerb dar, sodass eine Haftung lediglich bei positiver Kenntnis vom fehlenden Besitzrecht in Betracht käme. Da E lediglich grob fahrlässig verkannte, dass ihm kein Recht zum Verkauf des Computers zustand, scheidet nach dieser Auffassung eine Haftung aus §§ 990, 989 BGB aus.

4. Nach der Rechtsprechung stellt die Umwandlung in Eigenbesitz einen neuen Besitzerwerb dar.

Ja, in der Tat!

Nach der Rechtsprechung stelle auch die Umwandlung von Fremd- in Eigenbesitz einen neuen Besitzerwerb iSd § 990 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Das liege daran, dass Eigen- und Fremdbesitz ihrem Wesen nach verschieden seien und daher nicht gleichgesetzt werden können.Dies hat zur Konsequenz, dass eine Haftung in diesem Fall nicht nur bei positiver Kenntnis vom fehlenden Besitzrecht (§ 990 Abs. 1 S. 2 BGB), sondern bereits bei fahrlässiger Unkenntnis zum Zeitpunkt der Umwandlung des Besitzwillens in Betracht kommt.

5. Hat A nach der Rspr. einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 990 Abs. 1, 989 BGB gegen E.

Ja!

Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 990 Abs. 1, 989 BGB sind (1) das Vorliegen einer Vindikationslage, (2) Verschlechterung, Untergang oder sonstige Unmöglichkeit der Herausgabe, (3) Bösgläubigkeit des Besitzers, (4) ein Verschulden des Besitzers und (5) ein Schaden beim Eigentümer. Zum Zeitpunkt der Veräußerung bestand eine Vindikationslage. Durch die Veräußerung (§§ 929 S. 1, 932 BGB) des Computers ist die Herausgabe für E unmöglich geworden. Da die Rspr. in der Umwandlung zum unrechtmäßigen Eigenbesitz einen Besitzerwerb sieht, reicht grob fahrlässige Unkenntnis vom fehlenden Besitzrecht für die Haftung aus (§ 990 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Veräußerung erfolgte schuldhaft. Der Eigentumsverlust stellt einen Schaden des A dar.
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