Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
(Räuberische) Erpressung (§§ 253, 255 StGB)
Streitpunkt: Erfordernis der Vermögensverfügung
Streitpunkt: Erfordernis der Vermögensverfügung
19. April 2025
5 Kommentare
4,8 ★ (9.178 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Mitarbeiterin T findet heraus, dass Chefin O mit ihrem Sekretär eine Affäre hat. Unter Androhung dies öffentlich zu machen, fordert sie O auf, ihr € 10.000 zu überreichen. Aus Angst ihren Job zu verlieren, hebt O das Geld ab und gibt es T in bar.
Diesen Fall lösen 81,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Streitpunkt: Erfordernis der Vermögensverfügung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat O mit einem empfindlichen Übel i.S.d. § 253 StGB gedroht.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Verwirklichung der Erpressung eine Vermögensverfügung erforderlich.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Muss der Streit vorliegend entschieden werden?
Nein!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Diaa
29.8.2023, 14:10:29
Welche Rolle spielt das Argument hier "Rest an Freiwilligkeit"? Ich verstehe nicht so ganz seine Rolle hier. Ich kenne zur Abgrenzung Raub und räuberische
Erpressung.

Sambajamba10
18.1.2024, 13:43:30
Wenn wir uns den
§ 242anschauen, dann muss ein Gewahrsamswechsel durch
tatbestandsausschließendes Einverständnis"freiwillig" erfolgen. Auf diesem Grundsatz kann im Rahmen der §§ 253, 255 nur begrenzt zurückgegriffen werden, da der Täter ja Gewalt gegen eine Person anwendet oder mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht. Insofern sagt die Literatur, dass das Opfer mit einem "Rest an Freiwilligkeit" über sein Vermögen verfügen muss. Der Rest an Freiwilligkeit liegt in der Freiwilligkeit, die das Opfer noch dadurch hat, dass der Täter "nur"
vis compulsivaund nicht
vis absoluta(dann
Wegnahmebzw. Raub) zur
Erpressunganwendet

Sassun
6.2.2025, 11:54:54
Ich habe nie verstanden woraus die Lit. eigentlich das Erfordernis der Freiwilligkeit zieht. Der Begriff der
Vermögensverfügungerfordert nach den meisten Lehrbüchern / Kommentaren / Urteilen (bis auf den Rengier) dieses Merkmal im Grundsatz nicht. Vielmehr wird die
Vermögensverfügungüblicherweise so definiert: "Jedes Handeln, dulden oder Unterlassen, dass sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt". Meine Erklärung war bisher, dass die Lit. dieses Merkmal dadurch "konstruiert", dass sie die strukturelle Wesensverwandtschaft zu § 263 und damit zu Selbstschädigungsdelikten herstellt. Um dem Selbstschädigungselement gerecht zu werden, müsste §§ 253, 255 dann demzufolge einen
Vermögensverlustdurch eine freiwillige Willensbetätigung des Opfers voraussetzen. Doch auch diese Erklärung finde ich nur bedingt befriedigend. Schließlich wird beim § 263 idR auch keine Freiwilligkeit geprüft. Vielleicht kann jemand meinen gedanklichen Knoten auflösen :)