Annahmeverzugslohn (§ 615 S. 1 BGB)

4. Juli 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Die Hakuna Matata-GmbH (H) zahlt nur schleppend die Löhne ihrer Arbeitnehmer. Mitarbeiter M hat das immer wieder beanstandet. Als erneut ein Lohnrückstand i.H.v. zwei Monatsgehältern aufgelaufen ist, verkündet er, dass er erst wieder arbeiten werde, wenn er sein Geld erhalte.

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Einordnung des Falls

Annahmeverzugslohn (§ 615 S. 1 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Muss M die infolge seiner Arbeitsverweigerung ausgefallene Arbeitsleistung nachholen?

Nein!

Nach h.M. ist die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung eine absolute Fixschuld: Die Leistung ist zu einem festen Zeitpunkt zu erbringen. Geschieht dies nicht, wird sie unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB). Die Leistungspflicht entfällt damit.Da es sich bei Ms Arbeistleistung um eine absolute Fixschuld handelt, ist die Erbringung der Leistung mit Ablauf des entsprechenden Zeitabschnitts unmöglich geworden und die Leistungspflicht damit entfallen. Die Parteien können aber auch vereinbaren, dass eine Arbeitsleistung nachholbar ist - und damit auch der Lohnanspruch erhalten bleibt.
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2. Wird die Arbeitsleistung nicht erbracht, so entfällt damit im Grundsatz auch der Anspruch auf den Lohn (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Auch im Arbeitsrecht gelten die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts. Aus § 326 Abs. 1 S. 1 BGB folgt zunächst, dass der Anspruch auf die Gegenleistungspflicht entfällt, wenn die Leistungspflicht aufgrund von Unmöglichkeit ausgeschlossen ist (Ohne Arbeit kein Lohn). Der Anspruch bleibt aber ausnahmsweise bestehen, wenn der Arbeitsausfall der Sphäre des Arbeitgebers zuzuordnen ist (§§ 615 BGB, 326 Abs. 2 S. 1 BGB) oder besondere persönliche Hinderungsgründe bestehen (§ 616 BGB).

3. M behält seinen Lohnanspruch, wenn H sich im Annahmeverzug befand (§ 615 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Aus § 326 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn. Befindet sich der Arbeitgeber aber im Annahmeverzug, so behält der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch, ohne die ausgefallene Arbeit nachleisten zu müssen (§ 615 S. 1 BGB). Die Vorschrift begründet keinen eigenen Anspruch, sondern erhält den Vergütungsanspruch aus § 611a Abs. 2 BGB aufrecht.

4. Befand sich H im Annahmeverzug (§§ 293ff. BGB)?

Ja!

Der Annahmeverzug richtet sich nach den §§ 293ff. BGB. Einen Sonderfall des Annahmeverzuges regelt dabei § 298 BGB. Nach § 298 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er (1) bei einer Zug-um-Zug Leistung (2) zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, (3) die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet.Die Arbeitsleistung und die Vergütung stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis (§ 320 BGB). H befindet sich mit der Zahlung der Gegenleistung (Lohn) im Rückstand. Es liegt auch kein Ausschlussgrund vor, insbesondere handelt es sich um einen nicht nur unerheblichen Lohnrückstand (vgl. §§ 320 Abs. 2, 242 BGB). Somit liegt Annahmeverzug vor.Arbeitnehmer sind grundsätzlich vorleistungspflichtig, weshalb ihr Lohn erst am Ende des Monats fällig wird (vgl. § 614 S. 2 BGB). Zahlt der Arbeitgeber dann nicht, so kommt er hierdurch in Annahmeverzug nach § 298 BGB.

5. Für die Zeit, in der M die Arbeit niederlegt, hat er keinen Anspruch auf Lohn.

Nein, das ist nicht der Fall!

Befindet sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug, so behält der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch, ohne die ausgefallene Arbeit nachleisten zu müssen (§ 615 S. 1 BGB).H befindet sich im Annahmeverzug. Somit ist Ms Anspruch auf Lohnzahlung trotz seiner Arbeitsverweigerung nicht nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erloschen. Vielmehr hat er auch für die Zeit der Arbeitsniederlegung Anspruch auf Lohn nach §§ 611a Abs. 2 BGB i.V.m. § 615 S. 1 BGB.
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