Strafrecht
BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.
Nötigung, § 240 StGB
Fixieren im Rahmen einer Körperverletzung
Fixieren im Rahmen einer Körperverletzung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will dem O, der ihm seine Freundin ausgespannt hat, ein blaues Auge verpassen. Um besser zielen zu können, fixiert er den ihm körperlich unterlegenen O am Boden. Kurze Zeit später jedoch eilt der Nachbar mit Pfefferspray herbei und veranlasst T zum Fliehen.
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Einordnung des Falls
Fixieren im Rahmen einer Körperverletzung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn T "einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt", verwirklicht er den objektiven Tatbestand der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Indem T den O fixiert, hat er "Gewalt" ausgeübt (§ 240 Abs. 1 Var. StGB).
Ja!
3. Ein Nötigungserfolg (§ 240 Abs. 1 StGB) in Form einer Duldung ist eingetreten.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jose
11.8.2021, 19:33:43
Habe ich richtig verstanden, dass auch
vis absolutazu einem
NötigungserfolgiSd Norm führen kann? Hatte gedacht, dass bspw. eine Person, die nicht weiterfahren kann, weil ein anderes Auto ihr in den Weg gestellt wird, nicht genötigt wird, weil eine Nötigung auf die Willensfreiheit einwirkt und eine Person, die
vis absolutaunterliegt, ja keine freie Entscheidung mehr treffen kann?
Marilena
12.8.2021, 10:13:14
Hi Jose, danke für die Frage! Ja, Gewaltanwendung in Form von
vis absolutawird von § 240 StGB nach der Rspr. und h.M. erfasst, wenn durch sie verhindert wird, dass das Opfer einen (dem Täterwillen entgegenstehenden)
Handlungswillen überhaupt fasst oder dass es einen solchen Willen faktisch, d.h. durch Entfaltung willensgetragener körperlicher Kraft, betätigen kann. Fischer (66.A. 2019, RdNr. 9, 18) bringt dazu das Beispiel: Auch der Gelähmte, der gegen seinen Willen von einem Ort an den anderen verbracht wird, wird mit Gewalt genötigt, selbst wenn er keinen körperlichen Widerstand leisten kann und selbst nicht gehen könnte. Und: Wer einen anderen vom Beckenrand ins Wasser stößt, nötigt ihn zum Sprung ins Wasser. Wichtig ist: Die Nötigung ist ein zweiaktiges Delikt, sie erschöpft sich nicht in irgendeinem Verhalten, dass das Opfer dazu zwingt, das Zwangsmittel zu erleiden. In ganz anderem Kontext (§§ 253, 255 StGB), aber ich musste durch Dein Beispiel daran denken: Die Lit. vertritt hierzu, das abgenötigte Verhalten müsse sich als Vermögensverfügung darstellen, dh um ein – trotz des angewandten Zwangs – noch willentliches Verhalten. Das hat dann zur Konsequenz, dass eine Erpressung nach der Lit. ausscheiden würde, wenn
vis absolutavorliegt. Nach der Rspr. ist das abgenötigte Verhalten jedes Handeln, Dulden, Unterlassen auch ohne Verfügungscharakter (gemeint ist: ohne ein willentliches Element). Da es auf ein willentliches Handeln nicht ankommt, ist auch
vis absolutamöglich, d.h. die gewaltsame Gebrauchsentwendung (ohne
Zueignungsabsicht) ist räuberische Erpressung. Ich hoffe ich konnte Dir mit der Antwort helfen. Liebe Grüße für das Jurafuchs-Team, Marilena
Jose
12.8.2021, 10:28:47
Alles klar, danke für die Erläuterungen! :)