Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Betrug (§ 263 StGB)

Täuschung bei Forderung „überhöhter“ Preise

Täuschung bei Forderung „überhöhter“ Preise

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verkäufer V verkauft dem Käufer K eine voll funktionsfähige Atemmaske zum Preis von €5. Normalerweise kosten die Atemmasken bei V nur €1.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Täuschung bei Forderung „überhöhter“ Preise

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem V von K einen höheren Preis verlangt hat, hat er K konkludent "getäuscht" (§ 263 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Eine konkludente Täuschung liegt in einem irreführenden Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist, der ein gewisser Erklärungswert beizumessen ist. Das deutsche Zivilrecht wird von der Privatautonomie geprägt. Wird ein Preis verlangt, wird dabei grundsätzlich weder miterklärt, er sei angemessen, noch marktüblich. Er bestimmt sich nach Angebot und Nachfrage. Jeder Marktteilnehmer kann seine eigenen Informationen zu seinem Vorteil nutzen. K hat jederzeit die Möglichkeit das Angebot des V zu prüfen und zu vergleichen. Er kann nachverhandeln oder die Vertragsverhandlung beenden. In der Forderung eines überhöhten Preises liegt keine Täuschung. Dies ist nur dann anders zu bewerten, wenn – was hier nicht der Fall ist – (1) der überhöhte Preis mit falschen Behauptungen begründet wird oder (2) der Preis listen-, tax- oder handelsüblich festgelegt ist.
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2. V hat K durch ein Unterlassen "getäuscht" (§§ 263 Abs. 1, 13 StGB).

Nein!

Um mittels eines Unterlassens zu täuschen, hätte V eine strafbewehrte Aufklärungspflicht, die ihn aus einer Garantenstellung (§ 13 StGB) trifft, verletzen müssen. Eine Garantenstellung kann sich aus Ingerenz, Gesetz, besonderem Vertrauensverhältnis oder Treu und Glauben ergeben. Die Garantenstellung des V könnte sich aus einem besonderen vorvertraglichen Vertrauensverhältnis oder aus Treu und Glauben ergeben. Jedoch muss der Verkäufer den Käufer grundsätzlich nicht auf ein für ihn ungünstiges Geschäft hinweisen. Vielmehr kann der Verkäufer davon ausgehen, dass der Käufer sich selbst über die Angemessenheit des Preises informiert. Eine Pflicht zur Offenlegung des Wertes des Kaufobjektes besteht bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und des Wuchers nicht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

30.4.2021, 08:58:45

Klingt, als wäre V seiner Zeit ein paar Jahre voraus gewesen 😂

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

30.4.2021, 11:44:34

:D wir haben uns die Freiheit erlaubt, den Verkaufsgegenstand etwas den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. An der rechtlichen Lösung ändert sich hierdurch ja nichts. Sonst wäre V in der Tat ein echter Trendsetter gewesen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

PET

Petrus

28.2.2023, 09:08:07

Nach einer Ansicht enthält die Täuschung ein subjektives Element. Wie wäre ein Fall zu beurteilen, in dem man sich erst nachträglich entschließt zu täuschen? (Bspw: ein 16-Jähriger „leiht“ sich 15 € von einem Freund und erst spontan fällt ihm später ein, dass er es behalten will) Bei einer vertraglichen Bindung wäre es ein

Erfüllungsbetrug

oder? Wie sähe es in Fällen ohne vertragliche Bindung aus?

TI

Timurso

28.2.2023, 09:54:13

In einem solchen Fall ist das gar kein Betrug. Es wird schlicht nicht getäuscht. Die bloße Nichterfüllung eines Anspruchs (hier: Rückzahlung) ist eine vetragliche Pflichtverletzung, begründet aber noch keine Strafbarkeit. Allenfalls würde eine Unterschlagung in Betracht kommen, wenn über eine geliehene Sache verfügt wird. Bei Geld handelt es sich jedoch um ein Darlehen, folglich ist der Täter hier Eigentümer und auch die Unterschlagung ist nicht einschlägig.

Cosmonaut

Cosmonaut

11.2.2024, 18:10:01

Zudem beachte man die Anforderungen des § 248a (welche über § 263 Abs. 4 auch für einen Betrug gelten), wonach nur eine Bagatelle vorliegt, die (absolut) antragspflichtig ist. @[Timurso](197555) Hättest Du eine Quelle bzgl. deiner Aussage über Geld als Darlehen? M.E. ist die Diskussion um Sachwert- und

Substanztheorie

bzgl. Geld(scheinen) noch nicht ausdiskutiert. Der Kommentar bezweifelt zumindest nicht die Sachqualität von (Bar)Geld(scheinen): „Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie Geldscheinen, Schmuckstücken usw, genügt im Allgemeinen schon ein Ergreifen und Festhalten“. (Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 242 Rn. 16) Demnach wäre eine Unterschlagung m.E. wohl einschlägig - Anknüpfungshandlung wäre das Nicht-Zurückgeben, als er sich dazu entschied die geliehenen Geldscheine seinem Vermögen endgültig einzuverleiben; ebenso wohl eine

Geldwäsche

gem. § 261 I Nr. 3 (rw. Vortat war dann die Unterschlagung.

MAX06

max06

27.4.2024, 22:03:37

Aber @[Cosmonaut](188718) das "

Leihe

n" von Geld erfolgt ja nicht um des Habens Willen, sondern um genau dieses Geld auszugeben. Später treibt man einen anderen Geldschein auf, mit dem man aber den Rückgabeanspruch aus dem Leihvertrag nicht erfüllen könnte (weil anderer Geldschein), stattdessen macht man sich Schadensersatzpflichtig. Wenn aber schon von Anfang an klar ist, dass der "

Leihe

r" damit bezahlen soll, geht doch

konkludent

gleich das Eigentum über, dass er auch damit bezahlen kann (und nicht auf gutgläubigen Erwerb angewiesen ist) und es ist zu späteren Zeitpunkt eine Sache von gleicher Art und Güte zurückzugeben (=Darlehensvertrag).

TI

Timurso

27.4.2024, 22:23:28

@[max06](206096) Danke für die Ausführungen. Das wollte ich auch noch schreiben. Habe leider keine gute Quelle dafür gefunden, aber was du schreibst ist genau richtig. Beim Geld "

Leihe

n" geht es darum, es ausgeben zu können und nur den Wert, nicht aber die gleiche Sache, später zurückzuzahlen, mithin ein Darlehen.


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